Verkauf von Gutscheinen für Freizeiterlebnisse

Verkauft ein Steuerpflichtiger über sein Internetportal Gutscheine für bestimmte Freizeiterlebnisse, erbringt er die versprochene Leistung entweder selbst oder ist hinsichtlich dieser Leistung als Vermittler tätig. Seine Leistung besteht nicht im Betrieb eines Internetportals.

Hintergrund: Verkauf von Gutscheinen im Internet

Streitig war, ob Einnahmen aus dem Verkauf von Gutscheinen in 2013/2014 als Entgelt für eine steuerbare Leistung der USt unterliegen.

X betrieb ein Internetportal. Auf diesem präsentierte er verschiedene Freizeiterlebnisse, die gebucht und in Anspruch genommen werden konnten. Dies setzte den Erwerb eines Gutscheins voraus. Die Gutscheine wurden von X im eigenen Namen und für eigene Rechnung über sein Internetportal verkauft.

Zum einen konnten Gutscheine für ein konkret ausgewähltes Erlebnis (Erlebnisgutscheine) erworben werden; in diesem Fall reichte bereits der für den Gutschein gezahlte Preis zur Inanspruchnahme des ausgewählten Erlebnisses. Zum anderen konnten Gutscheine über einen zu bestimmenden Geldbetrag mit der Möglichkeit, das konkrete Erlebnis später auszuwählen (Wertgutscheine), erworben werden.

X behandelte nur die den Veranstaltern in Rechnung gestellten Provisionen sowie den von den Gutscheinerwerbern gesondert vergüteten Versand der Gutscheine als Entgelte für einen steuerbaren Umsatz. Das FA war dagegen der Auffassung, X habe bereits mit dem Verkauf der Gutscheine steuerbare Leistungen erbracht.

Das FG wies die Klage gegen die entsprechend geänderten USt-Bescheide ab. Das FG ging davon aus, X erbringe mit dem Betrieb seines Internetportals an die Gutscheinerwerber insgesamt eine steuerbare Leistung gegen Entgelt. Seine Leistung umfasse nicht nur die Ausstellung der Gutscheine, sondern auch die Informationen zu den angebotenen Erlebnissen und auch die Organisation und Durchführung der Erlebnisse. Bereits mit dem Erwerb des Gutscheins erlange der Kunde das Recht, diese Leistungen einzufordern. Der Betrieb des Internetportals diene nicht allein der Vermittlung der Leistungen der Veranstalter. Vielmehr seien die von den Veranstaltern ausgeführten Erlebnisse dem X zuzurechnen. Er trete für die Erlebnisleistungen gegenüber den Inhabern der Gutscheine als leistender Unternehmer auf.

Entscheidung: Eigengeschäft oder Vermittlungsleistung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG hat nicht ausreichend geprüft, ob X die durch den Gutschein versprochene Leistung selbst erbracht hat oder ob er hinsichtlich dieser Leistung als Vermittler tätig geworden ist.

Der Betrieb des Internetportals ist keine steuerbare Leistung

Die Würdigung des FG, X erbringe mit dem Betrieb seines Internetportals insgesamt eine steuerbare Leistung an die Erwerber der Gutscheine, berücksichtigt nicht die Interessenlage der Beteiligten. Vielmehr ist nach der geschäftlichen Realität das Interesse der Gutscheinerwerber in dem Vertragsverhältnis zu X darauf gerichtet, bei einem Erlebnisgutschein ein bestimmbares Erlebnis in Anspruch zu nehmen und bei einem Wertgutschein den Wert auf den Preis eines künftigen Erlebnisses anzurechnen. Das Internetportal des X ist lediglich das Mittel, um einen Gutschein zu erhalten, der bei einem Veranstalter eingelöst werden kann. Das Portal bildet nur eine technische Plattform, um eine Zahlung an den Veranstalter zu ermöglichen. Es dient der Information über die möglichen Erlebnisse und nach dem Erwerb eines Gutscheins der Abwicklung des Zahlungsverkehrs zwischen X und Veranstalter. Der Betrieb des Internetportals allein verschafft den Kunden des X keinen verbrauchsfähigen Vorteil.

Abgrenzung zwischen Eigengeschäft und Vermittlungsleistung

Eine Vermittlungsleistung liegt vor, wenn eine Mittelsperson das Erforderliche tut, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen. Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Unerheblich für die Beurteilung als Vermittlungstätigkeit ist, dass der Kunde des Vermittlers, wenn er sich für einen der nachgewiesenen Vertragspartner entscheidet, den Vertragsabschluss selbst bewirken muss (BFH v. 8.9.2011, V R 42/10, BStBl II 2012 S. 248, Rz. 19). Für die Abgrenzung zwischen Eigengeschäft und Vermittlungsleistung ist entscheidend, wie der Unternehmer nach außen (hier: gegenüber den Gutscheinerwerbern) auftritt. Dabei setzt ein Handeln in fremdem Namen nicht voraus, dass der Name des Vertretenen bei Vertragsschluss genannt wird (BFH v. 10.8.2016, V R 4/16, BStBl II 2017 S. 135, Rz. 12; vgl. auch die sog. "Ladenrechtsprechung", z.B. BFH v. 15.5.2012, XI R 16/10, BStBl II 2013 S. 49, Rz. 25).

Fehlende Feststellungen des FG

Hiervon ausgehend hat das FG keine für die Entscheidung ausreichenden Feststellungen getroffen. Die vom FG zur Zurechnung herangezogenen Leistungen des X beschränken sich darauf, demjenigen, der die Gutscheine einlösen möchte, die Kontaktdaten des jeweiligen Veranstalters bekanntzugeben. Derartige "Organisationsleistungen" sprechen eher für eine Vermittlung als für Eigenleistungen des X. Ob X bei der Erbringung der Erlebnisse im eigenen Namen auftrat, lässt sich den Feststellungen des FG nicht entnehmen. Dafür reicht ein bloßes Angebot nicht aus. Im Übrigen ist auch der Zahlungsfluss hierfür nicht entscheidend.

Zurückverwesung an das FG

Das FG wird im zweiten Rechtsgang festzustellen haben, ob X gegenüber den Erwerbern von Erlebnisgutscheinen hinsichtlich der Erbringung der Erlebnisse in eigenem oder in fremdem Namen aufgetreten ist. Sollte er in eigenem Namen aufgetreten sein, könnte die Zahlung der Gutscheinerwerber als Anzahlung für die Erlebnisleistung des X zu versteuern sein. Die Einlösung eines derartigen Erlebnisgutscheins könnte dazu führen, dass der tatsächlich ausführende Veranstalter seine Erlebnisleistung dann an X erbringt.

Hinweis: Neuregelung in § 3 Abs. 13 bis 15 

Der Gesetzgeber hat die sog. Gutschein-Richtlinie der EU zur einheitlichen steuerlichen Behandlung von in der EU gehandelten Gutscheinen (RL 2016/1065 v. 27.6.2016) durch Einfügung der Abs. 13 bis 15 in § 3 UStG umgesetzt (Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, UStAVermG, BGBl I 2018, 2338). Die Neuregelung gilt ab 2019. Für davor ausgestellte Gutscheine gilt die bisherige Verwaltungsauffassung weiter. 

BFH Urteil vom 30.06.2022 - IV R 42/19 (veröffentlicht am 27.10.2022)

Alle am 31.10.2022 veröffentlichten BFH-Entscheidungen


Schlagworte zum Thema:  Umsatzsteuer, Gutschein