Entscheidungsstichwort (Thema)
Liquidationsbesteuerung und Insolvenzplanverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1) Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Regelungen zur Liquiditätsbesteuerung nach § 11 KStG sind die Auflösung der Körperschaft sowie ihre anschließende tatsächliche Liquidation.
2) Allein die Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens begründet keine Liquidation der Körperschaft.
Normenkette
KStG § 11 Abs. 1; InsO § 217; KStG § 11 Abs. 7
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für die Streitjahre die Liquidationsbesteuerung nach § 11 KStG bzw. § 16 GewStDV oder die normale jährliche Veranlagung durchzuführen ist.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft die Entwicklung, Herstellung und den Vertrieb von …technologie sowie den Vertrieb von sämtlichen Dienstleistungen und Zusatzprodukten zur …technologie. Geschäftsjahr der Klägerin ist das Kalenderjahr.
Auf Antrag der Klägerin wurde durch Beschluss des Amtsgerichts D vom ….9.2009 über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Verfahren wurde im sog. Insolvenzplanverfahren durchgeführt. Das Insolvenzverfahren wurde gemäß Beschluss des Amtsgerichts D vom … Mai 2011 aufgehoben, nachdem die Bestätigung des Insolvenzplans vom 22. Februar 2011 rechtskräftig geworden war. Auf der Hauptversammlung der Klägerin am 8. Juni 2011 wurde die Fortsetzung der Gesellschaft beschlossen. Der Beschluss wurde ins Handelsregister eingetragen.
Im Insolvenzplanverfahren beauftragten die Gläubiger den Insolvenzverwalter, einen Insolvenzplan zu Abwicklung des Vermögens zu erstellen, sollte die geplante übertragende Sanierung scheitern. Der Insolvenzverwalter erstellte jedoch aufgrund eines angenommenen eigenen Planinitiativrechts einen Insolvenzplan mit dem Ziel der Fortführung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Insolvenzplan (Bl. 44 ff. GA) Bezug genommen.
Am 27. April 2012 reichte die Klägerin die Steuererklärungen 2011 für den Insolvenzzeitraum 1. September 2009 bis 31. Mai 2011 ein. Den Steuererklärungen wurden die Jahresabschlüsse zum 31.8.2009, 31.12.2009, 31.12.2010 und 31.5.2011 beigefügt. Die Klägerin beantragte die Anwendung der Liquidationsbesteuerung gemäß § 11 KStG. Dabei machte sie von dem Wahlrecht gemäß R 51 Abs. 1 KStR Gebrauch, wonach in 2009 ein steuerliches Rumpfwirtschaftsjahr nicht gebildet werden muss und der Veranlagungszeitraum bereits mit Beginn des Wirtschaftsjahrs begonnen werden kann, in das die Insolvenzeröffnung fällt. Der Veranlagungszeitraum umfasste somit den Zeitraum 1. Januar 2009 bis 31. Mai 2011.
In den Gewinn- und Verlustrechnungen für die Streitjahre erklärte die Klägerin jeweils „Umsatzerlöse” in Millionenhöhe und keine außergewöhnlichen Erträge. Wegen der Einzelheiten wird auf die eingereichten Steuererklärungen nebst Jahresabschlüssen Bezug genommen.
Nach den Berechnungen der Klägerin belief sich das körperschaftsteuerliche Einkommen im Liquidationszeitraum auf insgesamt 18.595.891,00 EUR, das sich wie folgt auf die einzelnen Wirtschaftsjahre verteilte:
1.1.2009-31.8.2009 |
-24.249.536 € |
1.9.2009-31.12.2009 |
-1.367.245 € |
1.1.2010-31.12.2010 |
-235.630 € |
1.1.2011-31.5.2011 |
44.448.302 € |
In dem letztgenannten Betrag ist ein sich aus dem Forderungsverzicht der Gläubiger im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens ergebender Sanierungsgewinn in Höhe von 35.516.590 EUR enthalten, auf den die sich aus dem BMF-Schreiben vom 27. März 2003 ergebenden Billigkeitsregelungen anwendbar sind. Infolge dessen ergibt sich nach Auffassung der Klägerin für den Liquidationszeitraum nach Anwendung der Billigkeitsregel eine KSt-Belastung von 0 EUR.
Der Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, dass die Regelungen zur Liquidationsbesteuerung im vorliegenden Fall keine Anwendung finden, da das Unternehmen tatsächlich durchgehend fortgeführt worden sei. Entsprechend führte er nach den allgemeinen Regeln für die Besteuerungszeiträume 2009, 2010 und 2011 eine jährliche Veranlagung durch und erließ mit Datum vom 2. April 2013 entsprechende, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Steuerbescheide. In den Körperschaftsteuerbescheiden der Jahre 2009 und 2010 wurde die Körperschaftsteuer auf 0 Euro festgesetzt. In den Bescheiden über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2009 wurde ein verbleibender Verlust i.H.v. 25.616.781 € und auf den 31.12.2010 in Höhe von 25.852.411 € festgestellt. Die für 2009 und 2010 festgesetzten Gewerbesteuermessbeträge betrugen jeweils 0 Euro. Die vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31.12.2009 bzw. 2010 wurden auf 24.919.666 € bzw. 24.793.921 € festgestellt.
Für das Jahr 2011 ermittelte der Beklagte nach Hinzurechnung des sich für den Zeitraum vom 1.6. bis 31.12.2011 ergebenden Jahresüberschusses von 1.713.217 € unter Hinzurechnung der nichtabziehbaren Aufwendungen i.S. des § 10 KStG in Höhe von 1.049.040 € und Abzug des auf den 31.12.2010 festgestellten Verlustvortrags ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 21.358.148 €. Die Körperschaft...