Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlungsverjährung bei Änderung der Steuerfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
Durch Änderung einer Steuerfestsetzung zugunsten des Steuerpflichtigen wird kein betragsmäßig unbeschränkter Neubeginn der Zahlungsverjährung ausgelöst.
Normenkette
AO §§ 228, 231, 218 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Steuerfestsetzungen und-nachforderungen betreffend Einkommensteuer 1983 bis 1985 sowie einen auf § 218 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) gestützten Abrechnungsbescheid für die Einkommensteuer 1983 und 1985.
Der 1958 geborene Kläger ist Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für Steuerrecht. Er war in den sehr weit zurückliegenden Streitjahren neben anderen Familienmitgliedern an der mittlerweile liquidierten „A” (nachfolgend „KG”) als Kommanditist beteiligt. Die Einkünfte wurden gesondert und einheitlich festgestellt. Der Kläger wurde in den Streitjahren 1983 bis 1985 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt.
1. Ausgangsachverhalt im Feststellungsverfahren und AdV im Feststellungsverfahren:
Nach Aktenlage kam es nach Abgabe der Einkommensteuererklärungen 1983 bis 1985 aufgrund von Rechtsbehelfsverfahren bei der KG (d.h. im Feststellungsverfahren zu den hier streitigen Jahren) zu diversen Aussetzungs- sowie Stundungsanträgen bei der Einkommensteuer (als Folgebescheiden zu den Feststellungsbescheiden) des Klägers. Die Einkommensteuerakte des Streitjahres 1983 enthält ab Ende der 1980er-Jahre, insbesondere im Zeitraum zwischen 1990 und 1995, diverse Einspruchsschreiben, die Beantragung von Aussetzung der Vollziehung (AdV), Beantragung von Stundungen oder Vollstreckungsaufschub sowie weiteren Schriftverkehr (bspw. eine Dienstaufsichtsbeschwerde wegen Mahnungen). Die auf Ebene der KG festgestellten Besteuerungsgrundlagen blieben nach einer Betriebsprüfung (Bp) streitig, Ab dem 7. März 1996 kam es deshalb ausweislich des Prozessregisters und der Steuerakten – zwischen den Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht unstreitig – zu einem Klageverfahren beim 12. Senat des Finanzgerichts (FG) Köln wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung von Einkünften der KG (diese nunmehr wegen Insolvenz neben anderen Klägern erhoben/fortgeführt durch den Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes) für die Jahre 1983 bis 1985 unter dem Aktenzeichen 12 K …/96. Der Kläger war nach Aktenlage an diesem Verfahren als Kläger (neben dem Insolvenzverwalter sowie anderen ehemaligen Kommanditisten) beteiligt. Wegen des vorprozessualen Klageablaufs wird auf die Schilderung im Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 1. Dezember 2016 (Blatt – Bl. – 24 f. der beigezogenen AdV-Akte 15 V 3177/16) verwiesen.
In einem dem Klageverfahren vorangegangenen Einspruchsverfahren der KG teilte das Finanzamt (FA) E mit Schreiben vom 14. Juni 1995 (siehe Rechtsbehelfsakte „Abrechnungsbescheid”, Rechtsbehelfsstelle 5 – Herr B) der Kanzlei C GmbH für das „Rechtsbehelfsverfahren D GmbH i.K., ehemalige A” für die nachfolgend genannten Mandanten, auch den Kläger, mit, dass nach bestandskräftiger Hinzuziehung die Vollziehung der Feststellungsbescheide 1983 und 1985 vom 2. März 1993 (in der Fassung der Berichtigungsbescheide vom 4. Juni 1993) ausgesetzt wird, „soweit sie die jeweils anteiligen Feststellungen der Einkünfte in den vorangegangenen Bescheiden vom 4.12.1989 (für 1983), 12.05.1987 (für 1984) und vom 18.02.1987 (für 1985) übersteigen, nunmehr auch für die Kommanditisten bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Rechtsbehelf […].”
2. Weiterer Ablauf bzgl. Einkommensteuer 1983:
Ferner kam es – nach diversen vorherigen Aussetzungsverfügungen – zu einer Aussetzungsverfügung des FA E (seinerzeit auch für die Einkommensteuer des Klägers zuständiges Wohnsitzfinanzamt) vom 29. Juni 1995 (siehe Bl. 87 der elektronischen Fassung der Gerichtsakte – eGA – 15 K 3317/17), welche an „F”, seinerzeit wohnhaft in G, gerichtet war und eine Einkommensteuer 1983 vom 14. September 1993 i.H.v. 1.266.345 DM sowie eine Kirchensteuer 1983 i.H.v. 113.971 DM gem. § 361 AO von der Vollziehung aussetzte (AdV). Die AdV galt laut Verfügung „ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Rechtsbehelf [bezogen auf das Einspruchsverfahren der KG, Anm. des Gerichts]. Gleiches gilt bei anderweitiger Beendigung des Verfahrens.” Die Aussetzungsverfügung ist ausweislich eines „zPA-Vermerks” am 29. Juni 1995 versandt worden.
Die Klägerseite bestreitet den Zugang dieser Aussetzungsverfügung und erhebt hilfsweise weitere Einwendungen hiergegen (siehe näher unten). In der Erhebungsakte befindet sich der Einkommensteuerbescheid 1983 des Klägers vom 14. September 1993, der auf Basis des Feststellungsbescheids vom 4. Juni 1983 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert worden ist (siehe Erläuterungen im Bescheid). In jenem Bescheid werden ein Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. 2.365.697 DM und ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn von 51.440 DM angesetzt. Di...