rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Vorsteuervergütung an eine unselbständige schweizerische Zweigniederlassung einer niederländischen Kapitalgesellschaft gem. § 18 Abs. 9 UStG
Leitsatz (redaktionell)
1) Die unselbständige schweizerische Zweigniederlassung einer niederländischen B.V. ist im Finanzgerichtsverfahren wegen Umsatzsteuervergütung beteiligtenfähig. Die Beteiligtenfähigkeit besteht auch nach deren Auflösung und Löschung so lange fort, bis alle Rechtsbeziehungen zu einer Finanzbehörde abgewickelt sind.
2) Die Prozessfähigkeit einer unselbständigen schweizerischer Niederlassung besteht auch über ihre Auflösung hinaus fort, solange die Vollmacht des Prozessbevollmächtigten fortbesteht.
3) Eine unselbständige schweizerische Zweigniederlassung ist kein selbständig tätiger Unternehmer im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie 77/288/EWG, auf den Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 der einschlägigen 13. EG-Richtlinie 86/560/EWG verweist. Ein "Unternehmer" im Sinne des Vorsteuervergütungsverfahrens nach § 18 Abs. 9 UStG liegt daher nicht vor.
Normenkette
UStDV § 59 Abs. 1; FGO §§ 57-58; RL 77/288/EWG Art. 4 Abs. 1; RL 86/560/EWG Art. 1 Abs. 1 Nr. 1; UStG § 18 Abs. 9
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die schweizerische Zweigniederlassung einer niederländischen Kapitalgesellschaft eigenständig die Vergütung von Vorsteuern in dem besonderen Verfahren nach § 18 Abs. 9 Umsatzsteuergesetz – UStG – i.V.m. §§ 59 ff. Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung – UStDV – geltend machen kann.
Die Klägerin ist eine schweizerische Zweigniederlassung der X-IT Services B.V. Q/Niederlande.
Am 14. Mai 2002 ging beim Bundesamt für Finanzen – BfF – (seit dem 01.01.2006 Bundeszentralamt für Steuern – BZSt –) ein Vorsteuer-Vergütungsantrag für den Zeitraum 01-12/2001 über 107.191,79 EUR ein. Als im Ausland ansässiger Unternehmer war in diesem Vergütungsantrag die „X-IT Services B.V., Q (NL), Rr” mit schweizerischer Anschrift bezeichnet. Der Vergütungsantrag trug den Firmenstempel der Klägerin und die Unterschriften eines von zwei Geschäftsführern sowie eines Prokuristen der Klägerin. Dem Antrag war eine Bescheinigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (Hauptabteilung Mehrwertsteuer) vom 10. April 2002 beigefügt, nach der die X-IT Services B.V., Q (NL), Zweigniederlassung Rr als Unternehmer unter der Mehrwertsteuer-Nummer 000000 eingetragen war.
Mit Schreiben vom 29. August 2002 wies das BfF die Klägerin darauf hin, dass eine unselbständige ausländische Zweigniederlassung nicht Unternehmer i.S.d. § 2 UStG sei. Eine Zweigniederlassung sei daher nicht berechtigt, am Vergütungsverfahren teilzunehmen.
Im Schreiben vom 19. September 2002 an das BfF vertrat die Klägerin demgegenüber die Ansicht, dass es sich bei ihr ausweislich eines beigefügten Handelsregisterauszugs des Kantons A um eine eigenständige und selbständige Zweigniederlassung handele. Der Vorsteuervergütungsantrag sei somit zutreffenderweise beim Schweizer Bereich eingereicht worden.
Das BfF lehnte den Vergütungsantrag der Klägerin mit Bescheid vom 5. November 2002 ab. Es vertrat weiterhin die Rechtsansicht, dass eine Zweigniederlassung kein eigenständiges Unternehmen sei.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Sie trug vor, dass sie als Zweigniederlassung im Kalenderjahr 2001 Lieferungen und sonstige Leistungen in Deutschland mit deutscher Umsatzsteuer bezogen habe. Hierfür habe sie als in der Schweiz ansässiger Unternehmer einen eigenständigen Antrag auf Umsatzsteuervergütung gestellt. Aus pragmatischen Gründen folge sie jedoch den Überlegungen des BfF und bitte darum, den gestellten Vergütungsantrag als Antrag der X-IT Services B.V., Q/Niederlande zu führen.
Durch Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2003 wies das BfF den Einspruch als unbegründet zurück. Das BfF vertrat dabei weiterhin die Auffassung, dass eine unselbständige ausländische Zweigniederlassung nicht am Vorsteuervergütungsverfahren teilnehmen könne. Der von der niederländischen Hauptniederlassung mit Schreiben vom 19. März 2003 nachgereichte eigene Vergütungsantrag führe zu einem eigenständigen Antragsverfahren und sei nicht Bestandteil des Einspruchsverfahrens der Klägerin.
Mit der erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie vertritt die Ansicht, dass sie als Zweigniederlassung mit Sitz in der Schweiz ein selbständiger Unternehmer und demnach berechtigt sei, einen Antrag auf Vorsteuervergütung zu stellen.
Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 18 Abs. 9 UStG sei jeder Steuerpflichtiger, der wie sie Dienstleistungen selbständig erbringe, Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Als Zweigniederlassung führe sie im eigenen Namen ihre Geschäfte und nehme am Rechtsverkehr teil. Eine Regelung, dass nur die Hauptniederlassung einer juristischen Person Steuerpflichtiger im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein könne, gebe es weder im deutschen Umsatzsteuergesetz, noch wäre eine derartige Regelung mangels Richtlinienkonformität zulässig.
Gegen die Rechtsansicht des Beklagten sprech...