Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachzahlung der Kassenärztlichen Vereinigungen über zwei Kalenderjahre nicht tarifbegünstigt
Leitsatz (redaktionell)
Nachzahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung über zwei Kalenderjahre sind nicht tarifbegünstigt i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.
Normenkette
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 4
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob Nachzahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung über zwei Veranlagungszeiträume als außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzuerkennen sind.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die eine psychotherapeutische Praxis betreibt. Alleinige Gesellschafter der Klägerin sind zu gleichen Teilen die Eheleute A und A1. Die Gesellschafter besitzen jeweils eine eigene Kassenzulassung zur Abrechnung ihrer Einnahmen. Diese werden durch Leistungen der beiden Gesellschafter in einer gemeinsamen psychotherapeutischen Praxis erzielt und im Rahmen der Feststellungserklärung der GbR veranlagt. Ihre Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit ermittelt die Klägerin durch Einnahme-Überschuss-Rechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG.
Aufgrund eines Beschlusses des Bewertungsausschusses der Kassenärztlichen Vereinigung B vom ….2004 wurden der Klägerin nach vorangegangener Klage eines Psychotherapeuten zusätzliche Honorare für die Jahre 2000 bis 2004 zugesprochen. Die Auszahlungen dieser Vergütungen erfolgten in den Streitjahren 2005 und 2006 in insgesamt vier Teilbeträgen in jeweils etwa gleicher Höhe. Dabei entfiel auf das Jahr 2005 ein Betrag in Höhe von 60.600 EUR und auf 2006 ein Betrag in Höhe von 61.931 EUR.
In ihren Feststellungserklärungen gab die Klägerin neben laufenden Gewinnen in Höhe von 119.115 EUR in 2005 und 111.282 EUR in 2006 die genannten Zahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung als tarifbegünstigte Einkünfte aus Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG an.
Am 18.06.2007 gab der Beklagte einen unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheid für das Jahr 2005 zur Post, in dem er die Einkünfte der Klägerin zunächst erklärungsgemäß feststellte, sie aber zugleich aufforderte, Nachweise über die tarifbegünstigten Einkünfte einzureichen.
Die Klägerin legte daraufhin die für jeden Gesellschafter erstellten Abrechnungsergänzungsbescheide der Kassenärztlichen Vereinigung vor, worin zusätzliche Vergütungen für den Zeitraum 1. Quartal 2000 bis 3. Quartal 2004 in Höhe von insgesamt 122.531 EUR festgestellt wurden. Die Zahlungen sind danach in vier Teilbeträgen im April und August 2005 sowie im Januar 2006 in Höhe von jeweils 30.300 EUR und zudem im Juli 2006 in Höhe von 31.631 EUR erfolgt. Auf die zu den Akten gereichten Abrechnungsergänzungsbescheide vom 11.07.2005, Bl. 19f. d.A., wird verwiesen.
Mit Schreiben vom 18.07.2007 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass laut einer Anweisung der OFD C bei einer Nachzahlung in mehreren Veranlagungszeiträumen eine Tarifbegünstigung nicht gewährt werden könne, da die Nachzahlungen keine von der übrigen Tätigkeit abgrenzbare Sondertätigkeit beträfen und nicht geballt in einem Veranlagungszeitraum zugeflossen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben des Beklagten vom 18.07.2007 Bezug genommen.
Am 30.07.2007 änderte der Beklagte den Feststellungsbescheid 2005 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) unter gleichzeitiger Aufhebung des Vorbehaltes der Nachprüfung, stellte nunmehr laufende Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 179.715 EUR fest und verwies zur Begründung auf sein Schreiben vom 18.07.2007.
Der Feststellungsbescheid für das Streitjahr 2006 erging am 12.03.2008. Darin stellte der Beklagte laufende Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 173.213 EUR fest. Dabei wurden die als tarifbegünstigte Einkünfte erklärten Einnahmen ebenfalls dem laufenden Gewinn zugerechnet. Zur Begründung führte der Beklagte unter Verweis auf das Vorjahr aus, dass abweichend von den Angaben in der Feststellungserklärung der gesamte Gewinn in Höhe von 173.213 EUR als „laufende Einkünfte” behandelt worden sei. Da die Nachzahlung der Kassenärztlichen Vereinigung in mehreren Kalenderjahren erfolgt sei, habe keine Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 EStG gewährt werden können.
Die Klägerin legte gegen beide Feststellungsbescheide am 02.08.2007 bzw. am 14.03.2008 Einspruch ein.
Zur Begründung führte sie aus, nach der Verfügung der Landesfinanzdirektion Thüringen vom 19.02.2007 sei für die Nachzahlungen für Psychotherapeuten aufgrund geänderter Punktzahlbewertung eine begünstigte Besteuerung vorzunehmen. Sie beantragte hilfsweise, die Einspruchsverfahren bis zur höchstrichterlichen Entscheidung über das Verfahren beim BFH, VIII R 65/06, ruhen zu lassen.
Der Beklagte teilte der Klägerin daraufhin das Ruhen des Einspruchsverfahrens 2005 aufgrund des genannten Musterprozesses mit. Nachdem dieser am 21.04.2009 entschieden worden war, nahm der Beklagt...