Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkauf Erbbaurecht
Leitsatz (redaktionell)
Die Veräußerung eines Erbbaurechts mit errichtetem Gebäude ist ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG, wenn die Veräußerung des bebauten Erbbaurechts innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb erfolgt.
Normenkette
EStG § 23 Abs. 1 Sätze 3, 1 Nr. 1 S. 2 Hs 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Veräußerung eines Erbbaurechts mit aufstehendem Gebäude zu einem steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) führt.
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr 2005 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 30.4.1999, UR.-Nr. 1, erwarb die … GbR, deren Gesellschafter der Kläger und C waren, das unbebaute Grundstück der Gemarkung … Flur … Nr. … zu einem Kaufpreis von … DM zuzüglich Umsatzsteuer. Mit notariellem Vertrag gleichen Datums, UR-Nr. 2, bestellte die … GbR der Klägerin ein Erbbaurecht an einem Teilstück des unbebauten Grundstücks, dem Grundstück „…”, mit einer Laufzeit von 20 Jahren ab der Eintragung im Grundbuch, welche am 12.4.2000 erfolgte. Besitz, Nutzen und Lasten gingen jeweils am 1.6.1999 auf die … GbR und auf die Klägerin über. Vertraglich vereinbart war lediglich ein monatlicher Erbbauzins i. H. v. … DM bzw. … € ab dem Zeitpunkt des Besitzübergangs.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beiden notariellen Verträge vom 30.4.1999, UR.-Nr. 1 und 2, verwiesen.
Noch in 1999 errichtete die Klägerin auf dem Grundstück „…” ein Gebäude zum Betrieb eines … Restaurants. Anschließend vermietete sie das Objekt an die … F-GmbH.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 15.2.2005 veräußerten der Kläger, Herr C und die Klägerin den Grundbesitz „…” an die A B. V zum 20.3.2005 für einen Kaufpreis von … €, wovon … € auf das Erbbaurecht mit dem aufstehenden Gebäude und … € auf das Grundstück entfielen. Das Erbbaurecht der Klägerin wurde im Rahmen der Abwicklung des Kaufvertrages insgesamt gelöscht.
Da die Kläger zunächst keine Einkommensteuererklärung für das Streitjahr abgegeben hatten, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlangen nach § 162 der Abgabenordnung (AO) mit Bescheid vom 6.7.2007 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Hiergegen legten die Kläger am 13.7.2007 Einspruch ein. Im Rahmen ihrer am 2.10.2007 beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung 2005 gab die Klägerin den Veräußerungsvorgang zwar an, erklärte aber keinen Veräußerungsgewinn. Der Beklagte half dem Einspruch der Kläger ab und änderte den Einkommensteuerbescheid 2005 am 23.10.2007 entsprechend der eingereichten Einkommensteuererklärung. Zugleich erließ der Beklagte einen Verlustfeststellungsbescheid auf den 31.12.2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, in dem er für den Kläger einen vortragsfähigen Verlust i. H. v. … € sowie einen verbleibenden Verlustvortrag aus privaten Veräußerungsgeschäften i. H. v. … € und für die Klägerin einen vortragsfähigen Verlust i. H. v. … € feststellte.
Am 19.12.2007 ergingen jeweils nochmals nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide.
Mitte des Jahres 2010 fand bei den Klägern eine Betriebsprüfung statt, deren Gegenstand unter anderem die Einkommensteuer des Streitjahres war.
Die Betriebsprüfung war der Auffassung, der Gewinn aus der Veräußerung des Erbbaurechts und des auf fremdem Grund und Boden stehenden Gebäudes sei als privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG zu versteuern. Dies entspreche dem Gesetzeswortlaut und der derzeit gültigen Verwaltungsauffassung. Das Erbbaurecht sei ein grundstücksgleiches Recht i. S. d. Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), ein Vermögensgegenstand i. S. d. Handelsrechts und ein Wirtschaftsgut i. S. d. EStG. Die Annahme der Anschaffung eines Wirtschaftsguts werde ebenfalls durch H 6.2 „Erbbaurecht” der Einkommensteuerhinweise (EStH) bestätigt. Die Rechtsprechung zur Abziehbarkeit von in einem Einmalbetrag gezahlten Erbbauzinsen als Werbungskosten und nicht Behandlung als Anschaffungskosten des Erbbaurechts stehe der Annahme eines Anschaffungsvorgangs nicht entgegen. Da hinsichtlich des Erbbaurechts ein privates Veräußerungsgeschäft anzunehmen sei, sei das auf dem erbbaurechtsbelasteten Grundstück errichtete Gebäude in die Ermittlung des Spekulationsgewinns einzubeziehen.
Die Formulierung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG – Erbbaurecht als grundstücksgleiches Recht – sowie die nach den vorliegenden BFH-Urteilen ergangenen Verwaltungsanweisungen – BMF-Schreiben vom 5.10.2000, Rz. 14 und 15, unter Berücksichtigung der Änderungen durch das BMF-Schreiben vom 7.2.2007 – machten deutlich, dass ein privates Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch bei der Veräußerung eines „bebauten” Erbbaurechts vorliege. Nach diesen Einkommensteuerhinweisen bestünden seitens des Gesetzgebers und der Verwaltung keine Zweifel daran, dass es sich bei der Bestellung eines Erbbaurechts um einen Anschaffungsvorgang und bei der Ve...