Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesonderte Feststellung nach § 17 Abs. 2 GrEStG, Steuerpflicht bei Anleger- und Einbringungsvertrag
Leitsatz (redaktionell)
1) Werden mehrere Grundstücke im Rahmen eines Anleger- und Einbringungsvertrags in ein Spezialsondervermögen eingebracht, so hat das Finanzamt, in dessen Bezirk das wertvollste Grundstück liegt, gemäß § 17 Abs. 2 GrEStG die Steuerpflicht dem Grunde nach, den Steuerschuldner sowie die Aufteilung der Bemessungsgrundlage gesondert festzustellen (gegen Erlass der obersten Finanzbehörden v. 18.7.2007 - S 4541 - 8 - VA 2).
2) Der Grunderwerbsteuerbescheid eines Finanzamts, das nicht für die gesonderte Feststellung nach § 17 Abs. 2 GrEStG zuständig ist, ist mangels Zuständigkeit der erlassenden Behörde rechtswidrig und ungeachtet des § 155 Abs. 2 AO aufzuheben, wenn seitens der Finanzverwaltung die explizite Weigerung festzustellen ist, keinen Grundlagenbescheid nach § 17 Abs. 2 GrEStG zu erlassen.
Normenkette
AO § 155 Abs. 2; GrEStG § 17 Abs. 2
Tatbestand
Nach dem Willen der Finanzverwaltung soll das Klageverfahren ein Musterverfahren sein dazu, ob der Abschluss eines sogenannten Anleger- und Einbringungsvertrages vom 15.12.2009 zwischen der Klägerin, der A Lebensversicherung Aktiengesellschaft (AG), und der B Immobilien Kapitalanlagegesellschaft mbH (B) den Tatbestand des § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) erfüllt.
Nach § 1 dieses notariellen Vertrages verpflichtete sich die AG, am 31.12.2009 die in der bezeichneten Anlage 1a aufgeführten Immobilien (u.a. das streitgegenständliche Grundstück C-Straße … in D) in das Spezialsondervermögen „A Immo B” (Fonds) gegen Ausgabe von Anteilsscheinen im Gesamtwert von 178.740.000 EUR einzubringen. Am 31.03.2010 sollten die in der Anlage 1b bezeichneten Immobilien gegen Ausgabe von Anteilsscheinen im Gesamtwert von 3.380.000 EUR in den Fonds eingebracht werden. Nach Aktenlage liegen die einzelnen Grundstücke laut Anlage 1a und 1b in mehreren Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland.
Zusätzlich verpflichtete sich die AG, 2.250.000 EUR als sogenannte Zeichnungssumme auf ein näher bezeichnetes Konto der E-Bank … F als Depotbank einzuzahlen. Die Depotbank sollte dieses Geld an ein von der Bank im Namen der B für Rechnung des Fonds unterhaltenes Sperrkonto bei der E-Bank GmbH gegen Ausgabe von Anteilen an dem Fonds in entsprechendem Gegenwert weiterleiten.
Nach 1.4 des Vertrages sollten Besitz, Nutzen und Lasten der Einbringungsimmobilien sowie die Ausübung der Rechte und die Erfüllung aller Pflichten, wie sie sich aus den in Bezug auf die Einbringungsimmobilien abgeschlossenen Miet-, Pacht- und sonstigen Verträge ergeben, zum Einbringungsstichtag auf die B übergehen. Das Eigentum an den Immobilien sollte gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 des Investmentgesetzes (InvG) beim Eigentümer, der AG, verbleiben.
Der Abschluss dieses Anleger- und Einbringungsvertrages war für den Beklagten Anlass, am 22.07.2011 einen gegen die AG gerichteten Grunderwerbsteuerbescheid zu erlassen. Als maßgebliches Rechtsgeschäft wurde der Vertrag vom 15.12.2009 angegeben und als Bemessungsgrundlage unter Bezugnahme auf den in den Anlagen zum Vertrag u.a. genannten Grundbesitz C-Straße … in D ein Betrag von 450.000 EUR zugrunde gelegt, sodass die Grunderwerbsteuer mit 15.750 EUR festgesetzt wurde. Als Erläuterung zur Steuerfestsetzung wurde ausgeführt, dass diese wegen der Übertragung der Verfügungsbefugnis auf die B gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG erfolge.
Ausweislich des Akteninhaltes nahm der Beklagte die Klägerin unter Hinweis auf Seite 6 der Urkunde Nr. 1 vom 18.12.2009 („Die Kosten gegenwärtiger Beurkundung trägt die A…”) in Anspruch.
Der dagegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.
In der Einspruchsentscheidung vom 28.05.2013 führte der Beklagte zur Begründung der Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG wie folgt aus:
Gemäß § 91 Abs. 3 InvG sei durch den Vertrag vom 15.12.2009 zulässigerweise die Miteigentumslösung nach § 30 Abs. 1 S. 1 InvG gewählt worden. Mit dem Anleger- und Einbringungsvertrag habe die B eine Rechtsposition erhalten, die der eines Eigentümers vergleichbar sei. Hieran ändere auch nichts die Miteigentümerstellung der Anleger. Denn trotz ihrer formalen Stellung als Miteigentümer an den zum Sondervermögen gehörenden Vermögensgegenständen seien die Anleger in der Ausübung ihrer Rechte aus dem Miteigentum beschränkt. So könnten sie gemäß § 33 Abs. 2 S. 3 InvG über ihre Vermögensgegenstände weder verfügen, noch hätten sie ein Besitzrecht, § 24 InvG. Die B sei dagegen gemäß § 31 Abs. 1 InvG berechtigt, im eigenen Namen über die zum Sondervermögen gehörenden Gegenstände zu verfügen und alle Rechte aus ihnen auszuüben. Darüber hinaus sei eine Substanzbeteiligung durch die Regelung in § 15 Nr. 1-4 in den besonderen Vertragsbedingungen (BVB), zu sehen, da die B bei Erwerb ebenso wie bei der Veräußerung an der Wertentwicklung des Grundstücks beteiligt sei. Danach erhalte die B bei Erwerb eines Grundstücks eine Vergütung in Höhe von ...