Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung; Ausfuhrlieferung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine steuerfreie Ausfuhrlieferung nach § 4 Nr. 1a i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG liegt vor, wenn der Abnehmer den Liefergegenstand nachweislich in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet hat und ein ausländischer Abnehmer ist. Der erforderliche Ausfuhrnachweis wird durch die Vorlage erkennbar gefälschter Zollstempelabdrucke nicht erbracht.
2. Aus einem gefälschten Beleg ergibt sich gerade nicht eindeutig, dass eine Beförderung oder Versendung der Ware ins Drittlandsgebiet erfolgte, denn der gefälschte Beleg hat keine positive Aussagekraft und kann damit nicht als Nachweis dienen.
Normenkette
UStG § 6 Abs. 4, § 6a Abs. 4, § § 4 Nr. 1a i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage der Umsatzsteuerfreiheit von Lieferungen bei gefälschten Ausfuhrnachweisen.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und betrieb zunächst in O. und nachfolgend in D. einen Einzelhandel mit Mobiltelefonen und Zubehör. Ihre Waren vertrieb die Klägerin insbesondere über das Internet (z.B. unter www.xxx.de). Daneben verkaufte die Klägerin in den Streitjahren in großem Umfang Mobiltelefone an einen rumänischen und einen ungarischen Abnehmer zum Zwecke der Ausfuhr. Dabei holten die Abnehmer die Ware bei der Klägerin ab, bezahlten diese bar und nahmen sie zur Ausfuhr mit.
Im Vorfeld dieser Ausfuhrlieferungen erkundigte sich der Gesellschafter der Klägerin, Herr A., bei der im Finanzamt O. zuständigen Sachbearbeiterin der Umsatzsteuervoranmeldungsstelle, Frau V., wie solche Lieferungen abzuwickeln seien. Diese führte aus, dass die Lieferungen zunächst mit Umsatzsteuer zu belasten seien und nach Vorlage der Ausfuhrbescheinigung durch die Käufer die Umsatzsteuer erstattet werden könne. Nachfolgend reichte die Klägerin als Anlage zu den Umsatzsteuervoranmeldungen die Ausfuhrnachweise bei der Umsatzsteuervoranmeldungsstelle des zuständigen Finanzamts ein und erhielt diese nach Prüfung zurück. Eine Beanstandung der Ausfuhrnachweise erfolgte nicht.
Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung stellte das Zollkriminalamt fest, dass die Zollstempel auf fast allen Ausfuhrnachweisen entweder mit einem gefälschten Stempel gefertigt oder durch Reproduktion authentischer Vorlagen mittels computergesteuerter Bildbearbeitung und einem Tintenstrahldrucker aufgedruckt wurden. Authentisch waren lediglich 4 der 87 untersuchten Stempelaufdrucke.
Hierauf änderte der Beklagte die Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide 4. Quartal 2002 sowie Januar bis April 2003, was sich nachfolgend zunächst im Umsatzsteuerbescheid 2002 niedergeschlagen hat. Hiergegen hat die Klägerin Einspruch eingelegt und gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung – FGO – gerichtlich Aussetzung der Vollziehung beantragt. Der Antrag wurde mit Beschluss des Senats vom 16.08.2004 (Az.: 6 V 1246/04) abgewiesen. Die Klägerin hat am 27.07.2004 die Umsatzsteuerklärung 2003 eingereicht. Da sich nach der Erklärung ein Erstattungsbetrag ergeben hätte, wurde zunächst beim Beklagten am 30.07.2004 ein interner Zustimmungsvorschlag erstellt. Unter Zugrundelegung der o.g. Prüfungsfeststellungen hat der Beklagte die Eingaben am 29.09.2004 berichtigt. Als Freigabedatum wurde der 25.10.2004 notiert. Da die Berichtigungen zu einer Abschlusszahlung für die Umsatzsteuer 2003 führten, wurde ein Umsatzsteuerbescheid 2003 sowie eine Abrechnung erstellt, die der Beklagte beide am 04.01.2005 zur Post gegeben hat.
Bereits mit Einspruchsentscheidung vom 03.01.2005 hat der Beklagte den Einspruch laut Rubrum gegen die Umsatzsteuer 2002 und 2003, vormals Umsatzsteuer-Vorauszahlung IV/2002 und I – IV 2003 zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.
Hinsichtlich der Umsatzsteuer 2003 ist die Klägerin der Ansicht, dass die Einspruchsentscheidung vom 03.01.2005 isoliert aufzuheben sei, da der Beklagte über etwas entschieden habe, was erst einen Tag später ergangen sei. Hierdurch sei ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme genommen worden, was zum Entzug einer Rechtsmittelinstanz führe. Auch greife § 68 FGO nicht, da der Änderungsbescheid nicht nach der Einspruchsentscheidung, sondern davor ergangen sei.
Die Klägerin ist zur Sache der Ansicht, dass es sich bei den streitbefangenen Lieferungen um steuerfreie Ausfuhrlieferungen handele.
Dies ergebe sich zum einen daraus, dass die nachträgliche Versagung des Vorsteuerabzugs dem Grundsatz von Treu und Glauben sowie der Selbstbindung der Verwaltung widerspreche.
Die Erstattung der Umsatzsteuer sei erst nach Prüfung der Ausfuhrnachweise durch die Sachbearbeiterin des Finanzamts O. erfolgt und nachdem diese bestätigt habe, dass die Umsatzsteuer nunmehr zurück gezahlt werden könne. Beiden Seiten sei hierbei klar ersichtlich gewesen, dass die Klägerin aufgrund der behördlichen Auskunft wirtschaftliche Dispositionen treffen würde. Insbesondere lasse auch die Vorläufigkeit des Voranmeldungsverfahrens nicht den Schluss zu, dass die Prüfung...