Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlosung, Gewinnchance, EUR 35,00-Grenze
Leitsatz (redaktionell)
Anschaffungskosten für fünf Kraftfahrzeuge, die anlässlich einer Jubiläumsfeier an Kunden verlost werden, sind als Aufwendungen für Geschenke i.S.v. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht als Betriebsausgabe abziehbar, wenn der Wert der in jedem aktivierten Los verkörperten Gewinnchance EUR 35,00 übersteigt. Der Wert der Loschance ergibt sich aus dem Gesamtgewinn, geteilt durch die aktivierten Lose.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob Anschaffungskosten für fünf Kraftfahrzeuge, die anlässlich einer Jubiläumsfeier der Klägerin verlost wurden, als Betriebsausgabe abziehbar sind.
Die Klägerin betreibt einen Großhandel mit Computerhardware. Im Streitjahr feierte sie ihr zehnjähriges Bestehen. Am … September 2004 fand aus diesem Anlass eine sogenannte „Hausmesse” statt. Die Klägerin mietete für die Veranstaltung eigens Räumlichkeiten in D an und bewarb die Veranstaltung in einschlägigen Publikationen der Computerbranche. Eine Teilnahme war nur nach vorheriger Anmeldung möglich. Die Klägerin lud ihre bisherigen Kunden zu der Messe ein, darunter insbesondere sogenannte „Top-kunden”, d.h. Kunden, mit denen die Klägerin Umsätze in größerem Umfang erzielt. Es handelt sich im Wesentlichen um Einzelhändler von Computerhardware. Darüber hinaus meldeten sich angesichts der öffentlichen Werbung Personen, die bisher keine Kunden der Klägerin waren. Diese Personen wurden von der Klägerin als Neukunden registriert.
Die zunächst von der Klägerin geführte Einladungsliste wurde von dieser unter Berücksichtigung der neuen Interessenten in eine Teilnehmerliste umgeschrieben. Jeder Teilnehmer ist einer (ggf. neu angelegten) Kundennummer zuzuordnen. Vor der Veranstaltung versandte die Klägerin auf Basis der aktualisierten Liste Eintrittskarten. Die Eintrittskarten stellten zugleich ein Los für die Verlosung von 5 Volkswagen – VW – Golf Trendline 2.0 SDI zum Preis von jeweils netto 13.259,99 EUR dar. Die Klägerin verloste die Kraftfahrzeuge am 17. September 2004. Voraussetzung für die Teilnahme an der Verlosung (Tombola) war, dass der jeweilige Kunde an dem Messetag persönlich erschien und hierdurch sein Los „aktivierte”.
Insgesamt erschienen 1331 Personen bei der Veranstaltung. Hiervon entfallen 1137 Personen auf sogenannte „Topkunden”, 166 Personen auf sonstige Bestandskunden und 28 Personen auf Neukunden (Kundenkonto erst nach dem 1. Juli 2004, also nach der Werbeaktion, neu angelegt). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Klägerin vorgelegte Anlage zum Schriftsatz vom 26. April 2010 (Teilnehmerliste) und die Ausführungen in der Klagebegründung vom 12. Januar 2010 und der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 4. November 2009 (genauer Veranstaltungsablauf) verwiesen.
Die Klägerin reichte unter anderem ihre Körperschaftsteuererklärung und Gewerbesteuererklärung 2004 im September 2005 beim Beklagten ein. Hierin machte sie u.a. Betriebsausgaben i.H.v. insgesamt 66.299,95 EUR (= Nettopreis für die 5 VW Golf) geltend. Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß mit Bescheiden vom 9. Dezember 2005 zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag. Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der Abgabenordnung – AO –).
In der Folgezeit führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung D eine steuerliche Außenprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2003 bis 2006 durch. Der Betriebsprüfungsbericht vom 5. September 2008 führt unter Textziffer 2.9.2.2.1 im Wesentlichen aus, dass Kosten in Höhe von 66.299,95 EUR nicht als Betriebsausgaben abziehbar seien. Es handele sich um Aufwendungen für Geschenke an Geschäftsfreunde im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG –. Ähnlich wie bei Incentive-Reisen hätten die Aufwendungen der allgemeinen Sicherung oder Verbesserung von Geschäftsbeziehungen gedient. Ein Preisausschreiben (§ 661 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB –) oder eine Auslobung (§§ 657-660 BGB) lägen nicht vor, da es sich bei den Teilnehmern, die ausschließlich Geschäftsfreunde der Klägerin seien, um einen geschlossenen Teilnehmerkreis gehandelt habe.
Der Beklagte erließ daraufhin unter dem 7. November 2008 (Körperschaftsteuer 2004) bzw. 10. November 2008 (Gewerbesteuermessbetrag 2004) die streitgegenständlichen Änderungsbescheide. Die Änderungen wurden auf § 164 Abs. 2 AO gestützt, die Vorbehalte der Nachprüfung aufgehoben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheide verwiesen.
Hiergegen legte die Klägerin fristgerechte Einsprüche ein. Zur Begründung führte sie aus, die Aufwendungen für die Kraftfahrzeuge seien als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Es handele sich nicht um Geschenke im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG. Bei der Veranstaltung seien nur die besten Kunden eingeladen worden. Hierdurch sei ein Zusammenhang mit einer Leistung des Empfängers, im vorliegenden Fall mit den Umsat...