Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine ermäßigt zu besteuernde Abfindung in Kombination mit einer mehrjährigen nachträglichen Vergütungsvereinbarung
Leitsatz (redaktionell)
Voraussetzung der Ermäßigung gem. §§ 24 Nr. 1, 34 EStG ist es, dass sämtliche Beträge einer Entlassungsentschädigung in demselben Veranlagungszeitraum zufließen. Dem steht entgegen, wenn neben einer einmaligen Abfindungszahlung eine mehrjährig laufende nachträgliche Vergütung gezahlt wird.
Normenkette
EStG §§ 34, 24 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob eine an den Kläger gezahlte Abfindung ermäßigt zu besteuern ist.
Der Kläger war seit 1981 Arbeitnehmer bei der C AG sowie diversen Töchtern der Gesellschaft. Zuletzt arbeitete er als Chemiker für die Tochtergesellschaft E Textilfarben GmbH & Co KG.
Am 21. Dezember 2005 schlossen der Kläger und die E einen Aufhebungsvertrag über das Arbeitsverhältnis. § 3 des Aufhebungsvertrages lautet wie folgt:
„Zum Ausgleich der durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Nachteile enthalten Sie eine Abfindung.
Unter Anrechnung von Leistungen Dritter, z.B. Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Krankengeld, Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung, gesetzlichen Rentenversicherung sowie Bezügen aus anderweitiger beruflicher Tätigkeit, garantieren wir Ihnen eine Gesamtleistung von insgesamt Euro 514.784,00 brutto.
Die Gesamtleistung setzt sich zusammen aus:
Einer Einmalzahlung, die zeitnah zum Austrittstermin 30. September 2006, spätestens aber am 31. Januar 2007 in Höhe von Euro 155.000,00 brutto gezahlt wird,
sowie Leistungen vom 1. Oktober 2006 bis 30. Juni 2011 in Höhe von monatlich Euro 6.112,00 brutto.
Der Anspruch auf die Einmalzahlung in Höhe von Euro 155.000,00 brutto entsteht mit der Unterzeichnung dieser Vereinbarung und ist somit vererblich.”
Daneben existiert ein Schreiben der E vom 21 Dezember 2005, welches mit „Geheimhaltungsvereinbarung” überschrieben ist. Diese Vereinbarung soll zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin gelten. Inhaltlich weist die E auf die nachwirkende Verschwiegenheitspflicht hin und bezieht sich insoweit auf den Anstellungsvertrag. Unterzeichnet ist das Schreiben von zwei Vertretern der Arbeitgeberin. An einer nicht näher gekennzeichneten Stelle ist eine weitere Unterschrift, welche dem Kläger zuzuordnen sein soll. Auf Bl. 26 folgende Gerichtsakten wird Bezug genommen.
Im Rahmen der steuerlichen Veranlagung vom 10. Februar 2009 zur Einkommensteuer 2007 wurde der Bruttoarbeitslohn antragsgemäß in einer Höhe von 206.934 EUR angesetzt.
Am 17. Februar 2009 legten die Kläger Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 ein und beantragten für die Einmalzahlung in Höhe von 155.000 EUR die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gemäß § 34 EStG.
Am 22. Mai 2009 erließ der Beklagte aus anderen Gründen einen Änderungsbescheid wegen Einkommensteuer 2007.
Am 16. April 2010 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass eine ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG nur in Betracht komme, wenn eine Entschädigung, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt wird, zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zufließe. Davon sei im Streitfall nicht auszugehen, da der Kläger neben der Einmalzahlung über einen mehrjährigen Zeitraum monatlich Zahlungen gemäß dem Abfindungsvertrag erhalten habe. Ein Ausnahmetatbestand, der eine andere Betrachtung rechtfertigen würde, liege nicht vor.
Hiergegen wandten sich die Kläger mit ihrer Klage vom 11. Mai 2010.
Zur Begründung tragen sie vor, dass die Abfindung das Ergebnis langwieriger Verhandlungen gewesen sei. Vor dem Hintergrund einer Krebserkrankung des Klägers sei man übereingekommen, einen Festbetrag als vererblich einmalig auszuzahlen. Dieser Betrag sei eine Entschädigung für ein mit der Arbeitgeberin vereinbartes Wettbewerbsverbot, wonach der Kläger ihm gehörende Patente bei Mitbewerbern nicht habe verwenden dürfen. Die monatlichen Zahlungen seien als Ausgleich für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses anzusehen. Im Übrigen sei die E inzwischen insolvent, so dass keinerlei Zahlungen mehr flössen.
Es sei von Anfang an beabsichtigt gewesen, zwei verschiedene Aspekte im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis durch zwei verschiedene Abfindungsmodalitäten zu regeln. Es sei auch aus der Geheimhaltungsvereinbarung eindeutig erkennbar, dass hier ein weitergehendes Wettbewerbsverbot geregelt werden sollte, als es in dem ursprünglichen Arbeitsvertrag geregelt war. Im Übrigen sei nicht sicher gewesen, ob die arbeitsvertragliche Wettbewerbsklausel überhaupt wirksam war. Als Gegenleistung hierfür sollte der Einmalbetrag gezahlt werden. Hierüber seien sich die Beteiligten einig gewesen. Diese Zahlung habe nichts mit der monatlichen Leistung zu tun gehabt.
Der Umstand dass sich der Kläger auf 2008 bei anderen Unternehmen um Arbeitsmöglichkeiten bemüht habe, sei auf den Umstand zurückzuführen, dass der Kläger seinerzeit habe absehen können, was die Arbeitge...