Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Steuerbefreiung von Supervisionsleistungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Gem. § 4 Nr. 21 a) bb) UStG sind steuerfrei, die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemein- oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer jur. Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Die Bescheinigung ist dabei materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung.
2. Zur Ordnungsgemäßheit einer solchen Bescheinigung ist es erforderlich, dass darin die Vorbereitung auf einen Beruf oder eine abzulegende Prüfung entsprechend dem Gesetzeswortlaut bescheinigt ist. Eine Bescheinigung mit dem Wortlaut, dass "von der Stpfl. berufliche Bildungsmaßnahmen i.S.d. § 4 Nr 21 a) bb) UStG ordnungsgemäß durchgeführt werden", genügt jedoch nicht.
3. Auch eine Steuerbefreiung gem. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j RL 77/388/EWG scheidet aus, da die Tätigkeit der Stpfl. sich weder an Schüler oder Hochschüler, sondern an Arbeitnehmer richtet, die die Supervision zu ihrer Fortbildung besuchen.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 21 a) bb); RL 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j; UStG § 4 Nr. 14
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob von der Klägerin erbrachte Supervisionsleistungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind.
Die Klägerin ist Diplom-Psychologin und erklärte für die Streitjahre 2002 bis 2005 Umsätze als freiberufliche Supervisorin.
Die Bezirksregierung A erteilte ihr unter dem Datum des 13.11.2000 „auf Widerruf” eine „Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a), bb) Umsatzsteuergesetz” (Bl. 32f FG-Akte), in der es heißt:
„Ihrer Einrichtung” werde „bescheinigt, dass folgende berufliche Bildungsmaßnahme/n im Sinne des § 4 Nr. 21 a), bb) Umsatzsteuergesetz ordnungsgemäß durchgeführt wird/werden:
- Supervision
- Personen zentrierte Gesprächsführung
- Weiterbildung zur Eltern-Kind-Kursleiterin
- berufsbegleitender Unterricht für Erzieherinnen.”
Die Klägerin erklärte in den Streitjahren die Umsätze aus Supervisionsleistungen als steuerfreie Umsätze. Der Beklagte folgte insoweit zunächst den Steuererklärungen.
Nachdem der BFH mit Urteil vom 30.6.2005 V R 1/02 entschieden hatte, dass Supervision keine nach § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes – UStG – wegen Heilbehandlung umsatzsteuerfreie Leistung sei, ordnete der Beklagte bei der Klägerin im Rahmen einer Schwerpunktprüfung eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung an, die mit Bericht vom 15.11.2007 endete. Darin kam die Prüferin grundsätzlich zu dem Ergebnis, dass die von der Klägerin erbrachten Supervisionsleistungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien.
Die Prüferin beließ diejenigen Supervisionsleistungen steuerfrei, die die Klägerin nachweislich gegenüber dem Bildungswerk der Erzdiözese A sowie gegenüber Einzelpersonen als berufsbegleitende Maßnahme erbracht hatte, z.B. zur Ausbildung zur Beraterin beim Caritasverband. Die übrigen Supervisionsleistungen (in Höhe von netto 16.330,52 EUR für 2002, 15.850,22 EUR für 2003 und 14.511,81 EUR für 2004) seien – so die Prüferin – nicht umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG. Auf den o.g. Bericht wird für weitere Einzelheiten Bezug genommen.
Der Beklagte folgte der Ansicht der Prüferin und erließ jeweils am 13.02.2008 Änderungsbescheide zur Umsatzsteuer 2002 bis 2004 und – außerhalb des Prüfungszeitraums – am 20.2.2008 einen Änderungsbescheid zur Umsatzsteuer 2005.
Gegen diese Bescheide legte die Klägerin fristgerecht Einsprüche ein, die sie im Wesentlichen damit begründete, dass die Umsätze schon aufgrund der ihr erteilten Genehmigung der Bezirksregierung A nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zwingend als steuerfrei zu behandeln seien.
Der Beklagte wies die Einsprüche – nach Erlass eines teilweise dem Einspruch stattgebenden Änderungsbescheids zur Umsatzsteuer 2005 vom 11.3.2008 – mit Einspruchsentscheidung vom 14.4.2009 als unbegründet zurück. Er verwies zur Begründung im Wesentlichen auf seine bereits im Prüfungsbericht und den nachfolgenden Erörterungen vertretene Auffassung, dass solche Leistungen, die nicht als Unterrichtstätigkeiten nach festliegendem Lehrprogramm und Lehrplänen unmittelbar Ausbildungs- und Fortbildungszwecken gedient hätten, nicht nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG steuerfrei seien. Einzelne Vorträge oder Vortragsreihen fielen nicht unter die Steuerfreiheit.
Die Bescheinigung der Bezirksregierung befinde verbindlich nur über die Frage der Ordnungsgemäßheit der Berufs- oder Prüfungsvorbereitung. Ob es sich jedoch bei der Klägerin überhaupt um eine vom Gesetz geforderte „Einrichtung” handle, die unmittelbar Schul- und Bildungszwecken diene, entscheide das FA in eigener Zuständigkeit.
Daraufhin hat die Klägerin am 14.5.2009 die vorliegende Klage erhoben, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet:
Ihre Auftraggeber seien in der Regel öffentliche Institutionen sowie Träger der freien Wohlfahrtspflege. Die Supervision werde von diesen in eigenen Fort- und Weiterbildungsp...