Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für den Besuch eines Fitness- und Gesundheitsclubs
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen für den Besuch eines Fitness- und Gesundheitsclubs sind jedenfalls dann nicht als außergewöhnliche Belastungen i.S.d § 33 EStG zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige keine ärztliche Verordnung i.S.d. § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV vorlegt, sondern lediglich pauschale ärztliche Bescheinigungen, nach denen allgemein Sporttherapie, Krankengymnastik, Bewegungsübungen, Massagen und Bewegungsübungen im Bewegungsbad unter therapeutischer Anleitung benötigt und Aufbautraining der Muskulatur durch Bewegungsbäder, Muskeltraining sowie Gymnastikkurse angeraten werden.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1 S. 1, Abs. 4; EStDV § 64 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 33 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigungsfähigkeit der Kosten für den Besuch des Fitness- und Gesundheitsclubs A als außergewöhnliche Belastungen.
Die Klägerin machte in ihrer Einkommensteuererklärung 2015 neben weiteren, unstreitigen Aufwendungen den Jahresbeitrag für den Fitness- und Gesundheitsclub A in B i.H.v. 588 € sowie Kosten für 148 Fahrten dorthin mit einer Strecke von jeweils 56 km i.H.v. 2.486 € als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung vom 02.01.2017 ließ der Beklagte diese Kosten außer Ansatz, wogegen die Klägerin Einspruch erhob, den sie damit begründete, dass die in Rede stehenden Kosten nach Vorlage des ärztlichen Attestes vom 20.06.2013 in den vergangenen Jahren stets anerkannt worden seien. An der Notwendigkeit der Maßnahmen habe sich seitdem nichts verändert; vielmehr seien sie nach zwei weiteren Gelenkoperationen zur Erhaltung der aufgrund diverser orthopädischer Erkrankungen schon sehr eingeschränkten Beweglichkeit dringend angeraten. Sie leide unter schwersten Problemen in dem gesamten Bewegungsapparat.
Bei dem Fitness- und Gesundheitsclub A handele es sich nicht um ein klassisches Fitnessstudio, sondern um eine Einrichtung, die neben den ärztlich verordneten Therapien durch Physiotherapeuten ergänzende Maßnahmen anbiete, wie z.B. Gymnastik, Thermalbewegungsbäder und Muskelaufbautraining, und dies alles an einem Ort. Sie – die Klägerin – nehme aus zwingenden gesundheitlichen Gründen zusätzlich zu der verordneten Krankengymnastik mindestens dreimal wöchentlich an diesen Maßnahmen teil. Die Einrichtung verfüge über eigene Parkplätze und sei barrierefrei zu erreichen. Nach der letzten Operation am 22.12.2016 sei sie bis auf Weiteres auf einen Rollstuhl angewiesen und könne so zumindest schon an den Wassertherapien teilnehmen. Die von ihr in Anspruch genommenen Therapien würden bei ihrer schweren körperlichen Behinderung nach mehreren Gelenk- und Gelenksersatzoperationen dem Erhalt der körperlichen Beweglichkeit dienen, um möglichst lange ein eigenständiges Leben zu führen. Beide Trainerinnen, bei denen die Klägerin ihre Kurse absolviere, seien staatlich anerkannte Physiotherapeutinnen. In diesen Gruppenkursen nähmen auch Personen teil, die die Kurse als Maßnahmen über ihre gesetzlichen Krankenkassen erstattet bekämen.
Die Klägerin legte abschriftlich ein von ihren behandelnden Orthopäden, C und D, am 12.01.2017 ausgestelltes Attest mit folgendem Inhalt vor: „O. g. Patientin benötigt die Sporttherapie aus orthopädischer Sicht zum Erhalt ihrer Beweglichkeit. Es handelt sich nicht um ein Präventionstraining!!!”
Ferner reichte sie die Kopie eines fachärztlichen Attestes vom 20.06.2013 ein, in dem Folgendes bescheinigt wird: „Frau E befindet sich seit dem 06.05.2010 in meiner fachärztlichen Behandlung. Bei Frau E besteht der Zust. nach
- Endoprothesenversorgung der Hüfte li.,
- Endoprothese des re. Knie,
- Arthrosen im Knie li., Sprunggelenk re., Hüfte re.,
- sowie Spondylarthrose der WS mit muskuläre Insuffizienz und
- Zust. bei Spondylodese L4-S1.
Zur Förderung der Beweglichkeit und Aufbau der Muskelkraft sowie Schmerzreduktion habe ich folgende Maßnahmen dringend angeraten durchzuführen:
- Aufbautraining der Muskulatur durch Bewegungsbäder,
- Muskeltraining sowie Gymnastikkurse.”
Mit Einspruchsentscheidung vom 25.07.2017 setzte der Beklagte die Einkommensteuer aus unstreitigen Gründen auf 701 € herab und wies den Einspruch im Übrigen ab. Bei den in Rede stehenden Maßnahmen handele es sich nicht um eine Heilbehandlung im Sinne von § 33 EStG, da keine konkreten ärztlichen Anweisungen über Art und Umfang des Sports vorlägen und keine ärztliche Leitung und Aufsicht oder zumindest Leitung und Beaufsichtigung durch eine andere fachkundige Person, wie z.B. einen Physiotherapeuten, erfolge. In den vorgelegten Attesten werde der Klägerin lediglich angeraten, Aufbautraining der Muskulatur durchzuführen. Dabei handele es sich nicht um eine ärztliche Verordnung im Sinne von § 64 EStDV. Denn eine solche müsse die konkret durchzuführenden Maßnahmen und auch deren Umfang bestimmen.
Mit ihrer Klage vom 25.08.2017 verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Berücksichtigung der geltend gemachten außergewöhnli...