Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusammenführung von Flurstücken als grunderwerbsteuerlicher Tausch von Miteigentumsanteilen. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 30/21)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wenn zwei Eigentümer von Wohnungseigentumsgemeinschaften mit unterschiedlichen Anteilen an drei Flurstücken beteiligt sind und diese Flurstücke in eine einzige Wohnungseigentumsgemeinschaft mit anders aufgeteiltem Bruchteilseigentum überführt werden sollen, liegt grunderwerbsteuerlich ein Tausch vor, denn jeder Teilhaber überträgt und erhält im Gegenzug nunmehr Bruchteile des anderen Teilhabers.

2. Im Grunderwerbsteuerrecht und somit im Falle eines Tausches wird grundsätzlich jeder Rechtsvorgang getrennt beurteilt und besteuert.

3. Dem Leistungsfähigkeitsgrundsatz kommt im Grunderwerbsteuerrecht keine prägende Bedeutung zu, weil die Besteuerung dort an einen Rechtsvorgang anknüpft.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 5, § 7 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Zwischenurteil vom 27.07.2022; Aktenzeichen II R 30/21)

BFH (Aktenzeichen II R 30/21)

 

Tatbestand

Der Kläger hatte am 26.07.2016 beim Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft und zum Sachverhalt dargestellt, dass die drei Flurstücke Gemarkung Z Flur … Nr. 1, 2 und 3 zusammen das Eckhaus A-Straße …/B-Straße … in Z bildeten. Die Flurstücke seien nach Wohnungseigentumsgesetz in diverse Wohnungs- und Teileigentümer aufgeteilt.

Am Flurstück 1 (im Folgenden Wohnungseigentumsgemeinschaft – WEG – 1) seien der Kläger mit 400/1000 und die C-Bank in Z (im Folgenden C-Bank) mit 600/1000 beteiligt. Am Flurstück 2 und 3 (im folgenden WEG 2) seien der Kläger mit 837/1000 und die C-Bank mit 163/1000 beteiligt. Nach Angaben des Klägers als Antragsteller sollten die WEG 1 und 2 in eine einheitliche WEG überführt werden. Wirtschaftlich sollte es zu keiner Änderung kommen, insbesondere sollten räumlich die jeweiligen Wohnungseigentumseinheiten im Eigentum des bisherigen Eigentümers verbleiben. Dem Antrag war ein Vertragsentwurf des Notars Y beigefügt, wonach an der neu zu gründenden einheitlichen Wohnungseigentümergemeinschaft der Kläger mit 600/1000 und die C-Bank mit 400/1000 beteiligt sein sollte. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Antrag verwiesen. Der Kläger vertrat die Ansicht, dass auf den Vorgang keine Grunderwerbsteuer zu erheben sei.

Mit verbindlicher Auskunft vom .2016 teilte der Beklagte mit, dass die Auflösung der beiden alten WEG 1 und 2 und die Überführung in eine neue Wohnungseigentümergemeinschaft entgegen der Auffassung des Antragstellers einen grunderwerbsteuerlichen Vorgang auslöse. Er führte zur Begründung wie folgt aus:

Werde eine Gemeinschaft aufgehoben (§ 17 Wohnungseigentumsgesetz), trete hinsichtlich des gemeinsamen Eigentums keine Änderung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand ein. Dagegen erwerbe jeder beteiligte Miteigentümer Eigentum an den Sondereigentumseinheiten der übrigen Beteiligten. Für einen solchen Rechtsträgerwechsel gebe es keine Befreiungsvorschrift.

In Teil B des Vertragsentwurfs des Notars Y (Seite ff.) werde die Aufhebung der bestehenden zwei Wohnungseigentümergemeinschaften und die Entstehung von Bruchteilseigentum in gleicher Höhe dargestellt.

Für die in Teil E des Vertragsentwurfs vorgesehene Vereinigung des Grundbesitzes nebst anschließender Neuaufteilung sei es erforderlich, dass die Beteiligung an dem jeweiligen Grundbesitz identisch sei.

Hierzu sei im Teil D des Vertragsentwurfs (Seite) geregelt, dass dafür eine entsprechende Anpassung der Beteiligung aus rechtlichen Gründen zwingend erforderlich sei, auch wenn die Zuordnung der Wohnungseinheiten nach vollständiger Durchführung der Urkunde identisch bleiben würde.

Laut Teil D II (Seiten) solle dementsprechend die C-Bank einen Bruchteil von 200/1000 am Flurstück 1 an Herrn X übertragen. Herr X übertrage einen Bruchteil von 237/1000 an den Flurstücken 2 und 3 (ohne Teilfläche laut Vertrag Teil C) an die C-Bank.

Die Anteile vor und nach der geplanten Neuaufteilung änderten sich und es finde insoweit eine grunderwerbsteuerlich zu erfassende Wertverschiebung statt. Dem Wortlaut nach greife daher keine Vergünstigung.

Am ….2016 schlossen der Kläger und die C-Bank unter UR.Nr. /2016 vor dem Notar Y einen entsprechenden Vertrag.

Daraufhin erließ der Beklagte am .2017 unter den Steuernummern 5, 6 und 7 die hier streitigen Bescheide. Die gegen die Bescheide gerichteten Einsprüche wurden mit Entscheidung vom .2018 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte unter Bezugnahme auf sein Erörterungsschreiben vom .2018 wie folgt aus:

a. Die Auflösung der jeweiligen Wohneinheiten und Umwandlung in Miteigentumsanteile gemäß Teil B des Vertrages (Steuernummern 8 und 9) habe zur Folge, dass jeder Alleineigentümer Miteigentümer an den Wohnungen des anderen vorherigen Alleineigentümers werde. Es liege daher ein Tausch von Miteigentumsanteilen im Sinne von § 1 Abs. 5 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) vor. Gegenleistung sei der gemeine Wert des hingegebenen Miteigentumsantei...

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