Entscheidungsstichwort (Thema)
In Deutschland einkommensteuerpflichtige Einkünfte eines in Deutschland ansässigen Steuerpflichtigen aus einer nichtselbständigen Tätigkeit für einen auf Zypern ansässigen Arbeitgeber im Schiffsverkehr zwischen Hamburg und Helgoland. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VI R 1/24)
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist ein in Deutschland wohnender Steuerpflichtiger für einen zypriotischen Arbeitgeber auf einem zypriotischen Schiff im Schiffsverkehr zwischen Hamburg und Helgoland nichtselbständig tätig und werden auf den Fahrten keine internationalen Gewässer, sondern lediglich die Elbe sowie die seit 1995 gültige 12-Meilenzone vor dem Festland und die 12-Meilenzone um Helgoland durchfahren, so gilt die Tätigkeit im Sinne des Art. 14 Abs. 1 DBA Zypern als in Deutschland ausgeübt. Die Vergütung wird dem Steuerpflichtigen Kläger auch nicht für eine Arbeit „an Bord eines Schiffes im Binnenverkehr” im Sinne von Art. 14 Abs. 4 DBA Zypern gezahlt und ist daher in Deutschland einkommensteuerpflichtig.
2. Unter „Binnenverkehr” im Sinne von Art. 14 Abs. 4 DBA Zypern ist die Binnenschiffahrt, also nur derjenige Verkehr zu verstehen, der ausschließlich auf Binnengewässern stattfindet, die geografisch innerhalb des Festlandes liegen (Flüsse, Kanäle und Seen). Das trifft auf die Überfahrt nach Helgoland nicht zu, da diese durch ein Küstenmeer führt. Art. 14 Abs. 4 DBA Zypern erfasst insoweit nur den internationalen Seeverkehr und die Binnenschifffahrt, nicht aber den „nationalen Seeverkehr”.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 1 S. 1; DBA CYP Art. 14 Abs. 1, 4; OECD-Musterabkommen Art. 15 Abs. 3
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Einkünfte des Klägers aus einer Tätigkeit im Schiffsverkehr zwischen Hamburg und einer deutschen Nordseeinsel, die von einem auf Zypern ansässigen Arbeitgeber gezahlt werden, der deutschen Einkommensteuer unterliegen.
1.
Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2017 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war 2017 als … auf der zwischen Hamburg und einer deutschen Nordseeinsel verkehrenden Passagierfähre „A“ tätig und erzielte dadurch Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Arbeitgeber des Klägers war die B Limited mit Sitz in Limassol (Zypern). Die „A“ fährt unter zypriotischer Flagge. Eigner des Schiffs ist die C Limited mit Sitz ebenfalls in Limassol. Sie hat das Schiff einschließlich Besatzung an die D vermietet.
Der steuerliche Vertreter der D GmbH & Co. KG beantragte im Jahr 2016 beim Finanzamt F eine Anrufungsauskunft nach § 42e Einkommensteuergesetz -EStG- zur Anwendung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Zypern zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 18. Februar 2011 (DBA Zypern). Das Finanzamt F erteilte die Anrufungsauskunft unter dem 18.08.2016. Es legte dar, dass „Unternehmen” im Sinne des Art. 14 Abs. 4 DBA Zypern (entsprechend Ziffer 4 des Protokolls zum Abkommen) der Arbeitgeber der Besatzung sei, also hier die B Limited. Diese habe den Ort ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung auf Zypern. Die Abgrenzung zwischen Seeschiffen und Binnenschiffen habe keine Bedeutung, da die Besteuerung in beiden Fällen den gleichen Regeln folge. Die Vergütung der Seeleute der „A“ sei somit in Zypern zu versteuern. Für den genauen Inhalt der Anrufungsauskunft wird auf die Einkommensteuerakte Bl. 59 verwiesen.
In der Folge nahm die B bei der Besatzung der Passagierfähre – somit auch beim Kläger – keine Steuerabzüge vom Lohn vor. Auf die dem Kläger erteilten Abrechnungen Einkommensteuerakte Bl. 69 bis 93 wird verwiesen. Auch in Zypern werden die Einkünfte des Klägers unstreitig nicht versteuert, da das Recht der Republik Zypern solche Einkünfte steuerfrei stellt. Die Einkommensteuererklärung der Kläger für das Streitjahr 2017 ging am 16.05.2018 beim Beklagten ein. Der Kläger erklärte steuerfreien Arbeitslohn nach Doppelbesteuerungsabkommen in Höhe von EUR …
Der Beklagte (das wegen des Wohnsitzes der Kläger zuständige Finanzamt E) teilte den Klägern mit Schreiben vom 18.02.2019 mit, dass er beabsichtige, den Arbeitslohn in Höhe von EUR … der Besteuerung zu unterwerfen. Die durch das Finanzamt F als Betriebsstättenfinanzamt erteilte Anrufungsauskunft sei für das Veranlagungsverfahren nicht bindend. Die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 4 DBA Zypern seien nicht erfüllt. Die Beförderung finde vorliegend nämlich nicht im „internationalen Verkehr” statt; daher sei die B Limited kein „Unternehmen” im Sinne des Art. 8 Abs. 1 DBA Zypern. Die B Limited sei kein schifffahrtsbetreibendes Unternehmen, sondern ein Crewing-Unternehmen. Der Beklagte bezog sich auf Nr. 3 des Protokolls zu Art. 8 DBA Zypern. Die Kläger äußerten sich mit Schreiben vom 20.03.2019, für das auf die Einkommensteuerakte Bl. 53 verwiesen wird, und t...