Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung: vorweggenommene summarische Beweiswürdigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Rahmen einer AdV hat das FG bei streitigem Sachverhalt eine vorläufige summarische Beweiswürdigung durchzuführen.
2. Dem Beweisvereitler obliegt die Widerlegung eines ersten Anscheins.
Normenkette
FGO § 69
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Besteuerung von Einkünften und Umsätzen aus Bestechlichkeit im gewerblichen Verkehr.
Die Antragsteller werden vom Antragsgegner – dem Finanzamt (FA) – für die Streitjahre 2000-2004 zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Dieses ist auch für die Umsatz-(USt-)-besteuerung des Antragstellers zuständig.
1. Der Antragsteller war in den Streitjahren als Abteilungsleiter im Bereich Logistik und Einkauf bei der Firma M GmbH beschäftigt. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung erhielt er von Auftragnehmern seines Arbeitgebers Geld und Sachwerte dafür, dass er sie bei der Auftragsvergabe bevorzugte. Dabei handelt es sich um folgende Beträge bzw. Werte (daraus errechnete Nettoumsätze in den beiden letzten Zeilen):
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Bei den Zuwendungen der I GmbH handelt es sich um Bewirtungen und Skireisen. Die Firma G wendete dem Antragsteller Reisen und Sachen zu. Die Firmen F Enterprises und G bzw. H überwiesen Dollarbeträge in unterschiedlicher Höhe auf drei Bankkonten des Antragstellers. Bei den Geldeingängen aus USA handelt es sich um eingereichte Schecks, ausgestellt von und bezogen auf verschiedene US-Banken. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Steuerfahndung vom 3. Februar 2010 (ESt-Akte Bl. 167 ff.) verwiesen.
2. Der Antragsteller wurde mit Urteil vom 2. August 2006 aufgrund von Teilen des vorstehenden Sachverhalts vom Landgericht München I wegen Untreue und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Das FA erließ am 16. August 2006 geänderte ESt-Bescheide für die Streitjahre, in denen es die Ermittlungen der Steuerfahndung auswertete und die in der obigen Tabelle in Fettdruck dargestellten Beträge als zusätzliche Einkünfte nach § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) ansetzte. Entsprechend erließ es erstmalige USt-Bescheide für die Streitjahre, in denen es die oben ausgewiesenen Nettoumsätze der USt-Besteuerung unterwarf.
3. Die Einsprüche der Antragsteller sind in den Einspruchsentscheidungen (EEen) vom 30. Juni 2011 weitgehend ohne Erfolg geblieben. Nur hinsichtlich der USt 2002 hat das FA dem Einspruch durch einen Null-Bescheid abgeholfen, indem es die Kleinunternehmerregelung des § 19 Umsatzsteuergesetz (UStG) angewendet hat. Ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) hat das FA mit Bescheid vom 23. September 2011 abgelehnt. In der Hauptsache ist eine Klage unter dem Az. 8 K 2227/11 beim erkennenden Senat anhängig.
4. Die Antragsteller wenden gegen die angefochtenen Bescheide ein, die Zuwendungen der Firma I GmbH dürften nicht angesetzt werden, weil der Antragsteller insoweit nicht verurteilt worden sei. Das Verfahren sei insoweit wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. Der Nachweis von Zuwendungen sei insoweit vom FA zu führen, was nicht geschehen sei. Hinsichtlich der zugewendeten Reisen und Bewirtungen durch die Fa. G sei im Strafurteil dem Antragsteller nur derjenige Wert zugerechnet worden, der ihm persönlich zugeflossen sei. Soweit Angehörige des Antragsteller bzw. Dritte bedacht worden seien, sei ihm dieser Wert nicht zuzurechnen. Die im Fahndungsbericht als „ungeklärte ausländische Geldeingänge” bezeichneten Beträge könnten ihm nicht zugerechnet werden. Die Beweislast liege insoweit beim FA. Ihm könne nicht der Gegenbeweis auferlegt werden. Verurteilt sei er wegen dieser Beträge nicht, weil das Urteil diese Beträge nicht erwähne.
Weiter seien die Einkünfte nicht als sonstige Einkünfte zu beurteilen, sondern als gewerbliche Einkünfte. Der Gewinn sei insoweit durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln. Dabei müssten Verbindlichkeiten aufgrund der Schmiergeldzahlungen passiviert werden. Namentlich sei der Schadensersatzanspruch der Firma M in Höhe von 250.000 EUR aus dem Vergleich vom 15. September 2006 zu berücksichtigen. Danach ergebe sich ein Gewinn in Höhe von 0,– Euro.
Hinsichtlich der USt-Bescheide wendet der Antragsteller ein, die USA-Umsätze für die Firma G Inc. seien im Ausland ausgeführt worden und unterlägen daher gemäß § 3a Abs. 2 UStG nicht der USt.
Schließlich stelle die Vollziehung der Bescheide aufgrund der finanziellen Verhältnisse des Antragstellers eine unbillige Härte dar.
Die Antragsteller beantragen,
die Vollziehung der ESt-Änderungsbescheide 2000-2004 sowie der USt-Bescheide 2000, 2001, 2003 und 2004 vom 16. August 2008 in Gestalt der EE vom 30. Juni 2011 in voller Höhe auszusetzen.
Das FA beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Es verweist im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung, sowie auf sein Schreiben vom 20. Oktober 2011 in der Hauptsache.
Entscheidungsgründe
II.
D...