Entscheidungsstichwort (Thema)
Terminsgebühr für Besprechung mit einem nicht entscheidungsbefugten Behördenvertreter. Erledigungsgebühr im finanzgerichtlichen Verfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Gericht hält daran fest, dass nur Besprechungen unter Beteiligung eines im konkreten Fall entscheidungsbefugten Vertreters des zuständigen Finanzamts die Terminsgebühr auslösen können.
2. Die Beteiligung eines nicht entscheidungsbefugten Bediensteten (hier der Sachbearbeiterin der Rechtsbehelfsstelle) steht dem gleich, wenn dieser seine in der Besprechung vertretene Position zuvor mit einem entscheidungsbefugten Vertreter (hier dem Sachgebietsleiter der Rechtsbehelfsstelle) abgestimmt hatte.
3. Das Gericht hält daran fest, dass die Erledigungsgebühr im erstinstanzlichen finanzgerichtlichen Verfahren nach Nrn. 1002 i. V. m. 1003 VV RVG mit dem Faktor 1,0 zu bemessen ist. Eine entsprechende Anwendung der Nr. 1004 VV RVG, die für Berufungs- und Revisionsverfahren eine 1,3 Erledigungsgebühr vorsieht, kommt nicht in Betracht.
Normenkette
FGO §§ 139, 149; VV RVG Nrn. 1002-1004
Tenor
1. Unter Änderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 20. April 2010 (Kostenliste Nr. 2/51/2010) werden die der Erinnerungsführerin als Klägerin im Verfahren entstandenen und zu erstattenden notwendigen Aufwendungen auf einen Betrag von insgesamt 728,04 EUR festgesetzt. Der Erstattungsbetrag ist ab dem 2. Februar 2010 mit 5 v. H. über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
2. Die Entscheidung ist gerichtsgebührenfrei. Die Auslagen des Gerichts sowie die außergerichtlichen Aufwendungen haben die Erinnerungsführerin zu 20 v. H. und der Erinnerungsgegner zu 80 v. H. zu tragen.
Tatbestand
I.
Das Verfahren … wegen Einkommensteuer 2007 (Untätigkeitsklage) wurde aufgrund einer Einigung der Beteiligten im Einspruchsverfahren durch übereinstimmende Erledigungserklärungen außergerichtlich beigelegt. Die Kosten des Verfahrens wurden mit Beschluss des zuständigen Berichterstatters vom 4. Dezember 2009 der Erinnerungsführerin und dem Erinnerungsgegner (dem Finanzamt – FA –) zu je ein Halb auferlegt. Der Streitwert (und Gegenstandswert für die außergerichtlichen Kosten) wurde auf 2 023 EUR festgesetzt.
Am 2. Februar 2010 (Eingang bei Gericht) reichte der Bevollmächtigte der Erinnerungsführerin einen Kostenfestsetzungsantrag ein, in dem er für das gerichtliche Verfahren u. a. eine 1,2 Terminsgebühr und eine 1,3 Erledigungsgebühr beanspruchte. Auf den Inhalt des Schreibens vom 29. Januar 2010 wird verwiesen.
Das FA hielt die Voraussetzungen für die Festsetzung der Terminsgebühr nicht für gegeben, weil keine Besprechung mit dem im konkreten Fall entscheidungsbefugten Beklagtenvertreter erfolgt sei. Auch eine Erledigungsgebühr sei nicht anzusetzen (Schreiben vom 1. März 2010).
Demgegenüber wies der Bevollmächtigte der Erinnerungsführerin darauf hin, er habe am 10. November 2009 mit der Beklagtenvertreterin Frau S. ein Telefonat geführt, in dem es insbesondere um die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie um die Opfergrenze und deren konkrete Höhe gegangen sei. Für ihn sei nicht erkennbar gewesen, wer auf Seiten des FA entscheidungsbefugt sei. Dem Schreiben beigefügt ist ein Schreiben des Bevollmächtigten vom 10. November 2009 an das FA, in dem er unter Bezugnahme auf das mit Frau S. geführte Telefonat mit deren Erledigungsvorschlag einverstanden erklärt.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte mit Beschluss vom 20. April 2010 (Kostenliste Nr. 2/51/2010) die der Erinnerungsführerin gemäß § 149 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu erstattenden Aufwendungen auf einen Betrag von insgesamt 260,97 EUR fest. Dabei berücksichtigte er eine 1,0 Erledigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG. Den Ansatz der geltend gemachten Terminsgebühr lehnte er ab, weil es sich bei Frau S. um die Sachbearbeiterin der Rechtsbehelfsstelle und damit nicht um die entscheidungsbefugte Amtsträgerin gehandelt habe. Auf den Inhalt des Kostenfestsetzungsbeschlusses und dessen Begründung wird Bezug genommen. Der Beschluss ging der Erinnerungsführerin laut Empfangsbekenntnis am 21. April 2010 zu.
Mit Schreiben vom 21. April 2010 (Eingang bei Gericht: 22. April 2010) – auf dessen Inhalt verwiesen wird – legte die Erinnerungsführerin Erinnerung ein, mit der sie ihr Begehren auf Festsetzung der Terminsgebühr und auf Festsetzung einer 1,3 Erledigungsgebühr nach Nr. 1004 VV RVG weiterverfolgt.
Das FA hat sich zu der Erinnerung nicht geäußert.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Erinnerung hat teilweise Erfolg.
1. Die Prüfung der Kostenfestsetzung durch den Urkundsbeamten (soweit nicht Gegenstand des Erinnerungsverfahrens) führt zu keiner Beanstandung durch das Gericht. Insofern wird auf den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. April 2010 Bezug genommen.
2. Hinsichtlich der Terminsgebühr ist die Erledigung begründet.
a) Die Voraussetzungen für die Entstehung der Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV RVG ergeben sich aus Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG. Danach entsteht ...