Entscheidungsstichwort (Thema)
Beseitigung der doppelten Rechtshängigkeit durch Verbindung der später erhobene Klage mit der früher erhobenen Klage zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung
Leitsatz (redaktionell)
Ergeht während des Klageverfahrens ein Änderungsbescheid, der nach § 68 Satz 1 FGO Verfahrengegenstand wird, legt der Steuerpflichtige gleichwohl auch gegen den Änderungsbescheid Einspruch ein und erhebt er gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung erneut Klage, so ist die deswegen eingetretene doppelte Rechtshängigkeit dadurch zu beseitigen, dass die später erhobene Klage mit der früher erhobenen Klage nach § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wird.
Normenkette
FGO §§ 66, 68 S. 1, § 73 Abs. 1 S. 1
Tenor
1. Die beiden Verfahren unter den Aktenzeichen 13 K 1356/02 und 13 K 1042/04 werden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
2. Die verbundenen Verfahren werden unter dem Aktenzeichen 13 K 1356/02 weitergeführt.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehegatten.
Im Klageverfahren unter dem Aktenzeichen (Az.) 13 K 1356/02 war ursprünglich Streitgegenstand der geänderte Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 11. Dezember 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2002. Während dieses Klageverfahrens hat der Beklagte – das Finanzamt (FA) – am 25. November 2002 einen Einkommensteueränderungsbescheid für 1999 erlassen. In der Rechtsbehelfsbelehrung dieses Bescheides vom 25. November 2002 hat das FA darauf hingewiesen, dass ein Einspruch gegen diesen Steuerbescheid unzulässig sei, weil er Gegenstand des Klageverfahrens werde […}.
Die Kläger haben gegen diesen Einkommensteueränderungsbescheid für 1999 vom 25. November 2002 dennoch Einspruch eingelegt. Mit Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2003 hat das FA den Einspruch als unzulässig verworfen. Hiergegen haben die Kläger mit Schriftsatz vom 28. Juli 2003 Klage erhoben. Die Klage wurde zusammen mit der Klage i.S. Einkommensteuer 2000 und 2001 unter dem Az. 13 K 3098/03 erfasst, da alle Klagen im selben Schriftsatz erhoben wurden.
Mit Beschluss vom 11. März 2004 hat der Senat die Streitsache Einkommensteuer 1999 wegen des Einkommensteueränderungsbescheids für 1999 vom 25. November 2002 und der Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2003 abgetrennt. Diese Streitsache wird nun unter dem Az. 13 K 1042/04 geführt. Mit Gerichtsbescheid vom 17. Mai 2004 hat der Berichterstatter die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig abgewiesen, denn der Einkommensteueränderungsbescheid für 1999 vom 25. November 2002 sei Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens in Sachen Einkommensteuer 1999 unter dem Az. 13 K 1356/02 geworden.
Mit Schriftsatz vom 26. Juni 2004 haben sich die Kläger gegen den Gerichtsbescheid gewendet und mündliche Verhandlung beantragt.
Das FA ist der Auffassung, dass die Klage i.S. Einkommensteuer 1999 unter dem Az. 13 K 1042/04 wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig sei. Zur weiteren Begründung verweist das FA auf seine Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2003.
Entscheidungsgründe
II.
Die beiden Verfahren unter den Aktenzeichen (Az.) 13 K 1356/02 und Az. 13 K 1042/04 werden nach § 73 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
Die vorliegende Klage i.S. Einkommensteuer 1999 aus dem Schriftsatz vom 28. Juli 2003 unter dem Az. 13 K 1042/04 führte zu einer doppelten Rechtshängigkeit (BFH-Urteil vom 8. Oktober 1985 VIII R 78/82, BStBl II 1986, 302 unter 2.), denn der Einkommensteuerbescheid 1999 war bereits – wegen § 68 Satz 1 FGO – Gegenstand der Klage unter dem Az. 13 K 1356/02. Der Zustand der doppelten Rechtshängigkeit ist jedoch in Fällen wie dem vorliegenden anders als durch Abweisung der zweiten Klage – wie im Gerichtsbescheid vom 17. Mai 2004 geschehen – zu beenden.
Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist in Fällen wie dem Streitfall, in denen beide Klagen bei ein und demselben Senat eines Finanzgerichts erhoben wurden, das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit durch Verbindung der beiden Sachen zu beseitigen. Zu diesem Ergebnis gelangt man, wenn man den Anspruch des Klägers auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gegen den Zweck der Klagesperre abwägt. Letzterer besteht darin, unnötige Doppelarbeit der Gerichte und des Beklagten zu verhindern und der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen vorzubeugen. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass es sich bei finanzgerichtlichen Klagen – anders als bei Klagen vor den Zivilgerichten – um Rechtsbehelfe gegen behördliche Entscheidungen handelt. Formfehlerhafte Klagen können zum Verlust des Rechtsbehelfs führen, wenn nicht innerhalb der Klagefrist eine formgültige Klage nachgeschoben wird. Demgegenüber tritt der Gesichtspunkt der Mehrbelastung des Gerichts oder des Beklagten sowie die Gefahr divergierender Entscheidungen in den Fällen doppelter Rechtshängigkeit bei ein und demselben S...