rechtskräftig

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Außenprüfungen werden grundsätzlich von den für die Besteuerung zuständigen FA durchgeführt. Es können aber auch andere FA mit der Außenprüfung beauftragt werden (§ 195 S. 2 AO).

2. Das beauftragte FA ist zum Erlass der Prüfungsanordnung befugt, aus der sich die Ermessenserwägungen für den Auftrag ergeben müssen.

3. Die Erteilung eines Auftrages an ein anderes FA ist eine Ermessensentscheidung, die das für die Besteuerung zuständige FA zu treffen hat; das beauftragte FA darf insoweit keine eigene Ermessensentscheidung treffen.

4. Das beauftragte FA darf auch über einen Einspruch gegen die Prüfungsanordnung entscheiden.

5. Die Ausdehnung einer Betriebsprüfung wegen zu erwartender nicht unerheblicher Steuernachforderungen (§ 4 Abs. 2 BpO) setzt bei einem Mittelbetrieb voraus, dass mit Mehrsteuern von mindestens 1.533,87 EUR für das Kalenderjahr zu rechnen ist.

6. Ob mit einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung; sie müssen die Prognose wahrscheinlich machen, dass sich solche Nachforderungen ergeben werden. Dabei muss das FA alle ihm bekannten Umstände einbeziehen.

7. Bei der Frage, ob eine Prüfungsanordnung erweitert werden darf, bedarf es aber seitens des FA keiner abschließenden Prüfung der sich aus den Feststellungen der beabsichtigten Außenprüfung ergebenden materiell-rechtlichen Fragen.

 

Normenkette

AO § 195 Sätze 1-2, § 194 Abs. 1 S. 2, § 196; BpO § 4 Abs. 3; FGO § 69 Abs. 3, 2, § 102

 

Tenor

1. Die Erweiterung der Prüfungsanordnung vom 5. Juli 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. September 2013 wird hinsichtlich der Außenprüfung über die Einkommensteuer 2008 wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit für die Dauer des Klageverfahrens von der Vollziehung ausgesetzt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner jeweils zur Hälfte.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin (AStin) wird beim Finanzamt [… C-Stadt], als dem zuständigen Wohnsitzfinanzamt, zur Einkommensteuer veranlagt. Der Antragsgegner – das Finanzamt (FA) – ist, als Tätigkeitsfinanzamt, zuständig für die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit.

Mit Prüfungsanordnung vom 4. April 2013 ordnete das FA bei der AStin eine steuerliche Außenprüfung an, die sich auf die Einkommensteuer sowie die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit für die Jahre 2009 bis 2011 erstrecken sollte. Mit Verwaltungsakt vom 5. Juli 2013 erweiterte das FA die Prüfungsanordnung vom 4. April 2013 auf das Jahr 2008. Die Erweiterung des Prüfungszeitraumes begründete das FA unter Hinweis auf § 4 Abs. 3 Satz 2 Betriebsprüfungsordnung (BpO) damit, dass mit einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei. Den gegen die Erweiterung des Prüfungszeitraumes gerichteten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 9. September 2013 zurück.

Dagegen richtet sich die von der Klägerin erhobenen Klage (Az. 10 K 2902/13).

Mit Verfügung vom 15. November 2013 hat das FA die beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Erweiterung der Prüfungsanordnung abgelehnt.

Die Antragstellerin beantragt,

die Erweiterung der Prüfungsanordnung vom 5. Juli 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. September 2013 wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit für die Dauer des Klageverfahrens von der Vollziehung auszusetzen, hilfsweise die Beschwerde zuzulassen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Einspruchsentscheidung vom 9. September 2013 sowie die vorgelegten Akten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist teilweise begründet.

1. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe, die teilweise ernstliche Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes (Bundesfinanzhof – BFH – Beschluss vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298), der Erweiterung des Prüfungszeitraumes auf das Jahr 2008, begründen, und zwar aus folgenden Erwägungen:

a) Gemäß § 193 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) ist eine steuerliche Außenprüfung bei Steuerpflichtigen, die – wie die AStin – freiberuflich tätig sind, zulässig.

aa) Außenprüfungen werden von den für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden durchgeführt (§ 195 Satz 1 AO). Sie können andere Finanzbehörden mit der Außenprüfung beauftragen (§ 195 Satz 2 AO). Die beauftragte Finanzbehörde darf anstelle der an sich zuständigen Finanzbehörde die Außenprüfung durchführen; sie ist zum Erlass der Prüfungsanordnung befugt, aus der sich die Ermessenserwägungen für den Auftrag ergeb...

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