Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuerpflicht eines Kfz-Gutachters. Schätzung der Umsatzsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Kfz-Gutachter, der nicht die Ausbildung eines Ingenieurs hat, ist nur dann freiberuflich und nicht gewerblich tätig, wenn er nachweist, dass er über die von einem Ingenieur geforderten Fachkenntnisse verfügt und eine entsprechend qualifizierte Tätigkeit ausübt (BFH,Urteil v. 9.7.1992, IV R 116/90, BStBl II 1993, 100).

2. Eine Schätzung der Umsatzsteuer, bei der sich das Finanzamt an den erklärten steuerpflichtigen Umsätzen des Vorjahres orientiert und diese um einen Zuschlag von 20 % sowie die Vorsteuer des Vorjahres um 30 % kürzt, ist rechtmäßig.

3. Nach der Rechtsprechung des BFH erweist sich eine Schätzung erst dann als rechtswidrig, wenn sie den durch die Umstände des Einzelfalles gezogenen Schätzungsrahmen verlässt; wird die Schätzung erforderlich, weil der Steuerpflichtige – wie im Streitfall – seiner Erklärungspflicht nicht genügt, kann sich das Finanzamt sogar an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens orientieren, weil der Steuerpflichtige möglicherweise Einkünfte verheimlichen möchte (BFH,Urteil v. 13.7.2000, IV R 55/99, BFH/NV 2001, 3).

 

Normenkette

AO §§ 162, 149; UStG § 18 Abs. 3; GewStG § 2 Abs. 2

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller ist als selbstständiger Kfz-Gutachter tätig und wurde in den Streitjahren vom Antragsgegner (dem Finanzamt) zur Abgabe von Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärungen aufgefordert. Nachdem er – wie bereits in den Vorjahren – dieser Aufforderung nicht nachkam, schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) stehenden Bescheiden über Umsatzsteuer und Gewerbesteuermessbetrag vom 18. Oktober 2005 (2003) und 13. März 2006 (2004). In der Folge wurde für 2003 keine Steuererklärung eingereicht. Für 2004 wurden eine Gewinnermittlung und eine Umsatzsteuererklärung vorgelegt. Eine Gewerbesteuererklärung reichte der Antragsteller nicht ein, da er die Auffassung vertrat, keine gewerbliche Tätigkeit auszuüben. Das Finanzamt erließ daraufhin am 25. August 2006 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbescheid für 2004. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb weiterhin bestehen.

Am 10. Juli 2007 führte das Finanzamt beim Antragsteller eine betriebsnahe Veranlagung durch. Da dem Prüfer keine Unterlagen vorgelegt wurden, schätzte dieser den Gewinn aus Gewerbebetrieb für 2003 auf 60.000 EUR und für 2004 auf 50.000 EUR. Die Umsatzsteuer schätzte er auf 11.360 EUR für 2003 und auf 10.360 EUR für 2004. Aufgrund der Prüfung erließ das Finanzamt am 17. August 2007 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Dagegen erhob der Antragsteller Einspruch. Er teilte insbesondere mit, dass die Schätzungen viel zu hoch und damit willkürlich und unzulässig seien. Die Steuerunterlagen könnten nicht vorgelegt werden, da diese in einem Prozess über Erbstreitigkeiten benötigt würden. Bei seinen Einkünften als Kfz-Gutachter handle es sich um Einkünfte aus selbständiger Arbeit und nicht um gewerbliche Einkünfte.

Das Finanzamt wies mit Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2008 den Einspruch als unbegründet zurück. Der Antragsteller erhob dagegen Klage, über die der Senat noch nicht entschieden hat.

Nach erfolgloser Antragstellung beim Finanzamt beantragt er

die Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide 2003 und 2004 vom 17. August 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2008 wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit.

Das Finanzamt beantragt,

die Ablehnung des Antrags.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bericht über die betriebsnahe Veranlagung vom 18. Juli 2007, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist unbegründet. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der Bescheide (vgl. Bundesfinanzhof – BFH – Beschluss vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2000, 298), und zwar aus folgenden Erwägungen:

1. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO wird die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise ausgesetzt, wenn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung soll als summarisches, abgekürztes Verfahren der Eilbedürftigkeit der beantragten Maßnahmen gerecht werden. Es ist daher nur nach Aktenlage und aufgrund der präsenten Beweismittel zu entschei...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge