Entscheidungsstichwort (Thema)
Überschreiben eines DBA verstößt nicht gegen Grundgesetz
Leitsatz (redaktionell)
Die einseitig geltende Doppelbesteuerungsabkommen überschreibende Rückfallregelung des § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG ist nicht verfassungswidrig. Er diskriminiert nicht, sondern stellt Gleichheit erst her, indem er eine „Keinmal-Besteuerung” verhindert.
Normenkette
DBA-GBA Art. 11 Abs. 5; EStG § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner – dem Finanzamt (FA) – ob § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auf die Besteuerung des Antragstellers anzuwenden ist, oder ob diese Vorschrift wegen Verstoßes gegen das Grundgesetz oder das Gemeinschaftsrecht nicht angewendet werden darf.
Der Antragsteller wohnt in München und erzielte im Streitjahr 2008 Arbeitslohn aus einer Tätigkeit als Flugzeugführer bei der US-Fluggesellschaft A in London in Höhe von 137.857 EUR (unstreitige Umrechnung von der Landeswährung). Am Stützpunkt London hatte er nach Angabe keinen Wohnsitz und war daher in Großbritannien nur beschränkt steuerpflichtig. Ausweislich der vorgelegten Gehaltsbescheinigungen und britischen Steuerunterlagen wurde in Großbritannien nur ein Teilbetrag von 38.104,42 EUR (unstreitige Umrechnung von der Landeswährung) versteuert. Dies entspricht einem gerundeten Anteil am Gesamtlohn von 28%. Unbesteuert blieb somit ein Betrag von rd. 99.573 EUR.
Das FA ermittelte im nunmehr streitgegenständlichen, im Klageverfahren ergangenen, Änderungsbescheid vom 14. Juni 2011 die der deutschen Besteuerung zugrunde zu legenden Einkünfte aus dem in Großbritannien nichtversteuerten Betrag in Höhe von 99.537 EUR abzüglich eines entsprechenden Anteils der Werbungskosten in Höhe von 4.796 EUR (berechnet aus mittlerweile unstreitigen Gesamtwerbungskosten in Höhe von 6.662 EUR * 72%), ergibt 94.957 EUR. Die bereits in Großbritannien versteuerten Beträge berücksichtigte es im Rahmen des Progressionsvorbehalts und setzte die ESt auf 34.226 EUR fest.
Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit dem Begehren, diese Einkünfte in Deutschland freizustellen und die britischen Einkünfte lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehaltes einzubeziehen.
Der streitauslösende Einkommensteuer-(ESt-)Bescheid vom 22. Januar 2010 und die ablehnende Einspruchsentscheidung (EE) vom 4. November 2010 enthielten – ebenso wie der Bescheid über die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung (AdV) vom 24. Februar 2010 und die hierzu ergangene EE (ebenfalls vom 4. November 2010) – noch abweichende Beträge (festgesetzte ESt: 35.753 EUR). Die Zahlen des der Entscheidung zugrunde zu legenden Änderungsbescheides vom 14. Juni 2011 sind nunmehr unstreitig und die anderen Streitpunkte ausgeräumt. In der Hauptsache hat der Antragsteller Ruhen des Verfahrens beantragt.
Seinem Antrag auf AdV an das Gericht begründet der Antragsteller im Wesentlichen damit, dass die Überschreibung des Doppelbesteuerungsabkommens durch den Gesetzgeber in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG gegen das Grundgesetz und die Niederlassungsfreiheit des Rechts der EU verstoße. Wegen der Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen verwiesen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß nur noch,
die Vollziehung des ESt-Bescheids für 2008 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 14. Juni 2011 in voller Höhe auszusetzen;
hilfsweise die Beschwerde zum BFH zuzulassen.
Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es verweist im Wesentlichen auf die auf die EE
Entscheidungsgründe
II.
Das Gericht legt den AdV-Antrag dahingehend aus, dass er sich nur gegen die ESt richtet. Der Solidaritätszuschlag ist bei Aussetzung der ESt vom FA ohnehin von Amts wegen auszusetzen (§ 69 Abs. 2 Satz 4 Finanzgerichtsordnung – FGO). Die Nennung des Solidaritätszuschlags und seine betragsmäßige Einbeziehung in den Antrag sprechen zwar für ein umfassenderes Aussetzungsbegehren. Für die auf die ESt eingeschränkte Auslegung spricht jedoch nach Auffassung des Senats entscheidend, dass der Antrag hinsichtlich Solidaritätszuschlag mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig abgewiesen werden müsste und der Kläger auch inhaltlich keine Einwendungen gegen den Solidaritätszuschlag erhebt, die über die gegen die ESt erhobenen hinausgehen.
1. Der Antrag ist nicht begründet.
Bei summarischer Prüfung anhand der präsenten Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel i. S. des § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts bestehen, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Der AdV-Antrag ist bereits dann begrün...