Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsschutzbedürfnis bei der Aussetzung der Vollziehung eines Folgebescheids. Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag als Betriebsvermögen
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der im Rechtsschutzverfahren gegen die Steuerfestsetzung gebotenen isolierten rechtlichen Betrachtung muss der Gesichtspunkt einer korrespondierenden künftigen Änderung des aktuell noch verbindlichen Grundlagenbescheids zunächst außer Betracht bleiben. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Aussetzung der Vollziehung eines Erbschaftsteuerbescheids kann daher auch dann bestehen, wenn der streitgegenständliche Versicherungsanspruch zwar nicht mehr als Privatvermögen der Erblasserin zu erfassen wäre, dafür aber Eingang in die gesonderte Feststellung des Werts des Anteils an einem Betriebsvermögen finden würde.
2. Ausnahmsweise können Ansprüche und Verpflichtungen aus einem Lebensversicherungsvertrag dem Betriebsvermögen zuzuordnen sein, wenn der Zweck der Vertragsgestaltung darin besteht, Mittel für die Tilgung betrieblicher Kredite anzusparen und das für Lebensversicherungen charakteristische Element der Absicherung des Todesfallrisikos bestimmter Personen demgegenüber in den Hintergrund tritt.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 2-3; AO § 182 Abs. 1 S. 1; EStG § 4 Abs. 1; ErbStG § 13a
Tenor
1.) Der Antrag wird abgelehnt.
2.) Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin
Tatbestand
I.
Streitig ist im Hauptsacheverfahren, ob der Antragsgegner bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer gegen die Antragstellerin aufgrund des am 3.05.2014 eingetretenen Erbfalles den Wert der infolgedessen fällig gewordenen Auszahlung einer Lebensversicherung der Erblasserin zu Unrecht als Teil der steuerpflichtigen Bemessungsgrundlage berücksichtigt hat.
Der vorgelegten Behördenakte sowie dem Sachvortrag der Beteiligten lässt sich im Wesentlichen folgender Sachverhalt entnehmen:
Die Antragstellerin ist Alleinerbin ihrer am 3.05.2014 verstorbenen Mutter, K (im weiteren als Erblasserin bezeichnet). Der Nachlass der Erblasserin umfasste die Beteiligungen an der Fa. K GmbH & Co. KG und an der I KG – jeweils mit Sitz in … –, einschließlich des letzterer gehörenden Wohnungseigentums in X, zwei Wertpapierdepots, ein Bankguthaben, verschiedene unstreitige Forderungen und bewegliche Gegenstände, und nicht zuletzt den Wert des Auszahlungsanspruches einer von der Erblasserin bei der B Lebensversicherungs-AG abgeschlossenen Lebensversicherung (Nr. …) in der unstreitigen Höhe von 652.313,– EUR. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 21.11.2012 hatte die K GmbH & Co. KG, an der als Kommanditisten zu diesem Zeitpunkt die Erblasserin zu 7/10, die Antragstellerin, sowie M und J zu je 1/10 beteiligt waren, das ihr gehörende Grundstück in X in Wohnungseigentum umgewandelt und dieses der I Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) – der späteren I KG –, an der wiederum die Erblasserin, die Antragstellerin und G als Gesellschafter beteiligt waren, zu Eigentum übertragen. Als Gegenleistung für die Übertragung des Grundstückes hatte die K GmbH & Co. KG laut o.g. notarieller Urkunde eine Forderung gegen die Erblasserin in Höhe von 800.000 EUR erhalten, zu deren Ausgleich letztere ihre Rechte aus der o.g. Lebensversicherung bei der B Lebensversicherungs-AG erfüllungshalber an die K GmbH & Co. KG übertragen hatte, die ihrerseits die Abtretung angenommen hatte.
Auf die am 18.06.2015 beim Antragsgegner eingereichte Erbschaftsteuererklärung setzte dieser mit Steuerbescheid vom 26.01.2016 die Erbschaftsteuer der Antragstellerin zunächst auf 184.053.– EUR fest. Die Steuerfestsetzung erfolgte zeitlich vor der Durchführung der verbindlichen Feststellung der im einzelnen feststellungsbedürftigen Besteuerungsgrundlagen. Für die Beteiligung am Betriebsvermögen der K GmbH & Co. KG gewährte der Antragsgegner der Antragstellerin hierbei einen Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) sowie einen Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG. Der Anspruch aufgrund der o.g. Lebensversicherung war als Teil der steuerpflichtigen Bemessungsgrundlage berücksichtigt. Mit Schreiben vom 18.02.2016 legte die Antragstellerin hiergegen mit der Begründung Einspruch ein, der Anspruch aus der Lebensversicherung sei nicht als Privatvermögen, sondern infolge der Abtretung an die K GmbH & Co. KG als deren Betriebsvermögen zu erfassen und unterläge deshalb den Ermäßigungsvorschriften des § 13a ErbStG. Zudem optierte die Antragstellerin in ihrem Einspruchsschreiben gemäß § 13a Abs. 8 ErbStG zur vollständigen Steuerbefreiung des erworbenen Betriebsvermögens. Dem gleichzeitigen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gab der Antragsgegner insoweit statt, als er durch Bescheid vom 25.02.2016 den Erbschaftsteuerbescheid in Höhe von 135.053,– EUR befristet bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung aussetzte.
Während des bislang noch nicht abgeschlossenen Einspruchsverfahrens änderte der Antragsgegner die Erbschaftsteuerfestsetzung insgesa...