Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung der Zinsfestsetzung zur Einkommensteuer wegen fehlender hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit
Leitsatz (redaktionell)
Ein Verwaltungsakt, der auch nach Auslegung nicht hinreichend bestimmt ist, ist gem. § 125 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 AO nichtig. Ausschlaggebend für die Auslegung ist der objektive Erklärungsinhalt der getroffenen Regelung, wie ihn der Steuerpflichtige nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte.
Normenkette
AO 1977 § 125 Abs. 1, 2 Nr. 2, § 233a Abs. 3, 5, 4; FGO § 69 Abs. 3
Tatbestand
Streitig ist im Hauptsacheverfahren die Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Zinsen zur Einkommensteuer 1992 im geänderten Einkommensteuerbescheid vom 14. 6. 1999 wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit.
Wegen des Sachverhalts im einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung vom 10. 11. 1999, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Antragsteller beantragen die Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Zinsfestsetzung zur Einkommensteuer 1992 vom 14. 6. 1999 in Höhe von 52.320 DM wegen ernstlicher Zweifel an dessen Wirksamkeit bzw. Rechtmäßigkeit.
Der Antragsgegner (Finanzamt) beantragt die Ablehnung des Antrags.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist zulässig.
Das gilt, obwohl die Antragsteller mit der AdV des Zinsbescheids zur Einkommensteuer 1992 die AdV eines Folgebescheids begehren (§ 233a Abs. 3, 5 Abgabenordnung). Grundsätzlich ist ein Antrag auf AdV eines Folgebescheides zwar unzulässig (BFH vom 29. 10. 1987 VIII R 413/83, BFHE 151, 319, BStBl II 1988, 240, 242). Das betrifft aber nur einen Antrag, in dem sich ein ASt zur Begründung seines Antrags auf die zweifelhafte Rechtmäßigkeit des Grundlagenbescheids beruft (vgl. BFH vom 15. 4. 1988 III R 26/86, BFHE 153, 98, BStBl II 1988, 660, 661). Im vorliegenden Fall richten sich die Bedenken der ASt jedoch nicht gegen die Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheids 1992, also des Grundlagenbescheids. Sie bestreiten vielmehr die Wirksamkeit der Festsetzung der Zinsen zur Einkommensteuer 1992 selbst wegen fehlender hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit. Ein damit begründeter Antrag ist zulässig.
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 FGO an der Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit des Bescheids über Zinsen zur Einkommensteuer 1992 vom 14. 6. 1999 (vgl. BFH vom 10. 2. 1967 III B 9/66, BStBl III 1967, 182), und zwar aus folgenden Erwägungen:
Den ASt ist zwar zuzustimmen, daß ein Verwaltungsakt, der - auch nach Auslegung - inhaltlich nicht hinreichend bestimmt ist, nach § 125 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 AO nichtig ist. Fehlende inhaltliche Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes wird dadurch gekennzeichnet, daß dem Verwaltungsakt nicht hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird (BFH vom 25. 9. 1990 IX R 84/88, BFHE 162, 4, BStBl II 1991, 120). Ergeben sich, wie von den ASt vorgetragen, lediglich Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit des Ausspruchs, führt dieser Mangel aber nur dann zur Annahme der Nichtigkeit des Verwaltungsaktes, wenn der Mangel auch im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung der Begründung und des Kontextes nicht beseitigt werden kann (vgl. Tipke / Kruse, Kommentar zur AO/FGO, 16. Aufl., § 119 Tz. 5). Ausschlaggebend für die Auslegung ist dabei nach ständiger Rechtsprechung des BFH der objektive Erklärungsinhalt der getroffenen Regelung, wie ihn der Steuerpflichtige nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. BFH vom 18. 7. 1994 X R 33/91, BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4, 7).
Danach bestehen keine ernstlichen Zweifel an der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit der Festsetzung über Zinsen zur Einkommensteuer 1992 vom 14. 6. 1999.
Im Streitfall hat das Finanzamt die Zinsfestsetzung mit dem Bescheid für 1992 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 14. 6. 1999 nach § 233a Abs. 4 AO verbunden. Dies ergibt sich zwar, worauf die ASt zu Recht hinweisen, nicht aus der Überschrift dieses Bescheides. Die Verbindung der Zinsfestsetzung mit der Einkommensteuerfestsetzung war aber auch für einen fachlich nicht vorgebildeten Steuerpflichtigen dem mit Festsetzung / Art der Steuerfestsetzung überschriebenen festsetzenden Teil des Einkommensteuerbescheids vom 14. 6. 1999, den Erläuterungen zur Festsetzung sowie der Rechtsbehelfsbelehrung des Steuerbescheids zu entnehmen.
Daß die Festsetzung der Zinsen in der Überschrift des Steuerbescheids nicht aufgeführt ist, steht ihrer inhaltlichen Bestimmtheit nicht entgegen. Maßgeblich für die inhaltliche Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes ist der jeweilige Ausspruch, d. h. der verfügende Teil der Verwaltungsentscheidung (vgl. Tipke / Kruse, a. a. O., § 118 Tz. 50). Die ASt konnten jedoch aus der ...