Entscheidungsstichwort (Thema)

Datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch gegenüber dem Finanzamt

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Rechtsweg zu den Finanzgerichten ist für den Anspruch aus Art. 15 DSGVO eröffnet.

Der Auskunftsanspruch richtet sich nicht auf Volltexte in der der Steuerakte.

 

Normenkette

DSGVO Art. 15 Abs. 1, Art. 2, 4; AO § 32i Abs. 2, § 33 Abs. 1, §§ 2a, 32a, 32b, 32c

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob ein Anspruch der Klägerin aus Art. 15 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) besteht, welchen Umfang dieser Anspruch hat und ob er durch die Gewährung von Einsichtnahme in einzelne Dokumente bzw. Überlassung von Kopien erfüllt wurde.

1. Die Klägerin ist eine Bank, (…).

2. Die Klägerin erhielt am ….2019 ein auf den ….2019 datiertes Schreiben des Finanzamts X, Steuerfahndungsstelle (im Folgenden: Steuerfahndung). Darin wurden der Klägerin eine Vielzahl von Ermittlungsergebnissen mitgeteilt, die sich inhaltlich auf gewisse Investmentfonds beziehen, für die die Klägerin im Jahr 2010 als Depotbank fungiert hatte. Das Schreiben kündigte an, dass die steuerlichen Folgen bei der Klägerin gezogen werden sollten. Mit dem Schreiben übersandt wurden steuerliche Kurzberichte über die Änderung der Kapitalertragsteuer-Anmeldungen der Klägerin in Steuersachen verschiedener Investmentfonds (wegen der genauen Auflistung mit dem Schreiben übersandten Unterlagen wird auf die von der Klägerin eingereichte Anlage K2 – Klageakte Blatt 32 – verwiesen).

3. Unter Bezugnahme auf das vorgenannte Schreiben beantragte die Klägerin mit Schreiben vom ….2019 beim Beklagten – dem Finanzamt – Gewährung rechtlichen Gehörs und Akteneinsicht. Letzteren Anspruch leitete die Klägerin aus § 91 Abgabenordnung (AO), bzw. einem Anspruch auf Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen, sowie hilfsweise aus § 32c AO und Art. 15 Abs. 3 DSGVO her.

4. Mit Schreiben vom ….2019 verwies das Finanzamt darauf, dass der Antrag auf Akteneinsicht in die Ermittlungsakte der Steuerfahndung nach § 147 Abs. 5 Strafprozessordnung (StPO) bei der Staatsanwaltschaft X zu stellen sei. Eine Einsicht in die Kapitalertragsteuerakte lehnte das Finanzamt ab, da der gesamte Inhalt dieser Akte der Klägerin bereits bekannt sei. Der Kapitalertragsteuerstelle lägen die bereits übersandten Ermittlungsberichte der Investmentfonds vor. Es sei beabsichtigt, die Ergebnisse dieser Ermittlungsberichte der Besteuerung zugrunde zu legen und die betroffenen Kapitalertragsteueranmeldungen entsprechend zu ändern. Die Klägerin habe die Möglichkeit, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen bis zum ….2019 zu äußern. Über den Antrag nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO werde in Kürze ein gesondertes Schreiben ergehen.

Gegen diesen Ablehnungsbescheid erhob die Klägerin Einspruch (Anlage K7, Klageakte Blatt 117), über den noch nicht entschieden ist.

5. Mit Schreiben vom ….2019 lehnte das Finanzamt den hilfsweise gestellten Auskunftsantrag nach der DSGVO ab (Klageakte Blatt 45). Es begründete die Ablehnung damit, dass die Kapitalertragsteuerakte ausschließlich Unterlagen beinhalte, die der Antragstellerin bereits bekannt seien. Alle anderen aufgeführten Unterlagen seien Inhalt von Ermittlungsakten in einem Steuerstrafverfahren, das von der Staatsanwaltschaft X geführt werde. Diesbezüglich sei schon zweifelhaft, ob Art. 15 DSGVO auf die Ermittlungsakten überhaupt Anwendung finde, da nach Art. 2 Abs. 2 d DSGVO, § 2a Abs. 4 AO die DSGVO keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten finde. Selbst wenn dies der Fall wäre, ständen einer Auskunftserteilung die §§ 32c Abs. 1 Nr. 1, 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a, Satz 2, § 32a Abs. 2 AO – Gefährdung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung – entgegen. Durch die Akteneinsicht könne nicht ausgeschlossen werden, dass dadurch Informationen offenbar würden, die die Klägerin oder die Investmentfonds in die Lage versetzen könnten, steuerlich bedeutsame Sachverhalte zu verschleiern, steuerlich bedeutsame Spuren zu verwischen, oder Rückschlüsse auf geplante Kontroll- oder Prüfungsmaßnahmen zulassen, und damit die Aufdeckung steuerlich bedeutsamer Sachverhalte wesentlich zu erschweren. Im Übrigen komme dieser Ausnahme von der Auskunftspflicht in einer Ex-post-Betrachtung besondere Bedeutung zu, da nach aktuellem Kenntnisstand zwischenzeitlich gegen die Klägerin ein Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft X eingeleitet worden sei. Im Übrigen verwies das Finanzamt auf das Akteneinsichtsrecht nach § 147 StPO. Ein solcher Antrag wäre jedoch bei der Staatsanwaltschaft zu stellen.

6. Mit Schreiben vom ….2019 erhob die Klägerin Klage gegen die Ablehnung der Auskunft auf Grundlage des Art. 15 Abs. 3 DSGVO durch den Bescheid vom ….2019.

Sie verfolgt darin ihr Ziel weiter, eine Kopie der auf die Klägerin bezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitun...

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