Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorläufiger Rechtsschutz gegen Arrestanordnung. Aussetzung der Vollziehung in Sachen Arrestanordnung vom 02.05.2002
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach Ablauf der in § 324 Abs. 3 AO vorgesehenen Monatsfrist für die Vollziehung der Arrestanordnung fehlt wegen der ohnehin nicht mehr statthaften Vollziehung für den Antrag auf Ausetzung der Vollziehung das Rechtsschutzinteresse.
2. Eine Aufhebung der Vollziehung kommt nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Werts der erlangten Sicherheit in Betracht.
Normenkette
AO § 324 Abs. 1, 3; FGO § 69 Abs. 3, 2, § 40 Abs. 2
Tenor
1. Die Vollziehung der Arrestanordnung vom 2.5.2002 wird für die Dauer der Rechtshängigkeit der Hauptsacheklage beim Finanzgericht München gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 664.000 EUR aufgehoben.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu ½ und der Antragsgegner zu ½
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin (AStin) betreibt einen Großhandel mit Textilien und Geschenkartikeln.
Aufgrund der Feststellungen anlässlich einer am 10.5.1999 bei der AStin begonnenen Außenprüfung erließ der Antragsgegner (Finanzamt –FA–) zur Sicherung der Vollstreckung von Steuerforderungen und Nebenleistungen der Jahre 1993 bis 1996 in Höhe von insgesamt 1.590.474 DM (= 813.196,44 EUR) am 2.5.2002 eine Arrestanordnung. Aufgrund der Arrestanordnung sind zwischenzeitlich auch bereits Vollstreckungsmaßnahmen in Form von Pfändungen und Eintragung von Arresthypotheken durchgeführt worden. Die Klage gegen die Arrestanordnung, mit der die AStin geltend macht, dass weder ein Arrestanspruch noch ein Arrestgrund gegeben sei, ist beim Senat noch anhängig (Az. 13 K 2749/02). Gleichzeitig mit der Klage hat die AStin auch Antrag auf Aufhebung bzw. Aussetzung der Vollziehung gestellt.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom 19.12.2002, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die AStin beantragt,
die Vollziehung der Arrestanordnung vom 2.5.2002 wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit auszusetzen bzw. aufzuheben.
Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag hat nur teilweise Erfolg.
1. Antrag auf Aussetzung der Vollziehung
Gegen die Arrestanordnung ist zwar grundsätzlich vorläufiger Rechtsschutz nach § 69 Abs. 3 und 2 FGO gegeben, weil die Arrestanordnung ein vollziehbarer Verwaltungsakt ist (vgl. BFH-Beschluss vom 20.3.1969 V B 5/69, BStBl II 1969, 399; Tipke/Kruse, AO, § 324 Tz. 68). Nach Ablauf der in § 324 Abs. 3 AO vorgesehenen Monatsfrist für die Vollziehung der Arrestanordnung fehlt jedoch wegen der inzwischen ohnehin nicht mehr statthaften Vollziehung für den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung das Rechtsschutzbedürfnis (§ 40 Abs. 2 FGO; vgl. Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 4.10.1973 B VI 15/73, EFG 1974, 25).
2. Antrag auf Aufhebung der Vollziehung
Der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ist auch nach Ablauf der Monatsfrist für die Vollziehung des Arrests zulässig. Für ihn besteht jedenfalls dann ein Rechtsschutzinteresse, wenn – wie im Streitfall – das FA durch die Arrestvollziehung eine Sicherheit erlangt hat, die geringer ist als die Lösungssumme (vgl. Finanzgericht Köln, Beschluss vom 27.4.1988 10 V 215/88, EFG 1988, 524).
Der Antrag ist auch begründet.
Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden überschlägigen Beurteilung des aktenkundigen Sachverhalts treten neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Streitsache in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht bewirken (§ 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO; vgl. BFH-Beschlüsse vom 15.1.1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994; 24.2.2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298).
a) Nach § 324 Abs. 1 Satz 1 AO kann das FA zur Sicherung der Vollstreckung von Geldforderungen nach den §§ 249 bis 323 AO den Arrest in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen anordnen, wenn zu befürchten ist, dass sonst die Beitreibung vereinzelt oder wesentlich erschwert wird. Voraussetzung für die Anordnung eines dinglichen Arrests ist somit das Vorliegen eines Arrestanspruchs und eines Arrestgrundes.
Bei summarischer Prüfung bestehen im Streitfall Zweifel, ob ein Arrestgrund vorliegt. Ein Arrestgrund besteht, wenn zu befürchten ist, dass ohne sofortige Sicherung die Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Dabei kommt es auf die Gesamtheit der Umstände an (vgl. Tipke/Kruse, AO, § 324 Tz. 14 m.w.H.). Ein Arrestgrund kann zum Beispiel vorliegen, wenn der Steuerpflichtige sein gesamtes Vermögen ins Ausland verbringt. Eine wesentliche Erschwerung der Vollstreckung ist nämlich bereits dann zu besorgen, wenn ein späteres Leistungsgebot im Ausland vollstreckt werden müsste, falls nicht durch Arrestanordnung im Inland die Beitreibung in Vermögensgegenstände des Steuerpflichtigen gesichert wäre (vgl. BFH-Urteil vom 2...