Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilfreistellung gemäß § 20 Abs. 1 InvStG auch auf Verluste anwendbar und nicht verfassungswidrig. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VIII R 31/23)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Teilfreistellung gemäß § 20 Abs. 1 InvStG findet auf alle Ertragsarten (§ 16 Abs. 1 InvStG) eines Investmentfonds Anwendung, gleichermaßen, wenn negative Erträge bzw. Verluste erzielt werden mit der Folge, dass die Teilfreistellung (auch) den steuerlich anzusetzenden Verlust mindert bzw. dass nur die um eine Teilfreistellung geminderten Verluste aus der Veräußerung von Investmentanteilen steuerlich zu berücksichtigen sind (Anschluss an Teilziffer 20.2 des BMF, Schreiben v. 21.5.2019, IV C 1-S 1980-1/16/10010:001, BStBl 2019 I S. 527). Verluste aus der Veräußerung von Investmentanteilen sind ebenfalls als Investmenterträge im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 3 InvStG einzuordnen, da der Gewinnbegriff auch Verluste umfasst.

2. § 20 Abs. 1 Satz 1 InvStG verstößt gegen keine verfassungsrechtlichen Grundsätze, insbesondere nicht denjenigen der Steuergerechtigkeit. Die Entscheidung des Gesetzgebers, jedwede nach dem 1.1.2018 eingetretene Wertveränderung bei Alt-Anteilen der Teilfreistellung zu unterwerfen, also auch nach dem 1.1.2018 bis zum Veräußerungszeitpunkt eingetretene Verluste, ist folgerichtige Konsequenz der Teilfreistellung hinsichtlich der erzielten Gewinne aus dem Verkauf/ Rückgabe eines Investmentfonds.

 

Normenkette

EStG § 32d Abs. 1, § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 9; InvStRefG § 6 Abs. 8 S. 1, § 20 Abs. 1; InvStG 2018 § 16 Abs. 1 Nr. 3, § 20 Abs. 1 S. 1, § 56 Abs. 2, 3 S. 1, Abs. 8 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Höhe der Kapitaleinkünfte des Klägers im Streitjahr 2019, welche der Kapitalertragsteuer zu unterwerfen sind.

Die Kläger sind verheiratet und werden vom Beklagten (dem …– Finanzamt –) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr 2019 gemäß der Erträgnisaufstellung über Kapitalerträge wie der entsprechenden Steuerbescheinigung (Steuerbescheinigung 2019) jeweils seiner Bank (Bank D)[1] Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. … EUR (Kapitalerträge 2019); unter Berücksichtigung eines Freistellungsauftrages sowie angerechneter Quellensteuer führte die Bank D hierzu entsprechend – rechnerisch unstreitig zutreffend – Kapitalertragsteuer i.H.v. … EUR ab (abgeführte Kapitalertragsteuer 2019).

Die Kapitalerträge 2019 resultierten u.a. aus dem Gewinn des Klägers aus der Veräußerung und Einlösung von … Anteilen an einem Investmentfonds (Aktienfonds), welche der Kläger im Jahr 2014 zu Anschaffungskosten i.H.v. (… EUR =) … EUR (Anschaffungskosten 2014) erworben hatte (Fondsanteile 2014). Im Rahmen der Abrechnung dieser Anteilerückgabe (Veräußerung 2019) mit einem Veräußerungserlös i.H.v. … EUR[2] (Veräußerungserlös 2019) berücksichtigte die Bank D unter Verweis auf die Vorschriften des Investmentsteuerreformgesetzes (InvStRefG)[3] zunächst

  • • eine fiktive Veräußerung der Fondsanteile 2014 zum 31. Dezember 2017, aus welcher sich unter Berücksichtigung

    • ○ des Kurses und damit eines (fiktiven) Veräußerungswertes zu diesem Stichtag i.H.v. … EUR (Veräußerungswert 2017) sowie
    • ○ unstreitiger Veräußerungsgewinnänderungen i.H.v. (… EUR =) … EUR,

    ein fiktives Veräußerungsergebnis per 31. Dezember 2017 i.H.v. … EUR (fiktiver Veräußerungsgewinn 2017) ergab, sowie

  • • einen für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zur Veräußerung 2019 unter Ansatz

    • ○ des Veräußerungswertes 2017 als fiktive Anschaffungskosten zum 1. Januar 2018 sowie
    • ○ des Veräußerungserlöses 2019

    rechnerisch angefallenen Veräußerungsverlust des Klägers i.H.v. … EUR (Veräußerungsverlust 2018/2019).

Diesen Veräußerungsverlust 2018/2019 verringerte die Bank D anschließend

  • • um eine Teilfreistellung (im steuerlichen Ergebnis zulasten des Klägers) i.H.v. 30 % dieses Veräußerungsverlustes 2018/2019 (rechnerisch i.H.v. … EUR [Teilfreistellung 2019])
  • • auf somit rechnerisch … EUR (teilfreigestellter Veräußerungsverlust 2018/2019),

um schließlich

  • • unter Kürzung des fiktiven Veräußerungsgewinnes 2017
  • • um den (um die Teilfreistellung 2019 verringerten) teilfreigestellten Veräußerungsverlust 2018/2019

den kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalertrag des Klägers aus der Veräußerung 2019 i.H.v. … EUR zu ermitteln. Nach Abzug der Kirchensteuer auf Kapitalertragsteuer führte die Bank D vom verbleibenden Restbetrag i.H.v. … EUR u.a. Kapitalertragsteuer i.H.v. … EUR ab.

In seiner Anlage KAP zur gemeinsamen Einkommensteuererklärung der Kläger für 2019 erklärte der Kläger u.a. seine sich aus der Steuerbescheinigung 2019 ergebenden Kapitalerträge i.H.v. … EUR, korrigierte diesen Betrag jedoch um die Teilfreistellung 2019 i.H.v. … EUR auf nunmehr … EUR; zur Begründung verwies der Kläger darauf, dass er nicht einsehe, warum er höhere Kapitalerträge versteuern solle, als er erhalten habe. Das Finanzamt wich bei der Veranlagung für 2019 insoweit von der Einkommen...

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