Entscheidungsstichwort (Thema)
Datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch gegenüber dem Finanzamt. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: IX R 34/21)
Leitsatz (redaktionell)
Der Steuerpflichtige hat gegenüber dem Finanzamt einen Anspruch auf Auskunft nach Art. 15 DSGVO. Er richtet sich auf Überlassung einer Kopie der in Datenbanken gespeicherten Daten, gewährt aber keinen Anspruch auf Akteneinsicht. Hinsichtlich einzelner Datenbereiche ist die Auskunft nach §§ 32a-32c AO beschränkt.
Normenkette
DSGVO Art. 15; AO §§ 32a, 32b, 32c
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 9/10, der Beklagte zu 1/10.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob das Finanzamt nach § 15 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verpflichtet ist, dem Kläger Auskunft über die von ihm verarbeiteten personenbezogenen Daten zu geben und ob die gegebenen Auskünfte hinreichend waren, sowie insbesondere die Frage, ob ein solcher Anspruch auch ein Recht auf Akteneinsicht bzw. Überlassung einer Kopie der Steuerakten umfasst.
Der Kläger beantragte mit am 29.10.2019 beim Beklagten – dem Finanzamt – eingegangenem Schreiben Akteneinsicht gem. Art. 15 Abs. 1 2. Halbsatz, Abs. 2 DSGVO und die Zurverfügungstellung einer Kopie gem. Art. 15 Abs. 3 DSGVO, sowie möglicherweise vorhandener Hand- und Nebenakten. Daneben beantragte er Übersendung von Kopien der Steuerbescheide seit 2009. Mit Schreiben vom 05.11.2019 übersandte ihm das Finanzamt Zweitschriften dieser Bescheide, soweit sie durch das Finanzamt erlassen worden waren, und nicht durch das für den Betrieb des Klägers zuständige Finanzamt Luckenwalde.
Mit einem mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 17.12.2019 gewährte das Finanzamt die beantragte Auskunft, in dem es eine Grunddaten-Übersicht, sowie eine eDaten-Übersicht übersandte. Es verwies auf die Möglichkeit des Belegabrufs über das Elster-Portal. Eine darüber hinaus gehende Akteneinsicht bzw. Überlassung von Kopien der Akte lehnte das Finanzamt mit der Begründung ab, dass Art. 15 DSGVO keine Rechtsgrundlage für ein Akteneinsichtsrecht biete.
Mit seiner am 15.01.2020 bei Gericht eingegangenen Klage richtet sich der Kläger gegen das Finanzamt, sowie das bayerische Landesamt für Steuern und das Bayerische Ministerium der Finanzen und für Heimat, mit dem Ziel, die begehrte Akteneinsicht bzw. erweiterte Auskunft zu erreichen.
Nach dem Wechsel der Finanzamtszuständigkeit habe der Kläger beim neu zuständig gewordenen Finanzamt Luckenwalde ohne Probleme auf Grundlage der DSGVO Akteneinsicht nehmen können. Dabei habe sich herausgestellt, „dass nicht nur materiell-rechtlich wissentlich falsch veranlagt worden sei, sondern auch Akten dahingehend manipuliert” worden seien, dass „Anträge aus der Akte genommen worden und als gar nicht gestellt in die Aktennotiz geschrieben” worden seien. Dies, „obwohl Zugangsnachweise und sogar Antworten des Finanzamts beim Kläger” vorlägen. Es seien „entgegen vorhandener Aktenlage falsche Tatsachen in die Akten geschrieben” und „vorgebrachte Beweismittel nicht angelegt” worden. Unter Unterdrückung von Urkunden – einer gesamten Umsatzsteuer Sonderprüfungsakte, welche diesen Sachverhalt ohne Beanstandungen geprüft gehabt habe – sei willkürlich ein Strafverfahren eingeleitet worden. An das Landesamt für Steuern habe das Finanzamt „entgegen den Tatsachen” „falsche Behauptungen geschrieben”. Diese Vorhaltungen könnten samt und sonders mittels Urkunden belegt werden. Auch könne das Gericht Akten der Staatsanwaltschaft Memmingen unter dem Aktenzeichen 220 Js 66/19 beiziehen. Sämtlichen Behörden lägen die erweiterten Strafanträge und Dienstaufsichtsbeschwerden vor. Nebenbei mute es seltsam an, dass bei einer Dienstaufsichtsbeschwerde derjenige, gegen den Beschwerde erhoben worden sei, den Untersuchungsbericht gegen sich selbst schreibe und unterzeichne und dabei noch wissentlich falsche Tatsachen behaupte, um sich von strafrechtlichen Vorwürfen zu exkulpieren. Insofern sei „der Anspruch auf Einsicht in personenbezogene Daten und vor allem auch deren Berichtigung oder Löschung der gesetzlich geregelte Anspruch der DSGVO”.
Es liege nicht mehr im Ermessen der Behörde, welche Daten und Akten eingesehen werden dürften. Es gehe darum, dass – wie bereits in den Akten des oben genannten Strafverfahrens nachgewiesen sei – wissentlich falsche Tatsachen zu den Akten gelangt und Urkunden unterdrückt worden seien. Ohne auch nachvollziehen zu können, welche dieser Informationen nach wie vor falsch seien oder nicht vorhanden, könne das Recht auf Berichtigung nach Art. 16 DSGVO und unter Umständen auch § 32f Abgabenordnung (AO) nicht wahrgenommen werden. Es gehe nicht darum, eine Erleichterung der Buchführung zu err...