rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Progressionsvorbehalt nicht EU-rechtswidrig

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Progressionsvorbehalt verstößt nicht gegen die Dienstleistungsfreiheit oder die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Er führt nicht zu einer Diskriminierung, sondern verhindert eine Begünstigung.

 

Normenkette

EStG § 32b Abs. 1 Nr. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 19.07.2010; Aktenzeichen I B 10/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob § 32b EStG wegen Verstoßes gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit im Streitfall nicht zur Anwendung kommen darf.

Die Klägerin zu 1) ist wird vom Beklagten – dem Finanzamt (FA) – für die Streitjahre 1999 bis 2002 mit ihrem verstorbenen Ehemann zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt. Die Kläger zu 2) bis 4) sind Erben des Verstorbenen.

Der Verstorbene erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Unternehmensberater/Management-Trainer. Diese Tätigkeit übte er sowohl im Inland als auch im Ausland (Österreich) aus.

Aufgrund einer Außenprüfung für die Streitjahre minderte das FA die Betriebsausgaben um diejenigen Beträge, die auf die steuerfreien österreichischen Entnahmen entfallen. Entsprechend zog es diese Betriebsausgaben bei den steuerfreien ausländischen Einkünften ab. Die gezahlte österreichische Pauschalsteuer rechnete es den ausländischen Einkünften hinzu und berücksichtigte die entsprechend geänderten Beträge im Rahmen des Progressionsvorbehaltes. Darüber hinaus erhöhte das FA die ausländischen Betriebseinnahmen um Erlöse aus der Schweiz. Außerdem erhöhte das FA die inländischen Betriebseinnahmen um Privatanteile für Telefonnutzung. Die Erhöhung der Privatanteile ist nicht mehr streitig. Im Einzelnen noch streitig waren danach:

Im Ergebnis legte das FA den Änderungsbescheiden für 1999 bis 2001 vom 26. Oktober 2004 und für 2002 vom 4. November 2004 folgende Gewinne zugrunde:

Der Einspruch der Kläger blieb in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 24. April 2008 ohne Erfolg.

Mit ihrer Klage tragen die Kläger vor,

die Regelung des Progressionsvorbehaltes sei wegen Verstoßes gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht mit EU-Recht zu vereinbaren und daher im Streitfall nicht anzuwenden. Eine Besteuerung des gesamten Einkommens in Deutschland wäre für den Kläger günstiger gekommen, als eine teilweise Besteuerung in Österreich und eine teilweise Besteuerung in Deutschland bei durch Progressionsvorbehalt höherem Steuersatz.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung der Änderungsbescheide zur Einkommensteuer für 1999 bis 2001 vom 26. Oktober 2004 und für 2002 vom 04. November 2004 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 24. April 2008, die Einkommensteuer für diese Jahre neu festzusetzen und dabei die bislang für Zwecke des Progressionsvorbehaltes berücksichtigten österreichischen Einkünfte in Höhe von 92.665 DM (1999), 82.138 DM (2000), 91.954 DM (2001) und 46.006 EUR (2002) nicht mehr in denselben einzubeziehen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bezieht sich im Wesentlichen auf die EE, auf die wegen der dortigen Rechtsausführungen im Einzelnen verwiesen wird.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 15. Juni 2009 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

In der mündlichen Verhandlung am 4. Dezember 2009, auf deren Niederschrift verwiesen wird, hat die Klägervertreterin ausgeführt, dass der österreichische Fiskus mittlerweile eine normale Veranlagung nach dem österreichischen Steuerrecht für alle Streitjahre durchgeführt habe. Dabei sei bei der festgesetzten Steuer die zuvor abgeführte Pauschalsteuer angerechnet worden. Gegen den Ansatz der Schweizer Einkünfte wenden sich die Kläger nicht mehr. Die Klägervertreterin hat Kopien dieser österreichischen Bescheide eingereicht, auf die verwiesen wird.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist nicht begründet.

1. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die durchgeführte Besteuerung dem deutschen Recht unter Einschluss des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) mit Österreich entspricht – vorbehaltlich der von den Klägern geltend gemachten Europarechtswidrigkeit der Berücksichtigung der österreichischen Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts. Insbesondere erlaubt Art. 23 Abs. 1 Buchstabe a) DBA Österreich 2000 (bzw. Art. 15 Abs. 3 des vorhergehenden DBA) die Berücksichtigung der freigestellten Einkünfte durch den deutschen Gesetzgeber bei der Bestimmung des Steuersatzes, mit anderen Worten den Einbezug in den Progressionsvorbehalt.

2. Das FA hat die österreichischen Einkünfte zu Recht im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32b Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) berücksichtigt. Diese Vorschrift verstößt nicht gegen das Recht der Europäischen Union, insbesondere nicht gegen nicht gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 ff. des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Amtsblatt der Europäischen Union [ABl.EG] C 321 E 37) bzw. Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsw...

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