Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.11.1995; Aktenzeichen VII R 58/95)

 

Tenor

1. Unter teilweiser Aufhebung der verbindlichen Auskunft vom 6.9.1993 wird der Beklagte verpflichtet, der Klägerin die verbindliche Auskunft zu erteilen, daß auch die vom 1.1.1991 bis zum 31.12.1992 ausgeübte Berufstätigkeit die in § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG bestimmten Voraussetzungen erfüllt.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der beim Beklagten (Bekl) gebildete Zulassungsausschuß im Rahmen einer von der Klägerin (Klin) begehrten verbindlichen Auskunft zu Unrecht eine zweijährige Tätigkeit nicht als hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet der von Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG anerkannt hat.

Die Klin hat folgenden einschlägigen beruflichen Werdegang:

Am 10.3.1986 legte sie die Steuerfachgehilfenprüfung und am 13.1.1990 die Bilanzbuchhalterprüfung ab.

Vom 1.4.1986 bis zum 31.8.1986 war sie als Steuerfachgehilfin in einer Steuerberatungskanzlei tätig.

Vom 1.9.1986 bis 31.8.1987 war sie in einem Wollgroßhandel für die Buchführung einschließlich der Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen sowie der Lohnsteueranmeldungen verantwortlich.

Vom 1.9.1987 bis zum 31.3.1990 und vom 1.4.1990 bis zum 31.12.1990 war sie wiederum in Steuerberatungskanzleien als Steuerfachgehilfin tätig.

Vom 1.1.1991 bis zum 31.12.1992 – den hier streitigen Zeitraum – war die Klin als Leiterin des Rechnungswesens der Firma A Vertriebs-Cooperation GmbH & Co. KG (künftig: „A”) beschäftigt. Nach dem Zeugnis vom 1.6.1993, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, gehörte zu ihren Aufgabengebieten der Aufbau des Rechnungswesens, insbesondere die Einrichtung der Finanzbuchhaltung einschließlich des zentralen Abrechnungssystems für die Händlerorganisation. Ferner gehörte zu ihren Tätigkeiten die Erstellung von Monatsabschlüssen, die Terminüberwachung im Debitoren- und Kreditorenbereich, die Organisation von Arbeitsabläufen und die Bilanzvorbereitung. Zusätzlich war der Klin ab dem 1.1.1992 die Leitung der Lohnbuchhaltung einschließlich der Ausschreibung von Stellenangeboten und der Vorauswahl von Bewerbern übertragen.

In einem Schreiben vom 8.8.1993 schildert die Klin ihre Tätigkeit bei der A ergänzend wie folgt:

„Organisation der Buchhaltung eines neugegründeten Unternehmensverbands mit den Geschäftsbereichen

  • Großhandel mit Unterhaltungselektronik
  • Verband von Einzelhändlern (Zweck: Erlangung günstigerer Einkaufsbedingungen und Bonusbedingungen)
  • Verband von Einzelhändlern zur Koordinierung von gemeinsamen Dienstleistungsprogrammen (gemeinsame Werbeaktionen, Seminare etc.).

Die Buchhaltung erfolgte mit Hilfe eines individuellen Buchhaltungsprogramms, das auf die speziellen Bedürfnisse der Unternehmen zugeschnitten war. Zur Erledigung der Routinearbeiten waren mir 2 Mitarbeiterinnen unterstellt, die die Verbuchung der Debitoren, Kreditoren und der einfacheren Geschäftsvorfälle vornahmen. Meine Aufgabe bestand neben der Überwachung der Mitarbeiter und Klärung von steuerlichen Fragen u.a. in der Verbuchung von Unternehmens internen Abrechnungen, der Überprüfung der Konten, der Erstellung der Monatsabschlüsse mit Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen und der Erstellung der Gehaltsabrechnungen einschließlich Lohnsteueranmeldungen mit Beurteilung von lohnsteuer- und sozialversicherungsrelevanten Problemstellungen.

Während einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung war ich Ansprechpartner für den Prüfer. In Zusammenarbeit mit dem Steuerberater erarbeitete ich die für die Jahresabschlüsse notwendigen Zahlen.”

Seit dem 1.1.1993 ist die Klin wiederum als Steuerfachgehilfin in einer Steuerberatungskanzlei tätig.

Auf die Anfrage der Klin, wann sie zur Steuerberater-Prüfung zugelassen werden könne, erteilte ihr der beim Bekl gebildete Zulassungsausschuß mit Schreiben vom 6.9.1993, auf das hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird, die verbindliche Auskunft, daß die in der Zeit vom 1.4.1986 bis zum 31.12.1990 ausgeübten Tätigkeiten, also insgesamt 4 Jahre und 9 Monate als einschlägige Tätigkeiten im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG angerechnet würden. Nicht berücksichtigt werden könne dagegen die vom 1.1.1991 bis zum 31.12.1992 bei der A ausgeübte Tätigkeit, weil es sich hierbei nicht um eine Tätigkeit auf dem Gebiet der von Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern im Sinne der Neufassung des § 36 StBerG handele. Nach dem vorgelegten Zeugnis und der ergänzenden Schilderung der Klin müsse davon ausgegangen werden, daß die auf dem Gebiet der von Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern liegenden Tätigkeiten nicht den Hauptinhalt der beruflichen Tätigkeit gebildet hätten. Einschlägig se...

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