rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabefrist für eigene Steuererklärung eines Beraters
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Berater im Sinne des § 3 StBerG und § 4 StBerG kommt bei seiner eigenen Einkommensteuererklärung nicht in den Genuss der (bis zum letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres) verlängerten Abgabefrist des § 149 Abs. 3 Nr. 1 AO in der Fassung des BestVerfModG v. 18.7.2016, BGBl. 2016 I S. 1679. Die Vorschrift gilt erstmals für nach dem 31.12.2017 beginnende Besteuerungszeiträume. Er hat seine Einkommensteuererklärung innerhalb der regulären Abgabefrist des § 149 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 AO abzugeben, also spätestens sieben Monate nach Ablauf eines Kalenderjahres.
2. Dies gilt auch dann, wenn der Berater aufgrund Zusammenveranlagung mit seiner Ehefrau eine gemeinsame Steuererklärung gemäß § 25 Abs. 3 Satz 2 EStG erstellt.
3. Gegenüber für Besteuerungszeiträume bis 2017 abzugebenden Steuererklärungen ändert sich insofern mit der Übernahme der verlängerten Abgabefristen für beratene Fälle ins Gesetz im Wesentlichen nur die Dauer der Abgabefrist.
Normenkette
AO § 149 Abs. 2, 3 Nr. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob im Zusammenhang mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2018 § 149 Abs. 3 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) anzuwenden war.
Der Kläger, der bis zu Beginn seiner Freistellungsphase am 1. November 2017 (Ende: 30. Juni 2019) gemäß seinem Altersteilzeitvertrag als angestellter Rechtsanwalt und Steuerberater tätig war und seither u.a. mit seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt, wird mit seiner Ehefrau bei dem Beklagten (dem Finanzamt – FA –) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Ausweislich der Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2016 und 2017 erzielte die Ehefrau Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aufgrund Vermietung dreier Objekte.
Mit Schreiben vom 28. Juli 2019 teilte der Kläger dem FA unter Beifügung einer Vollmacht der Ehefrau zur Vertretung in Steuersachen mit, dass ihn seine Ehefrau mit der Erstellung der Einkommensteuererklärung für 2018 beauftragt habe. Aufgrund der Beauftragung durch seine Ehefrau verlängere sich die Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2018 bis Ende Februar 2020. Hierzu teilte das FA dem Kläger mit Schreiben vom 1. August 2019 mit, dass die allgemeine Fristverlängerung bis zum 29. Februar 2020 für den Veranlagungszeitraum 2018 zwar gelte, wenn die Steuererklärungen u.a. durch Personen i.S.d. § 3 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) angefertigt würden. Handle es sich jedoch um die eigene Steuererklärung eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe und die des mit diesem zusammen veranlagten Ehepartners, gelte die allgemeine Fristverlängerung nicht. Es gelte die Abgabefrist bis zum 31. Juli 2019. Ein Antrag auf Fristverlängerung sei nicht gestellt worden. Darauf erwiderte der Kläger mit E-Mail vom 6. Oktober 2019, dass ihn seine Ehefrau mit der Erstellung der nur sie selbst betreffenden Unterlagen für die gemeinschaftliche Steuererklärung als Steuerberater und nicht als Ehegatte beauftragt habe, wozu sie auch befugt sei; auf Art. 6 des Grundgesetzes (GG) werde verwiesen. Abgesehen davon habe das Schreiben vom 28. Juli 2019 konkludent einen Antrag auf Fristverlängerung bis 28. Februar 2020 enthalten.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 2019 lehnte das FA den Antrag auf Fristverlängerung für die Abgabe der Steuererklärung 2018 ab. Zur Begründung führte es – auch unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 1. August 2019 – aus, dass der Fortgang und ordnungsgemäße Abschluss der Veranlagungsarbeiten der Fristverlängerung entgegenstehe, die Steuererklärung auch in Vorjahren verspätet abgegeben worden sei und sich in den Vorjahren erhebliche Abschlusszahlungen ergeben hätten. Daher bitte das FA darum, die Steuererklärung(en) bis spätestens zum 4. November 2019 einzureichen. Diese Bitte war mit folgenden Hinweisen versehen:
„Vorsorglich weise ich Sie darauf hin,
- [dass] wegen Nichtabgabe oder verspäteter Abgabe von Steuererklärungen gem. § 152 AO die Festsetzung eines Verspätungszuschlags von bis zu 25.000 EUR möglich ist. Die Höhe des Verspätungszuschlags ist maßgeblich von der Dauer der Fristüberschreitung abhängig.
- dass nach ergebnislosem Ablauf der vorstehenden Frist die Besteuerungsgrundlagen gem. § 162 AO geschätzt oder die Abgabe der Steuererklärungen durch Auferlegung eines Zwangsgeldes gem. § 328 AO erzwungen werden kann.
Die vorstehenden Maßnahmen können nach ergebnislosem Fristablauf ohne weitere Ankündigung ergriffen werden.”
Gegen die Anordnung der Abgabe der Steuererklärung bis zum 4. November 2019 legte der Kläger mit Schreiben vom 29. Oktober 2019 Einspruch ein. Da ihn seine Ehefrau mit der Erstellung der sie betreffenden Unterlagen für die Steuererklärung einschließlich des Mantelbogens beauftragt habe, gelte eine automatische Fristverlängerun...