Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzungsantrag bei verspätetem Zugang eines Einspruchsschreibens. Körperschaftsteuer 1991 und 1992. Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 30. September 1991 und zum 30. September 1992
Leitsatz (amtlich)
1. Der Absender trägt die Feststellungslast für den Zugang eines Einspruchsschreibens.
2. Als Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags wegen Versäumnis der Frist zur Einlegung eines Einspruchs reicht es nicht aus, wenn lediglich vorgetragen wird, der Prozessbevollmächtigte habe persönlich das Einspruchsschreiben in den Briefkasten eingeworfen.
Normenkette
AO § 355 Abs. 1, § 110 Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Streitig ist, ob der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) Einsprüche der Klägerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) in Liquidation, zu Recht aus verfahrensrechtlichen Gründen verworfen hat, ohne die Sach- und Rechtslage sachlich zu überprüfen.
Das FA erließ unter dem Datum vom 16. Dezember 1998 (Aufgabe zur Post) gegen die Klägerin u.a. je einen Körperschaftsteueränderungsbescheid für 1991 und 1992 sowie je einen Änderungsbescheid über die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 30. September 1991 und 1992. Ausweislich der bei den Akten befindlichen Postzustellungsurkunde wurden u. a. diese Bescheide dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 18. Dezember 1998 zugestellt.
Am 8. Februar 1999 (Frühleerung) ging beim FA ein unter dem Datum vom 5. Februar 1999 verfasstes Schreiben des Prozessbevollmächtigten ein. Darin nahm er Bezug auf den „Einspruch” gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1992 und 1991 sowie gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zum 30.09.1992 und 30.09.91”. Er vertrat die Auffassung, der Betriebsprüfer gehe von „falschen, in keinster Weise nachgewiesenen Sachverhaltsmerkmalen aus, so dass die Feststellungen des Betriebsprüfers ohne jeden rechtlichen Hintergrund” seien. Die Anlagegeschäfte seien ausschließlich durch die GmbH getätigt worden. Bis zur Entscheidung über die Rechtsbehelfe werde Aussetzung der Vollziehung der festgesetzten Nachzahlungsbeträge beantragt.
Hierauf teilte der zuständige Sachbearbeiter des FA dem Prozessbevollmächtigten im Schreiben vom 8. März 1999 mit, dass der nach Angabe eingelegte Einspruch im FA nicht vorliege. Ferner betreffe die vorgelegte Begründung nicht die den in diesem Verfahren streitigen Bescheiden zugrundeliegenden Änderungen. Im Bescheid 1992 sei eine Position in Höhe von … DM als verdeckte Gewinnausschüttung angesetzt worden (Änderung Gewinnvortrag und verwendbares Eigenkapital). Der Bescheid 1991 sei zu ändern gewesen, weil der Verlustrücktrag weggefallen sei. Eine Aussetzung der Vollziehung sei aus diesen Gründen „zur Zeit” nicht möglich.
Mit Schreiben vom 2. April 1999 übersandte der Prozessbevollmächtigte dem FA die Kopie eines an das FA gerichteten Schreibens, das unter dem Datum vom „04.01.1999” verfasst wurde. Darin heißt es wörtlich: „Namens und im Auftrag meiner o. g. Mandantin erhebe ich hiermit gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1991 und 1992 sowie gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zum 30.09.1991 und 30.09.1992, jeweils vom 16.12.1998, am 18.12.1998 bekanntgegeben EINSPRUCH. Der Rechtsbehelf wird durch gesonderten Schriftsatz begründet.”
Nunmehr gewährte das FA die von der Klägerin beantragte Aussetzung der Vollziehung. Auf die Verfügungen vom 27. April 1999 wird gemäß § 105 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verwiesen.
Am 12. Januar 2000 erließ das FA in Sachen „Körperschaftsteuerbescheide 1991 und 1992 vom 16.12.1998” und „Bescheide über die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 30.09.1991 und 30.09.1992 vom 16.12.1998” eine Einspruchsentscheidung. Darin wurden „die Einsprüche” als unzulässig verworfen. Zur Begründung führte das FA aus, das Einspruchschreiben vom 4. Januar 1999 sei erst am 1. April 1999 – und damit verspätet – beim FA eingegangen. Wiedereinsetzungsgründe seien nicht vorgebracht worden.
Am 20. Januar 2000 ging bei Gericht die vorliegende Klage wegen Körperschaftsteuer 1991 und 1992, wegen gesonderter Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 30. September 1991 und 1992 sowie wegen des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1995 ein. Die Klage wurde hinsichtlich dieses Streitpunkts zurückgenommen. Insoweit wurde das Verfahren abgetrennt und eingestellt (Beschluss vom 7. Februar 2001 …).
Die Klägerin beantragt, die Körperschaftsteuerbescheide 1991 und 1992 sowie die Bescheide über die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 30. September 1991 und 30. September 1992, jeweils vom 16. Dezember 1998, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2000, aufzuheben und die Veranlagungen jeweils unter Berücksichtigung der vorliegenden Steuererklärungen und Bilanzen durchzuführen.
Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.
…
II.
Die Klage… hat keinen Erfolg. Das FA hat der...