Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung
Leitsatz (amtlich)
Ergeht ein Änderungsbescheid aufgrund einer sog. tatsächlichen Verständigung, bei der einvernehmlich Schlussbilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Höhe des Gewinns eines Jahres festgelegt wurden, besteht kein Raum mehr, für einen Provisionsanspruch, der im Folgejahr storniert wurde, nachträglich eine Rückstellung zu bilden.
Normenkette
EStG § 5
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob für einen Provisionsanspruch, der im Folgejahr storniert wurde, nachträglich eine Rückstellung gebildet werden kann, wenn ein Änderungsbescheid aufgrund einer sog. tatsächlichen Verständigung ergangen ist, bei der einvernehmlich Schlussbilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Höhe des Gewinns festgelegt wurden.
Der Kläger ist als Versicherungsmakler tätig. Er ist außerdem u. a. als atypisch stiller Gesellschafter an einem Unternehmen seiner Ehefrau sowie an einer unter seinem Namen geführten Consultingfirma und als Gesellschafter-Geschäftsführer an einer GmbH beteiligt.
Nachdem der Kläger und seine Ehefrau trotz mehrfacher Aufforderung keine Einkommensteuererklärung für 1990 abgegeben hatten, schätzte der Beklagte (das Finanzamt … – FA –) die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom 18. Februar 1993 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 312.377,– DM fest. Bei den gewerblichen Einkünften des Klägers kam dabei ein Betrag in Höhe von 70.000,– DM zum Ansatz. Aufgrund der in der Folgezeit gemachten Angaben und eingelangten Beteiligungsmitteilungen ergingen mehrere Änderungsbescheide (Bescheid vom 11. Juni 1993, vom 21. März 1994 und vom 31. Januar 1997), in denen jeweils der Vorbehalt der Nachprüfung aufrecht erhalten wurde. Am 26. November 1997 erließ das FA einen endgültigen Einkommensteuerbescheid für 1990, in dem es bei den gewerblichen Einkünften des Klägers dem mit 55.098,– DM erklärten Gewinn des Klägers aus seiner Betätigung als Versicherungsmakler einen Übergangsgewinn in Höhe von 300.000,– DM sowie in Anlehnung an das Vorjahr einen weiteren Gewinn in Höhe von 150.000,– DM zuschätzte. Gegen den Bescheid legten der Kläger und seine Ehefrau Einspruch ein.
Für die Vorjahre 1987 bis 1989 waren zu diesem Zeitpunkt unter den Az. 12 K 4148/97, 12 K 4149/97 und 12 K 4150/97 Klagen des Klägers und seiner Ehefrau beim Finanzgericht München anhängig, in denen unter anderem unklare Verbuchungen und Verrechnungen im Zusammenhang mit dem Einzel- und den Beteiligungsunternehmen des Klägers streitig waren. Das Gericht hat in diesen Verfahren mit Beschlüssen vom 10. Juni 1999 bzw. vom 15. Juni 1999 den Buchsachverständigen am Finanzgericht München, …, mit der weiteren Sachaufklärung beauftragt. Der Einigungsvorschlag des Buchsachverständigen führte zu geänderten Bescheiden sowie zur Erledigungserklärung der Beteiligten in den anhängigen Verfahren.
Auf Wunsch der Beteiligten überprüfte der Buchsachverständige auch die Gewinnermittlung 1990 für die Einzelfirma des Klägers. Er erstellte hierzu eine Gewinnermittlung 1990 (Gewinn- und Verlustrechnung) sowie eine Bilanz zum 31. Dezember 1990. Unter Punkt 8 d der Niederschrift vom 09. Oktober 2000, die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers und vom vertretungsberechtigten Beamten des FA unterzeichnet wurde und auf die wegen der Weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, heißt es: „Das Finanzamt ändert den Einkommensteuerbescheid 1990 vom 26. November 1997 … gemäß (den Feststellungen unter) Buchst. a – c. Damit ist der Einspruch vom 10.12.1997 erledigt.” Mit Änderungsbescheid vom 31. Oktober 2000 entsprach das FA dem einvernehmlich angenommenen Einigungsvorschlag des Buchsachverständigen (Gewinn aus dem Einzelunternehmen des Klägers nunmehr 88.401,– DM). Der dennoch fortgeführte Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 2001).
Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen geltend gemacht: Bei der Überprüfung der Jahresabschlüsse zum 31. Dezember 1990 und 1991 sei festgestellt worden, dass in den Erlösen 1990 eine Provision für den Abschluss einer Lebensversicherung (Herr…) in Höhe von 101.850,– DM enthalten sei. Der Versicherungsvertrag sei jedoch – wie aus der schriftlichen Auskunft der Viktoria-Versicherung vom 24. April 2001 hervorgehe – in letzter Minute nicht zustande gekommen, weil die zu finanzierende Immobilie nicht erworben worden sei. Die Stornierung der Provision sei mit Diskontabrechnung vom 20. Februar 1991 erfolgt; dementsprechend seien die Erlöse 1991 gemindert worden. Für die Provision sei zum 31. Dezember 1990 eine Rückstellung in Höhe von 101.850,– DM zu bilden. Es entfalle dadurch die Gewerbesteuerrückstellung (11.790,– DM). In Höhe des Differenzbetrags (90.060,– DM) sei der Gewinn 1990 von bisher 88.401,– DM auf 1.659,– DM Verlust zu berichtigen. Eine Beibehaltung des bisher angesetzten Gewinns führe zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung. Es müsse daher e...