Entscheidungsstichwort (Thema)
„Grobes Verschulden i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO”. Einkommensteuer 1990 (Änderungsantrag)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob bei einer bestandskräftigen Veranlagung nachträglich noch Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie Arbeitsmittel in geschätzter Höhe als Werbungskosten in Abzug gebracht werden können.
Der Kläger (Kl) ist von Beruf Finanzanalyst. Er wird zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr waren beide kinderlos. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1990 gab der Kl bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln (2.237 DM) und für Arbeitsmittel (pauschal 150 DM) als Werbungskosten an. Im Einkommensteuerbescheid 1990 vom 16.8.1991, der hinsichtlich des Grundfreibetrags vorläufig erging, berücksichtigte der Beklagte (Finanzamt –FA–) diese Aufwendungen in der erklärten Höhe. Nicht berücksichtigt wurde ein pauschal in Höhe von ebenfalls 150 DM geltend gemachter Betrag für weitere Werbungskosten. Aufwendungen für ein Arbeitszimmer in seiner damaligen Eigentumswohnung in der G-Straße machte der Kl zunächst nicht geltend. Diese Wohnung (3 Zimmer, 79 qm) hatte der Kl im Jahr 1985 erworben und Ende 1992 wieder veräußert. Danach zog der Kl in eine Wohnung in der F-Straße.
Mit Schreiben vom 25.8.1991 legte der Kl gegen den Bescheid vom 16.8.1991 Einspruch ein. Mit Bescheid vom 15.10.1991 wurde den Einwendungen abgeholfen. Zuvor hatte der Kl auf der Berücksichtigung der 150 DM für „weitere Werbungskosten” nicht mehr bestanden. Zugleich wurde in diesem Bescheid die Vorläufigkeit auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ausgedehnt, mit Bescheid vom 10.3.1992 insoweit jedoch wieder eingeschränkt. Mit Einkommensteuerbescheid 1990 vom 31.1.1995 wurde die Veranlagung auch hinsichtlich der Höhe des Grundfreibetrags für endgültig erklärt. Die Höhe der Einkommensteuer wurde hierbei nicht geändert.
Gegen diesen Bescheid legte der Kl mit Schreiben vom 15.2.1995 erneut Einspruch ein. Mit diesem beantragte er, Repräsentations- bzw. Bewirtungsaufwendungen in noch zu bestimmender Höhe als weitere Werbungskosten in Abzug zu bringen. Mit Schreiben vom 9.3.1995 (versehen mit Rechtsbehelfsbelehrung) lehnte das FA eine Berichtigung des Bescheids ab. Gegen diese ablehnende Verfügung wurde mit Schreiben vom 2.4.1995 nochmals Einspruch eingelegt. Hierin machte der Kl zusätzlich noch die folgenden Aufwendungen in geschätzter Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend:
|
DM |
Fachliteratur |
200 |
Telefonkosten |
400 |
Kontoführungsgebühren |
30 |
AfA Arbeitszimmercouch |
118 |
Arbeitszimmer (17/79) |
3.200 |
|
3.948 |
Die Kosten des Arbeitszimmers basierten auf AfA (2 % aus ca. 200.000 DM Gebäudeanschaffungskosten), Zinsen (insgesamt ca. 6.000 DM) sowie Umlagen und Sonstiges (ca. 600 DM). Hinsichtlich der vom Kl auf gewandten Telefonkosten erhielt er im Streitjahr von seiner Arbeitgeberin (K-Bank) einen Zuschuß in Höhe von 324 DM.
Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 3.5.1995 wies das FA den Einspruch vom 15.2.1995 als unbegründet zurück. Mit EE vom 9.5.1995 wurde auch der Einspruch des Kl vom 2.4.1995 als unbegründet zurückgewiesen.
Am 20.6.1995 ging beim Finanzgericht ein Schreiben des Kl vom 18.6.1995 ein, in dem er vortrug, daß er bereits mit Schreiben vom 24.5.1995 Klage erhoben und die Klageschrift am 23.5.1995 zur Post gegeben habe. Wegen der Angabe der falschen Postleitzahl (81675 für das Postzustellamt statt zutreffend 81630 für das Postfach) sei die Klageschrift jedoch am 14.6.1995 wieder als unzustellbar zurückgekommen. Zum Nachweise fügte er die Klageschrift vom 24.5.1995 sowie einen Briefumschlag (DIN A 5) bei, der mit 2 DM frankiert ist und den Postvermerk „Nicht abverlangt – 8. Juni 1995 zurück” trägt. Der Briefumschlag ist am 23.5.1995 abgestempelt.
Im Schreiben vom 18.6.1995 beantragte der Kl Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Als Begründung trägt er vor, daß er die Klageschrift erst nach Ablauf der Klagefrist zurückerhalten habe und ihm daher eine fristgerechte Klageerhebung nicht mehr möglich gewesen sei. Es sei ihm nicht anzulasten, daß die Post nicht, wie normalerweise üblich, den Empfänger der Briefsendung ermittelt habe. Außerdem sei er bis 14.6.1995 in Urlaub in Italien gewesen. Zum Nachweis legte er eine Eurocard-Kreditkartenabrechnung vor, aus der sich ergibt, daß er am 13.6.1995 eine Hotelrechnung in Italien über umgerechnet 1.543,05 DM bezahlt hat.
Mit der Klage wird vorgetragen, daß eine Berichtigung des Einkommensteuerbescheids 1990 vom 31.1.1995 auch nach Eintritt der Bestandskraft gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO noch möglich sei, da ihn ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der neuen Tatsachen nicht treffe. Er sei der irrigen Meinung gewesen, daß das Vorhandensein einer Couch im Arbeitszimmer steuerschädlich sei. Tatsächlich sei dies jedoch nicht der Fall. A...