rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
„Regelmäßige” Nutzung einer festen Einrichtung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 DBA-Schweiz. Zurechnung von Einkünften zu einer festen Einrichtung. Art. 14 Absatz 1 DBA Schweiz. Einkommensteuer 1992
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Besteuerungsrecht der Schweiz für Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die ein in Deutschland ansässiger Steuerpflichtiger aus einer festen Einrichtung in der Schweiz bezieht, hängt gemäß Art. 14 Abs. 1 DBA Schweiz nicht davon ab, dass die Einrichtung innerhalb eines Kalenderjahres für mindestens 183 Tage oder einen anderen festen Zeitraum tatsächlich genutzt wird. Ausreichend ist, dass der Steuerpflichtige in der Lage ist, über die Einrichtung regelmäßig zu verfügen und sie nicht nur vorübergehend für seine eigenen Zwecke zu nutzen.
2. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Zurechnung von Einkünften aus selbständiger Arbeit zu einer festen Einrichtung ist, dass diejenigen Tätigkeiten, die für die Tätigkeit des Steuerpflichtigen prägend sind, am Ort der Einrichtung ausgeführt werden, dass also der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen in der festen Einrichtung liegt.
3. Kapitalerträge, die der Steuerpflichtige aus der Anlage der aus der selbständigen Tätigkeit erzielten Honorare in der Schweiz erwirtschaftet, sind nur dann der festen Einrichtung zuzurechnen, wenn das Kapital in einem funktionalen Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit steht, nicht dagegen, wenn die Kapitalerträge in gleicher Weise auch vom Ansässigkeitsstaat aus erzielt werden könnten.
Normenkette
DBA CHE Art. 14 Abs. 1, Art. 11 Abs. 1, 3
Tenor
1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 29. September 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Juli 2001 wird die Einkommensteuer 1992 auf 87.991,80 EUR (172.097 DM) festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 43 v. H. der Beklagte zu 57 v. H.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger sind Ehegatten, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Sie hatten im Streitjahr 1992 wie in den Jahren davor einen Familienwohnsitz in V.
Der Kläger war von April 1987 bis Ende März 1992 für die … (RA) in Z. als EDV-Projektleiter bei der Entwicklung und Installation einer auf die RA zugeschnittenen Versicherungssoftware selbständig tätig. Für die Dauer des Projektes standen ihm bei der RA in Z. Räumlichkeiten zur ausschließlichen Nutzung zur Verfügung. Seit 1988 hatte er in K. nahe Z. eine Wohnung angemietet, in der er ein Büro unterhielt. Er erhielt in der Schweiz jeweils sog. Kurzaufenthaltsbewilligungen für jeweils längstens 180 Tage innerhalb eines Jahres. Am 27. März 1992 meldete er sich in K. ab und reiste aus der Schweiz aus.
Aus der Tätigkeit für die RA bezog der Kläger im Jahre 1992 Einkünfte in Höhe von 91.224 DM. Die Honorare der RA legte er bei einer schweizerischen Bank als Festgeld an. Aus dieser Anlage flossen ihm im Jahre 1992 bis zum 27. März Zinsen in Höhe von 69.612 DM zu.
Der Kläger entrichtete für 1992 schweizerische Staats- und Gemeindesteuer in Höhe von 53.468,40 sfr und schweizerische Bundessteuer in Höhe von 42.293,15 sfr.
Nach einer Außenprüfung (Bericht des Finanzamts R. vom 23. Dezember 1996, Bericht der Oberfinanzdirektion … über die Prüfung der Auslandsbeziehungen vom 13. August 1996) unterwarf das damals zuständige Finanzamt R. in dem nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung geänderten Einkommensteuerbescheid 1992 vom 29. September 1997 sowohl die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit für die RA als auch die Einkünfte aus der Festgeldanlage in der Schweiz der deutschen Einkommensteuer; schweizerische Steuer rechnete es nicht an. Es ging davon aus, dass der in Deutschland ansässige Kläger in der Schweiz zwar eine feste Einrichtung i.S. des Art. 14 Abs. 1 DBA-Schweiz (Büro in der Wohnung in K. Räume bei der RA) gehabt, darüber aber nicht „regelmäßig”, nämlich nicht an mehr als der Hälfte der Tage des Jahres verfügt habe. Nach einer für die A. eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, zur Erstellung der Erklärungen für die schweizerische Allgemeine Heilfürsorge gefertigten Aufstellung des Klägers, die sich mit den Abrechnungen gegenüber der RA decke, habe der Kläger im Jahre 1990 nur 307,85 Arbeitsstunden (rd. 38 Tage), im Jahre 1991 194,50 Arbeitsstunden (rd. 24 Tage) und im Jahr 1992 8,50 Arbeitsstunden (rd. 1 Tag) in der Schweiz geleistet. Die in der dem Schreiben des Klägers vom 26. Februar 1997 beigefügten Aufstellung angegebenen Aufenthaltstage in der Schweiz (1990 195 Tage, 1991 190 Tage, 1992 51 Tage) seien nicht nachgewiesen. Die Festgeldzinsen unterlägen nach Art. 11 Abs. 1 DBA-Schweiz in Deutschland der Einkommensteuer. Der Betriebsstättenvorbehalt nach Art. 11 Abs. 3 DBA-Schweiz...