Entscheidungsstichwort (Thema)
Privatrechtliche Stiftung an eine Gemeinde in Bayern: Nach bayerischem Landesrecht Gründung einer öffentlich-rechtlichen, nicht rechtsfähigen Stiftung nicht möglich
Leitsatz (redaktionell)
1. Es gibt keine Rechtsnorm, die die Gründung einer öffentlich-rechtlichen nicht rechtsfähigen Stiftung in Bayern ermöglicht. Nach bayerischem Landesrecht können nur rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts und des öffentlichen Rechts gegründet werden; die im Jahr 1972 in die bayerische Gemeindeordnung (BayGO) eingefügten Art. 84 BayGO und 85 BayGO haben an dieser Rechtslage nichts geändert.
2. Hat eine Stifterin durch einen privatrechtlichen notariellen Vertrag auf Basis des BGB einer Gemeinde in Bayern Vermögenswerte zugewandt mit der Auflage, die Erträge für einen bestimmten Zweck zu verwenden, und hat die Gemeinde die zugewendeten Vermögenswerte durch Mitwirkung beim Abschluss des Notarvertrags durch ihren Kämmerer und mit Genehmigungsbeschluss des Gemeinderates auf zivilrechtlicher Grundlage entgegengenommen sowie sich verpflichtet, das Stiftungsvermögen gemäß der vertraglichen Verpflichtung nach Maßgabe des Art. 84 BayGO zu verwalten, so verwaltet die Gemeinde als Treuhänderin eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG körperschaftsteuerpflichtige, nicht rechtsfähige fiduziarische Stiftung des privaten Rechts, und damit keine öffentlich-rechtliche Stiftung.
Normenkette
AO § 60a Abs. 1; KStG § 1 Abs. 1 Nrn. 5-6, § 5 Abs. 1 Nr. 9; GG Art. 30, 70 Abs. 1, Art. 87 Abs. 3 S. 1; BayStG Art. 1, 4; BayGO Art. 84-85
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Mit notarieller Urkunde vom …. 1989 überließ Frau … der Klägerin, einer Gemeinde, Grundstücke. Bei der notariellen Beurkundung wurde die Klägerin durch ihren Kämmerer vertreten, der die Urkunde mit der Überschrift „Zweckzuwendung und Stiftung” neben der Stifterin unterzeichnete. Unter Punkt IX der Urkunde wird folgendes ausgeführt:
„Rechtsgrund der Überlassung
Es ist der Wille der Übergeberin, dass der Ertrag der vertragsgegenständlichen Grundstücke alten und mittellosen Bürgern der Klägerin … zugutekommt, wobei es im Ermessen der nach der Gemeindeordnung zuständigen Gremien der Klägerin stehen soll, wem Erträgnisse im Einzelnen zufließen sollen.
Demgemäß wendet … die Grundstücke der Gemeinde … als nicht rechtsfähige Stiftung gemäß Art. 84 Gemeindeordnung zu.
Für diese nicht rechtsfähige Stiftung soll folgende Satzung gelten:
1. |
die Stiftung führt den Namen |
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„… Stiftung”. |
2. |
Zweck der Stiftung ist es, alten und mittellosen Bürgern der Klägerin … aus den Erträgen des Stiftungsvermögens eine Unterstützung zu gewähren, die nach Ermessen der nach der Gemeindeordnung zuständigen Gremien gewährt und verteilt wird. Gedacht ist sowohl an einmalige Zuwendungen in besonderen Notfällen, als auch an Dauerleistungen.” |
Als Gegenleistung für die Übertragung behielt sich die Übergeberin eine wertgesicherte monatliche Rente in Höhe von …. DM, für den Fall einer Heimunterbringung der Übergeberin die Übernahme von Heimkosten statt der Rente sowie nach dem Tod der Übergeberin die Übernahme von Grabunterhaltskosten aus den Erträgen des Stiftungsvermögens vor. Die am … geborene Stifterin verstarb im Jahr ….
Mit Beschluss des Gemeinderates der Klägerin vom … 1989 wurde diese Schenkung wie folgt angenommen:
„1. |
Die Schenkung von… wird unter Beachtung der damit verbundenen Auflagen angenommen. |
2. |
Es wird hiermit eine nichtrechtsfähige Stiftung gemäß Artikel 84 Gemeindeordnung gegründet, die den Namen …. Stiftung erhält. |
3. |
Zweck der Stiftung ist es, alten und mittellosen Bürgern der Klägerin … aus den Erträgen des Stiftungsvermögens zu unterstützen. Diese Hilfen sind nach Ermessen der nach der Gemeindeordnung zuständigen Gremien zu gewähren und zu verteilen. Dabei kann es sich sowohl um einmalige Zuwendungen in besonderen Notfällen, als auch um Dauerleistungen handeln. |
4. |
Das Vermögen aus der Schenkung nach Ziffer 1 ist in die nach Ziffer 2 gegründete Stiftung einzubringen.” |
Eine Stiftungsatzung wurde erst am 2018 mit rückwirkendem Inkrafttreten zum …1989 durch den Gemeinderat der Klägerin beschlossen.
Die Klägerin zeigte weder die Gründung der Stiftung beim beklagten Finanzamt (FA) an, noch gab sie für die Stiftung Steuererklärungen ab. Im Zuge einer bei der Klägerin durchgeführten steuerlichen Außenprüfung durch einen Betriebsprüfer des FA wurde der Prüfer auf die Existenz der Stiftung aufmerksam. Das FA beurteilte die Stiftung als eine solche des privaten Rechts und forderte die Klägerin mit Schreiben vom … 2018 auf, unter anderem eine Körperschaftsteuererklärung 2011 einzureichen. Daraufhin entgegnete die Klägerin im Wesentlichen, dass sie unverändert der Auffassung sei, dass die Stiftung eine nichtrechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts sei und daher keine Steuererklärung einzureichen sei.
Das FA schätzte daraufhin die Besteuerungsgrundlagen für 2011 mit Bescheid vom … gemäß § 162 der Abga...