Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Energiesteuer bei Forderungsausfall
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Erstattung von Energiesteuer nach § 60 EnergieStG ist nur dann möglich, wenn der Mineralölhändler offene Forderungen rechtzeitig gerichtlich verfolgt. Dies gilt auch dann, wenn bezüglich des Vermögens des Kunden die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt worden ist, weil es auf die Erfolgsaussichten der gerichtlichen Geltendmachung nicht ankommt.
2. Der Mineralölhändler hat unverzüglich ein Mahnverfahen einzuleiten, wenn sich die finanzielle Situation seines Kunden derart verschlechtert hat, dass mit einer Zahlung der noch offenen Forderung ohne eine gerichtliche Geltendmachung nicht mehr zu rechnen ist.
3. Ein Mahnsystem, bei dem sichergestellt ist, dass im Falle der Nichtbegleichung der Forderung spätestens etwa zwei Monate nach der Belieferung die gerichtliche Verfolgung in die Wege geleitet wird, ist hinzunehmen. Dabei handelt es sich nicht um eine starre Frist. Vielmehr hängt es von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, welche Maßnahmen als ausreichend anzusehen sind, um den Vergütungsanspruch zu erhalten. Liegen besondere Umstände vor, kann ein geringfügiges Überschreiten dieser Frist hingenommen werden. Es kann aber auch eine Situation eintreten, in der vom Lieferanten ein unverzügliches Handeln gefordert wird.
Normenkette
EnergieStG § 60
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung von Energiesteuer hat.
Im Juli und August 2009 belieferte die Klägerin die Firma A mit insgesamt … Litern versteuerten Dieselkraftstoffs (DK). Die A bezog den DK an Tankstellen der Klägerin mittels Kraftstoff-Kreditkarten. Die Abrechnung erfolgte monatlich rückwirkend, wobei die Beträge bei Fälligkeit per Banklastschrift eingezogen wurden. In Ziffer 18.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Klägerin war geregelt, dass sich die Klägerin ihr Eigentum bis zur vollständigen Vertragserfüllung vorbehält, im Verkehr mit Unternehmern bis zur Tilgung aller aus der Geschäftsverbindung bereits entstandenen Forderungen und der im engen Zusammenhang mit der gelieferten Ware noch entstehenden Nebenforderungen. Weiterhin hatte die Klägerin mit der A ein Zahlungsziel von einer Woche nach Fälligkeit vereinbart.
Im Einzelnen lieferte die Klägerin an die A im Monat Juli 2009 … Liter DK und im Monat August 2009 … Liter DK, die sie der A mit Rechnung vom 31. Juli 2009 (Rechnungsnummer …) und vom 31. August 2009 (Rechnungsnummer …) in Rechnung stellte.
Hinsichtlich der Rechnung für Juli 2009 erfolgte eine Rücklastschrift mangels Deckung am 17. August 2009, woraufhin die Klägerin den ausstehenden Betrag am 19. August 2009 telefonisch anmahnte. Am 28. August 2009 erfolgte wie mit dem Kunden vereinbart eine erneute Vorlage der Abbuchung bei der Bank, woraufhin am 31. August 2009 eine erneute Rücklastschrift erfolgte. Am 3. September 2009 sperrte die Klägerin die Tankkarte und mahnte die A schriftlich unter Fristsetzung bis zum 10. September 2009, worauf die A nicht reagierte (vgl. Schreiben der Klägerin vom 10. September 2009).
Hinsichtlich der Rechnung für August 2009 erfolgte eine Rücklastschrift mangels Deckung am 3. September 2009. Unter dem 10. September 2009 mahnte die Klägerin die noch offenen Forderungen für Juli und August 2009 an und setzte der A eine Zahlungsfrist bis zum 16. September 2009. Zugleich wies sie darauf hin, dass sie Inkasso-Maßnahmen einleiten und die B informieren würde, wenn sie bis zu dem genannten Termin keine Zahlung oder Mitteilung erhalten sollte.
Am 23. September 2009 ordnete das Amtsgericht C die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen des D an und wies darauf hin, dass Maßnahmen der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Schuldnervermögen am Tag zuvor eingestellt worden seien. Mit Beschluss vom 23. November 2009 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 30. Dezember 2009 meldete die Klägerin ihre Forderungen zur Insolvenztabelle an.
Mit Schreiben vom 24. September 2009 wies die Klägerin die A nochmals auf sämtliche offenen Posten hin. Die Klägerin beantragte am 5. Oktober 2009 beim Amtsgericht E den Erlass eines Mahnbescheids, der am 6. Oktober 2009 erlassen und der A am 9. Oktober 2009 zugestellt wurde. Aufgrund dieses Mahnbescheids erließ das Amtsgericht E am 2. November 2009 einen Vollstreckungsbescheid.
Aufgrund dessen beantragte die Klägerin beim Hauptzollamt (HZA) mit Schreiben vom 10. Februar 2010 die Rückerstattung der in der gelieferten DK-Menge enthaltenen Energiesteuer i. H. v. … EUR.
Dies lehnte das HZA mit Bescheid vom 28. Juli 2010 ab, weil die Klägerin zu einem erheblich früheren Zeitpunkt gehalten gewesen wäre, eine gerichtliche Verfolgung in Form eines Mahnbescheids zur Sicherung ihrer Forderungsansprüche einzuleiten.
Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 24. August 2010 Einspruch ein, den das HZA mit Einspruchsentscheidung vom 8. Februar 2011 zurück...