rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuer
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob bezüglich eines Nachlaßgrundstücks ein Vorausvermächtnis oder eine erbschaftsteuerlich nicht zu beachtende Teilungsanordnung vorliegt.
I.
Am …. 01.1991 verstarb der Erblasser (Erbl.) Dr. E. P. in M. Der Nachlaß bestand aus dem Grundstück H. straße 12 in M. mit einem Einheitswert von 83,860 DM (140 %) und einem Verkehrswert in Höhe von 950.000,– DM (– Bl. 10/FA-Akte–) laut Nachlaßverzeichnis des Amtsgerichts, (1.4 Millionen laut Schreiben des Anwalts der Miterben vom 15.10.1991 Bl. 19/FG-Akte) sowie aus sonstigem Vermögen (Bankguthaben, Wertpapiere etc.) in Höhe von 1.209.973,– DM.
In seinem privatschriftlichen Testament vom 15.01.1989 (Bl. 5/FA-Akte) hatte der Erbl. u.a. verfügt, daß Herr Dr. H. W. und seine Ehefrau E. W. das Bankdepot bei der B. bank Nr. … unter der Auflage erhalten sollten, daß davon 10 % an die Evangelische Kirchengemeinde und 15 % an den entfernten Verwandten Dr. H. W. B. überwiesen werde. Ferner sollten sie die Taschenuhr, den Photoapparat, das Fernglas und die Briefmarkensammlung bekommen.
Die zwischenzeitlich verstorbene Klägerin (im folgenden Klin genannt) sollte den Haus- und Grundbesitz in M., H. straße 12 erhalten unter der Bedingung, daß das Wohnrecht für Herrn Z. noch 1 Jahr unter günstigen Voraussetzungen erhalten bliebe.
Darüber hinaus wies ihr der Erbl. Hausrat, Bilder, Möbel, Teppiche, Münzen und Silberbestecke zu.
Mit notariellem Erbvertrag vom 20.06.1990 (Bl. 6/FA-Akte) erklärte der Erbl., daß er derzeit das privatschriftliche Testament vom 15.01.1989 ohne jede Einschränkung aufrecht erhalten wolle. Für den Fall jedoch, daß das privatschriftliche Testament aus irgend einem Grunde unwirksam sein oder werden sollte, ordnete er an, daß die Klin als Vermächtnis das Grundstück in M., H. straße 12 samt allen im Haus befindlichen Gegenständen zum Alleineigentum, insbesondere auch die Möbel, die Bilder, die Teppiche, die alten und neuen Münzen und die Silberbestecke erhalten solle.
Die Klin habe Herrn Z. zu gestatten, die von ihm derzeit bewohnten Räume zu den beim Eintritt des Erbfalles geltenden Bedingungen bis längstens ein Jahr nach dem Erbfall weiter zu bewohnen.
Die Klin nahm diese Verfügungen von Todes wegen zum Zweck der erbvertragsmäßigen Bindung an (sh. Tz I 3 des Erbbetrages, Bl. 8/FA-Akte).
Im gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts M. vom 13.08.1991 (Bl. 3/FA-Akte) wurden die Klin zu 1/2 und Herr Dr. H. W. und seine Ehefrau E. W. zu je 1/4 als Erben ausgewiesen. Am 19.08.1991 wurde das Grundstück auf die Klägerin übertragen.
Mit Steuerbescheid vom 21.05.1992 setzte der Beklagte, das Finanzamt (FA) gegenüber der Klin die Erbschaftsteuer wie folgt fest:
Gesamterwerb |
493.675,– DM |
Freibetrag, § 16 (1) Nr. 5 ErbStG |
3.000,– DM |
|
490.600,– DM |
Steuerklasse: IV
Steuersatz: 38 % von 490.600,– DM |
= |
186.428,– DM |
Der Bescheid erging vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) hinsichtlich der Höhe der Erbfallkosten, die das FA auf 10.000 DM schätzte.
In diesem Bescheid rechnete das FA der Klin 1/2 der Steuerwerte des Gesamtnachlasses zu.
Im Einspruchsverfahren brachte die Klin vor, daß die Festlegung im Erbschein nicht dem Willen des Erbl. entspreche. Neben dem Testament vom 15.01.1989 existiere noch ein notarieller Erbvertrag aus dem hervorgehe, daß in Bezug auf das Haus ein Vorausvermächtnis vorliege. Zwar hieße es dort, daß diese Ausführungen nur dann Geltung haben sollten, wenn das ursprüngliche Testament unwirksam sein oder werden sollte. Diese Feststellung sei aber dahin zu verstehen, daß das Testament mit Bezugnahme auf das Vermächtnis auch dann Wirkung haben sollte, wenn sich aus dem ursprünglichen Testament Auslegungsschwierigkeiten oder sonstige Unstimmigkeiten ergeben sollten. Der Erbvertrag sei zur Klarstellung, zur Verdeutlichung der Absicht des Erbl. gefertigt worden.
Im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung sei nach § 2048 BGB der hypothetische Wille zu ermitteln, also wie der Erbl. entschieden hätte, wenn ihm der Vermögensvorteil bewußt gewesen wäre. Der Erbvertrag vom 20.06.1990 sei deshalb mit heranzuziehen. Das Ziel des Erbl. sei dahin gegangen, ihr das Haus ohne Einschränkungen zu überlassen. Ein Testament, in dem bestimmten Personen einzelne Gegenstände, darunter ein „Haus mit Inhalt” zugewendet werde, sei als Zuwendung eines Vermächtnisses anzusehen, sofern diese Gegenstände nicht im wesentlichen den Nachlaß ausmachten. Auch die Zuwendung einer Geldsumme sei in der Regel keine Erbeinsetzung, sondern ein Vermächtnis. Der vorhandene Erbschein könne sich deshalb nur auf das beziehen, was nach Wegfertigung der beiden Vermächtnisse noch übrig geblieben sei. Die Ehegatten W. seien Alleinerben; sie seien in Bezug auf das Grundstück Vermächtnisnehmer.
Allein die zeitige Verwertung spreche schon für die Abwicklung im Sinne eines Vermächtnisses, denn zum Zeitpunkt der Grundstücksübertragung (19.8.1991) ...