rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Investitionsabzugsbetrag. Umfang der betrieblichen Nutzung. Beweis des ersten Anscheins
Leitsatz (redaktionell)
Im Streitfall kann bei Abwägung aller Umstände nicht der Schluss gezogen werden, dass der Beweis des ersten Anscheins, nach dem dienstliche oder betriebliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden, entkräftet ist. Zwar standen die privaten Fahrzeuge den Gesellschaftern der Klägerin jederzeit uneingeschränkt zur Verfügung, die privaten Fahrzeuge sind den betrieblichen Fahrzeugen in Status und Gebrauchswert jedoch nicht vergleichbar; eine betriebliche Nutzung von mindestens 90 % der beiden Fahrzeuge liegt nicht vor.
Normenkette
EStG § 7g
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Gewährung eines Investitionsabzugsbetrags nach § 7g Einkommensteuergesetz (EStG).
Klägerin ist die XY GbR, eine internistische Gemeinschaftspraxis, die mit Vertrag vom 10. Juni 1991 gegründet worden ist. Sie erzielt Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) und ermittelt ihren Gewinnnach § 4 Abs. 3 EStG. Die Gesellschafter sind Geschwister.
In der für das Jahr 2008 abgegebenen Feststellungserklärung wurde für die Fahrzeuge mit den Kennzeichen AAA und BBB (Audi A 6 Quattro und Suzuki Vitara) jeweils eine Privatnutzung von 60 % angesetzt (Bl. 11 Bilanzakten 2008), der Gewinn der Klägerin wurde mit 93.987 EUR angegeben (Bl. 24 Bilanzakten 2008). Im April und Juni 2010 wurde jeweils ein BMW xDrive 35d (BMW) für die Gesellschafter angeschafft (Bl. 10 Bilanzakten 2010). Für das Jahr 2010 wurde die private Nutzung für die Fahrzeuge Audi A 6 Quattro und Suzuki Vitara ebenfalls mit einem Anteil von 60 % angesetzt. Für die beiden neu angeschafften BMW X 3 erfolgte der Ansatz der privaten Nutzung nach der so genannten 1 % Methode. Außerdem wurden Investitionsabzugsbeträge von 36.000 EUR nach § 7g Abs. 2 EStG geltend gemacht. Der Gewinn der Klägerin wurde im Jahr 2010 mit 64.863,56 EUR angegeben.
Am 7. April 2010 erließ das Finanzamt den Feststellungsbescheid 2008 zunächst entsprechend der eingereichten Steuererklärungen. Im dagegen gerichteten Einspruchsverfahren machte die Klägerin im Zusammenhang mit der Anschaffung der beiden BMWs einen Investitionsabzugsbetrag von 32.000 EUR geltend. Das Finanzamt gab dem Einspruch statt (vgl. Änderungsbescheid vom 7. Mai 2010).
Im Rahmen der Bearbeitung der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2010 vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die im Veranlagungszeitraum 2010 neu angeschafften Fahrzeuge BMW nicht zu mindestens 90 % betrieblich genutzt würden und somit die ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung der Fahrzeuge als Voraussetzung für die Gewährung des Investitionsabzugsbetrags nicht gegeben sei. Mit Änderungsbescheid nach § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG vom 4. Januar 2013 für 2008 ließ das Finanzamt den geltend gemachten Investitionsabzugsbetrag von 32.000 EUR nicht mehr zum Abzug zu. Auch in dem Feststellungsbescheid für 2010 ebenfalls vom 4. Januar 2013 wurden die Sonderabschreibungen für die Pkws in Höhe von 9.375 EUR und 9.495 EUR (Bl. 18 und 19 Bilanzakten 2010) gemäß § 7g EStG wegen der nicht vorhandenen ausschließlichen oder fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung nicht gewährt. Hinsichtlich des beantragten Investitionsbetrags für einen neuen Pkw in Höhe von 36.000 EUR lägen die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vor, da die Gewinngrenze von 100.000 EUR gemäß § 7g Abs. 1 Nr. 1c EStG überschritten sei.
Im dagegen gerichteten Einspruchsverfahren trug die Klägerin vor, dass im Jahr 2010 für beide Fahrzeuge elektronische Fahrtenbücher geführt worden seien, es jedoch zu technischen Problemen gekommen sei. So hätten die Daten für das Fahrzeug AAA vom 22. August 2010 bis zum 10. Oktober 2010 nicht ausgelesen werden können und für das Fahrzeug BBB seien die Daten wegen einer defekten Batterie vollständig gelöscht worden. Für die Zeit der Funktionsfähigkeit der Fahrtenbücher hätten sich jedoch nur Privatanteile von 7 % und 2,39 % ergeben. Aufgrund des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 4. Dezember 2012 (VIII R 42/09, BB 2013, 277) sei von einer privaten Nutzung von im Betriebsvermögen befindlichen Fahrzeugen nicht auszugehen, wenn gleichartige Fahrzeuge im Privatvermögen vorhanden seien. Dies sei vorliegend der Fall, da X einen Mitsubishi 3000 GT und Y einen Mazda 6 besäßen und diese Fahrzeuge ausschließlich privat genutzt würden. Der Beweis des ersten Anscheins werde durch diesen Gegenbeweis entkräftet.
Außerdem ergäbe sich aus dem vorgelegten Fahrtenbuch für den Zeitraum 1. November 2012 bis 28. Februar 2013, dass das Fahrzeug nicht mehr als 10 % privat genutzt worden sei. Angaben zu den besuchten Personen könnten aufgrund des Berufsgeheimnisses nicht getätigt werden, aus technischen Gründen seien nachträgliche Änderungen nicht möglich gewesen....