rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis des Zugangs einer an das Anwaltspostfach beA elektronisch übersandten Ladung. Anfechtung des Verlustfeststellungsbescheids
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Nachweis des Zugangs einer an das Anwaltspostfach beA elektronisch übersandten Ladung ist erbracht, wenn aus der elektronischen Akte des Gerichts ersichtlich ist, dass die Ladung im Anwaltspostfach abgerufen worden ist.
2. Rechtsschutz gegen eine unzutreffende Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge kann nur durch Anfechtung der Körperschaftsteuer- bzw. Gewerbesteuermessbescheide und nicht durch Anfechtung der Verlustfeststellungsbescheide erreicht werden.
Normenkette
FGO § 65 Abs. 1-2; AO § 351 Abs. 2; KStG § 8 Abs. 1 S. 1, § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist eine zwischenzeitlich aufgelöste GmbH (Handelsregistereintragung vom …). Gegenstand des Unternehmens war der Groß- und Einzelhandel mit Waren aller Art, Dienstleistungen im Bereich ….
Da die Klägerin ihrer Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärungen nicht nachkam, wurden die Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 2017 gemäß § 162 Abs. 1 AO geschätzt. Die Schätzungsbescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO mit Datum vom 15.01.2019. Grundlage für die Schätzung waren unter anderen die Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüfung.
Die Klägerin legte gegen die Steuerbescheide für das Jahr 2017 Einspruch ein. Die entsprechenden Steuererklärungen gingen am 04.02.2019 beim Finanzamt ein. Mit Schreiben vom 04.09.2019 nahm die Klägerin gegenüber dem Finanzamt Stellung zu ihrer Geschäftstätigkeit und ihren Beziehungen zur X Ltd. und überreichte eine Vereinbarung zwischen ihr und der X Ltd. vom 1. März 2017, auf die hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird.
Mit der Einspruchsentscheidung vom 11.06.2021 änderte das Finanzamt die bisherigen Steuerfestsetzungen. Der Jahresüberschuss wurde mit 45.496 EUR angesetzt, das zu versteuernde Einkommen wurde auf nunmehr 66.692 EUR erhöht. Der Gewerbesteuermessbetrag wurde i.H.v. 2.331 EUR festgesetzt.
Die Klägerin erhob gegen die Steuerbescheide für 2017 vom 15.01.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.06.2021 Klage, ohne sie zu begründen. Eine Begründung sollte nachgereicht werden.
Nach erfolgloser Aufforderung durch die Senatsgeschäftsstelle (Schreiben vom 20.07.2021 und Erinnerung vom 08.09.2021) wurde mit Anordnung vom 27.09.2021 gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist mit ausschließender Wirkung bis zum 16.11.2021 zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens gesetzt.
Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 15.11.2021 mit, dass sie eine entsprechende gerichtliche Anordnung vom 27.09.2021 nicht erhalten habe und beantragte vorsorglich Fristverlängerung. Sie teilte mit, dass sie noch nicht in der Lage sei, den Klageantrag zu beziffern, sich jedoch aus der angegriffenen Einspruchsentscheidung vom 11.06.2021 wesentliche Sach- und vor allem Rechtsfragen zeigten. Sie verweist auf ihrer Auffassung nach vorliegende Rechenfehler bei der Beklagten im Zusammenhang mit der Erhöhung der Einnahmen aus dem angeblichen Verkauf des Pkw M um 49.159,66 EUR lt. Seite 6 oben der Einspruchsentscheidung. Auch sei die Vermutung des Beklagten unzutreffend, dass dieser Pkw im April 2017 an die X Ltd. veräußert worden sei. Vielmehr sei der Pkw weiterhin im Eigentum der Klägerin verblieben und erst in den Folgejahren an einen Herrn B verkauft worden. Die Rechnung an die X Ltd. habe vielmehr ein Darlehen betroffen, das sie – die Klägerin – der Ltd. in Rechnung gestellt habe. Sowohl die Einnahmen als auch die Umsatzsteuererhöhung laut Seite 6 oben der Einspruchsentscheidung seien damit unzutreffend und zu streichen. Unzutreffend sei weiter die Rechtsauffassung des Finanzamts auf Seite 7 der Einspruchsentscheidung bezüglich des Leistungsorts. Hierzu werde auf die Ausführungen im Rahmen der Umsatzsteuersonderprüfung Bezug genommen. Insbesondere habe die X Ltd. in Deutschland keine Betriebsstätte, sondern allenfalls einen Briefkasten.
Mit Anordnungen vom 27.09.2021, 19.11.2021 und 20.01.2022 setzte das Gericht gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) Fristen mit ausschließender Wirkung zuletzt bis zum 02.02.2022 zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens und zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung sich die Klägerin beschwert fühlt, gesetzt. Innerhalb der Fristen ging keine Stellungnahme der Klägerin ein.
Mit Schreiben vom 31.05.2022 gab das Finanzamt eine ausführliche Stellungnahme zu den Einwendungen der Klägerin ab. Auf den Inhalt des Schreibens wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Das Verfahren wegen Umsatzsteuer wurde mit Beschluss vom 1. Juni 2022 abgetrennt und an den 3. Senat abgegeben.
Mit Datum vom 25.07.2022 erließ das Finanzamt geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteue...