Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung wegen Versäumnis der Frist zur Vollmachtvorlage
Leitsatz (amtlich)
Bei einem Steuerberater kann erwartet werden, dass er trotz eines persönlichen Schicksalsschlags die – großzügig verlängerte – Frist zur Vorlage der Prozessvollmacht wahrt.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 1, § 56 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Steuerberater X. hat mit Schriftsatz vom 8. Juni 2000 die vorliegende Klage erhoben. Klagebegründung und Vollmacht sollten nachgereicht werden. Mit gerichtlichem Schreiben vom 20. Juni 2000 wurde ihm u. a. aufgegeben, die Klage zu begründen und eine auf ihn lautende Vollmacht nachzureichen. Da dies nicht geschah, wurden am 26. Januar 2001 Ausschlussfristen gemäß §§ 62 Abs. 3 Satz 3 und 65 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sowie eine Frist gemäß § 79 b Abs. 1 FGO gesetzt. Die Fristen wurden bis 15. Mai 2001 und später bis 1. Juli 2001 verlängert. Da zunächst weder die angeforderte Vollmacht eingereicht noch die Klage begründet wurde, erließ der Berichterstatter am 16. Oktober 2001 einen Gerichtsbescheid, in dem die Klage als unzulässig abgewiesen wurde.
Mit Schriftsatz vom 5. November 2001 hat die A. GmbH unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt mit dem Ziel, dass die angefochtenen Bescheide auf der Grundlage der inzwischen eingereichten Jahresabschlüsse für die Streitjahre 1992 bis 1994 geändert werden. Gleichzeitig wurde Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt. Dieser Antrag wird mit dem angegriffenen Gesundheitszustand des Steuerberaters X. und seiner enormen psychischen Belastung, die „insbesondere auf den von Herrn X. verschuldeten Verkehrsunfall zurückzuführen” sei, begründet.
…
Die Klägerin beantragt, unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die angefochtenen Bescheide zu ändern und dabei die Ergebnisse der von der jetzigen Prozessbevollmächtigten eingereichten Jahresabschlüsse für die Streitjahre 1992 bis 1994 zugrunde zu legen.
Das FA beantragt, die Klage als unzulässig abzuweisen.
Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 7. November 2001 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
In der Streitsache hat am 18. März 2002 eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechende Niederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist schon deswegen unzulässig, weil die schriftliche Vollmacht der Klägerin nicht innerhalb der zuletzt gesetzten Ausschlussfrist eingereicht wurde.
1. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 FGO können sich die Beteiligten durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Die Bevollmächtigung ist durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen. Die Vollmacht kann nachgereicht werden; hierfür kann der Vorsitzende oder Berichterstatter eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist gilt § 56 FGO entsprechend. Tritt als Bevollmächtigter eine Person i. S. des § 3 Nr. 1 bis 3 des Steuerberatungsgesetzes auf, braucht das Gericht den Mangel der Vollmacht nicht von Amts wegen zu berücksichtigen (§ 62 Abs. 3 Satz 4 FGO).
Im Streitfall war es nach der gerichtlichen Aktenlage nicht missbräuchlich, eine schriftliche Vollmacht von Steuerberater X. anzufordern. Aus den Gerichtsakten ergibt sich die behauptete Bevollmächtigung nicht. Außerdem hatte er selbst angekündigt, er werde „die Vollmachten … nachreichen”. Die Klägerseite hat es versäumt, bis zu der abschließend gesetzten Frist 1. Juli 2001 die Vollmacht vorzulegen. Eine Vollmacht (für die neue Prozessbevollmächtigte) ging erstmals am 6. November 2001 bei Gericht ein.
2. Gemäß § 65 Abs. 1 FGO muss die Klage u. a. den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Das Ziel der Klage muss hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht werden (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 26. November 1979 GrS 1/78, BStBl II 1980, 99; BFH-Urteil vom 8. Juli 1998 I R 23/97, BStBl 1998, 628). Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der Berichterstatter den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Abs.1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt (§ 65 Abs. 2 Satz 2 FGO).
Wegen der unter Tz. 1 dargestellten Sach- und Rechtslage kann das Gericht offen lassen, ob die Aufforderung, den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen – wie die Klägerin meint – tatsächlich gegen die Klägerin selbst hätte gerichtet werden müssen oder ob der für die Klägerin handelnde (auch vollmachtlose) Vertreter der richtige Adressat einer solchen Anordnung sein kann.
3. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden.
Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist nach § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO...