Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage, ob ein gebrauchtes Ersatzteil abschreibungsfähiges Anlagevermögen sein kann
Leitsatz (redaktionell)
1. Beim Anlagevermögen sind nur die Gegenstände auszuweisen, die dazu bestimmt sind, dauerhaft dem Geschäftsbetrieb zu dienen.
2. Handelt es sich bei einem Ersatzteil um ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut, wird es nach dem Einbau kein unselbständiger Teil einer Maschine und ist bilanziell gesondert unter den Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen auszuweisen.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob ein gebrauchtes Ersatzteil abschreibungsfähiges Anlagevermögen sein kann.
Die Klägerin, eine eingetragene Genossenschaft, ist ein Milch verarbeitender Betrieb, in dem auch Trockenmilchpulver hergestellt wird. Zur Herstellung dieses Trockenmilchpulvers sind zwei Walzanlagen in Betrieb.
Im Januar 1998 hatte die Klägerin eine gebrauchte Trockenwalze zu einem Nettokaufpreis von 51.705 DM erworben. Eine derartige Walze ist Teil einer Walzenanlage, die zwei Walzen enthält. Diese Walzen werden jeweils nach längerem Gebrauch ausgebaut, technisch überarbeitet und beim nächsten Walzenwechsel wieder eingebaut. Die 1998 erworbene Walze wurde nicht sofort in die Walzenanlage eingebaut, sondern stand für den nächsten Walzenwechsel, dessen Zeitpunkt unbestimmt war, zur Verfügung. Der Einbau erfolgte auch nicht innerhalb der Streitjahre.
Die Klägerin aktivierte die Walze als selbständig bewertungsfähiges Maschinenwerkzeug und schrieb sie wie folgt ab:
Kaufpreis 1998: |
51.705 |
Abschreibung 1998: |
15.511 |
Stand 31.12.1998: |
36.194 |
Abschreibung 1999: |
10.858 |
Stand 31.12.1999: |
25.336 |
Abschreibung 2000: |
8.445 |
Stand 31.12.2000: |
16.891 |
Alle Beträge in DM |
Eine für den Prüfungszeitraum 1997 – 2000 durchgeführte Außenprüfung betrachtete die Walze als Ersatzteil, das dem Vorratsvermögen zuzuordnen sei. Die vorgenommene Abschreibung wurde nicht mehr anerkannt.
Mit geänderten Körperschaftsteuerbescheiden für 1998 bis 2000, alle vom 20. Dezember 2002, folgte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) den Feststellungen der Außenprüfung.
Die dagegen eingelegten Einsprüche vom 22. Januar 2003 wurden mit Einspruchsentscheidung vom 25. September 2003 als unbegründet zurückgewiesen. Bei der Walze handle es sich um ein Maschinenwerkzeug, bei dem die Abschreibung erst mit dem Einbau in die Maschine beginne. Bis dahin müsse sie als Umlaufvermögen aktiviert werden.
Mit der Klage vom 20. Oktober 2003 begehrt die Klägerin weiterhin die Berücksichtigung der Walze als abschreibungsfähiges Maschinenwerkzeug. Dieses gehöre auch dann zum Anlagevermögen, wenn es nachträglich angeschafft werde, unabhängig davon, ob es auf Vorrat liege oder bereits eingebaut sei. Ein Maschinenwerkzeug sei u. a. dadurch charakterisiert, dass es, sofern es nicht gerade in die Maschine eingebaut sei, zur Reserve zur Verfügung stehe. Bei der Walze handle es sich nicht um ein Ersatzteil, das in dem Wirtschaftsgut, für das es verwendet werde, als unselbständiger Maschinenbestandteil untergehe. Eine ausgebaute Walze stehe nach ihrer Aufbereitung für den nächsten Walzenwechsel zur Verfügung. Abschreibungen seien entsprechend R 44 Abs. 1 EStR vorzunehmen, sobald ein Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt sei. Unzutreffend sei die Auffassung, dass die Walze erst mit ihrem Einbau zur Nutzung zum Anlagevermögen und damit abschreibungsfähig werde.
Die Klägerin beantragt,
die streitigen Körperschaftsteuerbescheide insoweit abzuändern, als das zu versteuernde Einkommen
für 1998 um 15.511 DM auf 327.649 DM,
für 1999 um 10.858 DM auf 312.547 DM
und für 2000 um 8.445 DM auf 93.464 DM
vermindert und die Körperschaftsteuer entsprechend festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bei Maschinenwerkzeugen beginne die Abschreibung erst mit der Einfügung in die Maschine, dann aber entsprechend ihrer Lebensdauer. Soweit Maschinenwerkzeuge jedoch auf Vorrat angeschafft worden und noch nicht mit Maschine verbunden seien, rechneten sie nicht zum Anlagevermögen, sondern zum Vorratsvermögen. Sie müssten als Ersatzteile unter Umlaufvermögen aktiviert werden und würden erst mit dem Einbau in die Maschine zum Anlagevermögen und damit abschreibungsfähig.
Bezüglich des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung vom 25. September 2003, den Bericht über die Außenprüfung vom 26. September 2002, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Am 19. September fand der Termin zur mündlichen Verhandlung statt. Auf die Niederschrift wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Klage ist unbegründet.
a) Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, mit den Anschaffungskosten – oder Herstellungskosten, vermindert um die Absetzungen für Abnutzung, anzusetzen. Für die Bestimmung des Begriffs des Anlagevermögens und seiner Abgrenzung zum Begriff des Umlaufvermögens hat der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung auf die handelsrec...