rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Die Ähnlichkeit des Berufs eines EDV-Beraters/EDV-Entwicklers mit einem Katalogberuf i.S.des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG setzt die Vergleichbarkeit der Ausbildung und die Vergleichbarkeit der beruflichen Tätigkeiten voraus

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Beruf ist einem Katalogberuf i.S.des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten mit diesem verglichen werden kann. Dazu gehört die Vergleichbarkeit der Ausbildung und die Vergleichbarkeit der beruflichen Tätigkeit. Das gilt auch für einen dem Katalogberuf des Ingenieurs ähnlichen Beruf.

2. Begehrt der Kläger die Aufhebung der Aufforderung zur Buchführung, weil er der Auffassung ist, dass er kein Gewerbetreibender ist, ist entscheidend, ob er zu dem Zeitpunkt, ab dem er zur Buchführung verpflichtet werden soll, über Kenntnisse verfügt, die dem eines Absolventen der Fachhochschule vergleichbar sind und bei ihm freiberufliche Einkünfte begründen.

3. Ob die Vorbildung des Klägers in Tiefe und Breite der eines Absolventen der Fachhochschule im Fach Informatik entspricht, kann anhand einer Tabelle der Gesellschaft für Informatik, in der die einzelnen Studieninhalte des Studienfaches Informatik aufgezählt sind (sog. GI-Tabelle), von einem Sachverständigen dargestellt werden.

4. Nicht jede Tätigkeit im Bereich der Entwicklung von Anwendersoftware ist eine freiberufliche i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Diese setzt voraus, dass der Steuerpflichtige qualifizierte Software durch eine klassische ingenieurmäßige Vorgehensweise (Planung, Konstruktion und Überwachung) entwickelt.

5. Ein nicht vom Finanzgericht eingeholtes Gutachten kann nur als Parteivortrag und nicht als Beweis eines Sachverständigen gewürdigt werden, wenn dieses Gutachten einen erheblichen Mangel aufweist.

 

Normenkette

AO § 141 Abs. 1 Nr. 4; FGO § 82; ZPO §§ 411-412; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Finanzamt den Kläger zu Recht aufgefordert hat, Bücher zu führen und seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln.

I.

Der Kläger absolvierte nach dem Fachabitur im Jahr 1977 eine Berufsausbildung zum Industriekaufmann, die er im Januar 1980 beendete. Daran schloss sich eine ca. einjährige Ausbildung zum Datenverarbeitungsassistenten an. In der Folge besuchte der Kläger verschiedene mehrtägige Seminare und Kurse, in denen er weitere Kenntnis im EDV-Bereich erwarb. Nach seinen Angaben in den Einkommensteuererklärungen ist er seit dem Jahr 1986 beratend im EDV-Sektor tätig.

Seine Betriebsergebnisse ermittelte der Kläger nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) und setzte sie in den Einkommensteuererklärungen als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit an. Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – folgte insoweit in den Jahren bis 1995 in den Einkommensteuerbescheiden den Angaben des Klägers.

In der Einkommensteuererklärung für 1996 erklärte der Kläger einen Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit als Unternehmensberater in Höhe von 121.568 DM. Das FA vertrat nun erstmals die Auffassung, dass die Tätigkeit des Klägers nicht als freiberufliche Tätigkeit zu qualifizieren sei und der erklärte Gewinn den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen sei.

Das FA setzte deshalb mit Bescheiden vom 13. und 15. Juli 1998 die Gewerbesteuermessbeträge für die Jahre ab 1991 fest und legte dabei die folgenden Gewinne aus Gewerbebetrieb zugrunde: für 1991 einen Gewinn von 56.859 DM, für 1992 von 55.413 DM, für 1993 von 97.243 DM, für 1994 von 115.464 DM, für 1995 von 154.337 DM und für 1996 von 121.568 DM.

Das FA forderte außerdem mit Bescheiden vom 25. Juni 1998 und vom 23. Juli 1998 den Kläger gemäß § 141 Abgabenordnung (AO) auf, ab dem 1. Januar 1999 seinen Gewinn für den Gewerbebetrieb der Unternehmensberatung durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln und Bücher zu führen, da der Gewinn aus Gewerbebetrieb des Wirtschaftjahres 1996 mehr als 48.000 DM betrage. Der dagegen gerichtete Einspruch, den der Kläger damit begründete, dass er Gewinne aus freiberuflicher Tätigkeit erziele und deshalb nicht zur Buchführung verpflichtet sei, blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 1999).

Dagegen richtet sich die Klage. Der Kläger trägt vor, dass er nicht gemäß § 141 AO zur Buchführung verpflichtet werden könne, weil er eine freiberufliche Tätigkeit ausübe; auch bestehe keine Buchführungspflicht gemäß § 140 AO. Er übe einen Beruf aus, der der Ingenieurtätigkeit vergleichbar sei. Zwar entspreche die Ausbildung des Klägers nicht einem Fachhochschulstudium, die erlangte Ausbildung komme dem aber sehr nahe. Im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit, die er seit 1985 ausübe, habe er sich die notwendigen Kenntnisse im Eigenstudium angeeignet. Er übe auch eine ingenieurähnliche Tätigkeit aus; auch bestehe eine erhebliche Nähe zum beratenden Volks- oder Betriebswirt. In dem Zeitraum bis 1995 sei er als Systemprogrammierer tätig gewesen. Die Datenbanksysteme...

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