Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuerpflicht eines von einer Hebammen-GmbH betriebenen Geburtshauses
Leitsatz (redaktionell)
1. Betreibt eine GmbH, deren Geschäftsführerin und alleinige Anteilseignerin eine ausgebildete Hebamme ist und bei der zwei freiberufliche Hebammen, eine angestellte Hebamme, eine Krankenschwester, eine Kinderkrankenschwester sowie angelernte Mitarbeiter, aber keine Ärzte angestellt sind, in eigenen Räumlichkeiten (unter anderem mit Zimmern mit Übernachtungsmöglichkeiten auch für die Partner der Entbindenden und eigenen Bädern, Gemeinschaftsräumen sowie einem eigenen OP-Saal) ein Geburtshaus, wobei sie unter anderem die Möglichkeit zur ambulanten oder stationären Geburt anbietet, überwiegend die Entbindenden in eigenen Räumlichkeiten stationär aufnimmt, die Wochenbettbetreuung und die Nachsorge durchführt und Geburtsvorbereitungskurse sowie Kurse nach der Geburt anbietet, so erfüllt die GmbH nicht die Voraussetzungen für eine Gewerbesteuerbefreiung und unterliegt somit der Gewerbesteuerpflicht.
2. Das Geburtshaus stellt insbesondere weder ein „Krankenhaus” im Sinne des § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG noch eine Einrichtung zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen sowie zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen im Sinne des § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG noch eine Einrichtung zur ambulanten oder stationären Rehabilitation im Sinne des § 3 Nr. 20 Buchst. e GewStG dar.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 3 Nr. 20 Buchst. b, d, e; AO § 67 Abs. 1-2; KHG § 2 Nr. 1; SGB V § 24f Sätze 2-3, § 107 Abs. 1 Nrn. 2, 4, Abs. 2 Nrn. 1-2, §§ 111, 111c, 134a Abs. 1; KHEntG § 1 Abs. 2 S. 1, § 7; BPflV § 1 Abs. 1, § 10; SGB XI § 14 Abs. 1 S. 3, § 71 Abs. 1-2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Klägerin der Gewerbesteuerpflicht unterliegt.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und wurde mit notariellem Vertrag vom 17. September 2012 gegründet. Geschäftsführerin und alleinige Anteilseignerin ist H, eine ausgebildete Hebamme. Die Klägerin betreibt ein Geburtshaus in A und bietet die Möglichkeit zur ambulanten oder stationären Geburt an. Überwiegend, erfolgt eine stationäre Aufnahme der Entbindenden. Außerdem übernimmt die Klägerin Wochenbettbetreuung sowie Nachsorge und führt Vorbereitungskurse und Kurse nach der Geburt durch.
In den Räumlichkeiten der Klägerin ist ein Operationssaal (OP) vorhanden. Außerdem stehen mehrere Zimmer mit Übernachtungsmöglichkeiten für die Entbindenden, die neugeborenen Kinder und begleitenden Partner zur Verfügung. Die Zimmer sind jeweils mit eigenem Bad ausgestattet. Außerdem gibt es eine Küche und Gemeinschaftsräume. Das Personal der Klägerin bestand im Streitjahr aus zwei freiberuflichen Hebammen, einer angestellten Hebamme, einer Krankenschwester, einer Kinderkrankenschwester sowie drei angelernten Mitarbeitern.
Die Kostenabrechnungen der Klägerin erfolgten auf der Grundlage der Hebammengebühren-Verordnung und des Geburtshausvertrags sowie eines Ergänzungsvertrags nach § 134 a des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen. Für jede Geburt wurde eine Betriebskostenpauschale i.H.v. 707 EUR sowie Überwachungskosten während des Aufenthalts im Geburtshaus zur Abrechnung gebracht. Die Abrechnung wurde als Gesamtrechnung erstellt. Eine Aufteilung der Erlöse in der Buchführung für gewerbesteuerliche Zwecke erfolgte nicht.
Neben der mit den Krankenkassen abgerechneten Vergütung veranschlagte die Klägerin von den Entbindenden im Streitjahr 2015 außerdem eine Rufbereitschaftspauschale in Höhe von 250 EUR bei der Anmeldung zur Entbindung im Geburtshaus. Diese Pauschale wurde von der überwiegenden Anzahl der gesetzlichen Krankenkassen den Versicherten als Zusatzleistung auf Kulanzbasis erstattet. Die Rufbereitschaftspauschale beinhaltet die persönliche Betreuung von H in einem Zeitraum von 4 Wochen vor und der Wochen nach dem errechneten Geburtstermin. Im Jahr 2015 vereinnahmte die Klägerin aus Rufbereitschaftspauschalen insgesamt 28.500 EUR.
Seit November 2015 erhebt die Klägerin außerdem einen sogenannten Unkostenbeitrag in Höhe von 170 EUR pro Tag für „Aufenthalt, Pflege, Überwachung und Betreuung”, mit dem das besondere Ambiente im Geburtshaus und der Aufenthalt der Frauen über den Tag der Entbindung hinaus abgedeckt werden soll. Dieser Unkostenbeitrag wird von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen. Im Streitjahr 2015 vereinnahmte die Klägerin Unkostenbeiträge in Gesamthöhe von 2.510 EUR.
Im Jahr 2015 betreute die Klägerin insgesamt 226 Geburten, davon 6 ambulante und 3 Hausgeburten, so dass im Geburtshaus insgesamt 217 Geburten erfolgten. Von den insgesamt 536 Belegungstage entfielen 494 auf gesetzlich Versicherte und 42 auf Privatversicherte.
Mit Gewerbesteuermessbescheid 2012 vom 5. September 2014 lehnte das Finanzamt den Antrag der Klägerin au...