Entscheidungsstichwort (Thema)

Häusliches Arbeitszimmer für Geistlichen. Einkommensteuer 1996, 1997, 1998 und 1999

 

Leitsatz (amtlich)

Einem katholischen Geistlichen, der ein Amtszimmer im Pfarrhaus nutzen kann, steht ein „anderer Arbeitsplatz” i.S. von § 4 Abs. 5 Nr. 6 Buchst. b EStG zur Verfügung.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6 Buchst. b, § 9 Abs. 5

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob dem Kläger in den Streitjahren 1996 bis 1999 der steuerwirksame Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (§ 9 Abs. 5 i. V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 6 b des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung – EStG –) zusteht.

Der Kläger bezieht als katholischer Geistlicher Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sein Aufgabenbereich umfasst im Wesentlichen das Abhalten bzw. die Gestaltung von Gottesdiensten, Predigten, Meditationen, Andachten, Frühschichten, Kreuzwegen und religiösen Festakten. Ferner leitet er Bibelkreise, hält religiöse Vorträge und ist mit der Gestaltung und Durchführung von kirchlichen Veranstaltungen sowie Pfarrfahrten und – ausflügen betraut. Er hält Religionsunterricht in der Schule und leitet unter anderem mehrere Gruppen (Jugend-, Kinder-, Ministranten-, Sing-, Firm- und Kommuniongruppe). Dazu gestaltet und erstellt er schriftliche Ausarbeitungen, wie z. B. Verlaufspläne, Arbeitsblätter, Folien, Textzettel, Konzepte, Programme, Anleitungen, Prospekte sowie Plakate, Bilder, Dekorationen und sonstige Gegenstände. Daneben führt er häufig Telefonate und ist für die Materialverwaltung zuständig. Bis Mitte September 1996 betreute er die katholische Kirchengemeinde in A. Seither ist er in der Gemeinde B tätig.

Am 13. Juli 2000 ließ der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die Pfarrräume in B. besichtigen. Der Prüfer fertigte darüber einen Bericht, in dem u. a. ausgeführt wird: „H. X. bestätigte, nach Erläuterung der Rechtslage ab 1996, daß er an sich seiner eigentlichen Tätigkeit als Pfarrer durchaus in dem ihm als Amtszimmer zur Verfügung gestellten Raum nachkommen könnte, sofern er seine täglich benötigte Fachliteratur, die er jetzt im Arbeitszimmer aufbewahrt, in diesem Zimmer greifbar hätte. An sich könne er in diesem Zimmer schon ungestört arbeiten, ihm fehlen aber die Unterlagen. Es ist einfach kein Platz vorhanden, diese zwingend benötigten Materialien dort unterzubringen. … an sich liegt ‚nur’ ein Platzproblem vor!”

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) insbesondere auf die eingereichten Skizzen verwiesen.

In den Einkommensteuer(ESt)-Erklärungen für die Streitjahre 1996 bis 1999 machte der Kläger jeweils Aufwendungen für ein „häusliches Arbeitszimmer” im Pfarrhaus in B., für 1996 zusätzlich für ein „häusliches Arbeitszimmer” in A., als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

Der Beklagte versagte dem Kläger in den ESt-Bescheiden 1996 bis 1999 jeweils u. a. den Abzug von Aufwendungen für ein „häusliches Arbeitszimmer”. Der ESt-Bescheid für 1996 ging am 26. August 1988, der Bescheid für 1997 am 4. Januar 1999, der Bescheid für 1998 am 6. Juni 2000 und der Bescheid für 1999 am 13. Dezember 2000 mit einfachem Brief zur Post. Gegen sämtliche ESt-Bescheide wandte der Kläger sich mit dem Einspruch, den das FA mit der zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2001 als unbegründet zurückwies. Unter dem Datum vom 9. Juli 2001 ergingen für sämtliche Streitjahre Änderungsbescheide, die den Streitpunkt unberührt lassen.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der der Kläger erreichen will, dass bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für ein „häusliches Arbeitszimmer” als weitere Werbungskosten berücksichtigt werden. Er hält daran fest, dass die von der Kirchenverwaltung zur Verfügung gestellten Diensträume für seine berufliche Tätigkeit, die einerseits die Verwaltungsgeschäfte und andererseits die seelsorgerische Arbeit umfasse, nicht ausreichend seien. Insbesondere fasse die in seinem eigentlichen Amtszimmer vorhandene und im Wesentlichen anders genutzte Aufbewahrungskapazität nicht die große Anzahl von Fachbüchern, die er für seine unterschiedlichen Aufgabengebiete benötige und die er deswegen in seinem „häuslichen Arbeitszimmer” aufbewahre. Dort finde er auch die Muße zur Vorbereitung seiner vielfältigen dienstlichen Verpflichtungen. In seinem „häuslichen Arbeitszimmer” erledige er etwa 40 v. H. seiner gesamten beruflichen Tätigkeit.

Der Kläger beantragt,

in Änderung der angefochtenen Entscheidungen in den Streitjahren bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit insgesamt folgende Werbungskosten zu berücksichtigen:

1996

… DM

1997

… DM

1998

… DM

1999

… DM

und die ESt jeweils entsprechend herabzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es geht weiterhin davon aus, dass der Dienstherr des Klägers diesem ein geeignetes Amtszimmer zur beruflichen Nutzung überlassen habe. Dass dieses mögl...

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