Entscheidungsstichwort (Thema)
Wert einer gemischten Schenkung bei Ablösung eines Nießbrauchsrechts gegen Gewährung einer dauernden Last
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird das bei der Übergabe eines Grundstücks vereinbarte lebenslängliche unentgeltliche Nießbrauchsrecht gegen Gewährung einer dauernden Last abgelöst, liegt eine Bereicherung vor, wenn der Verkehrswert des Verzichts auf das Nießbrauchsrecht, welcher sich aus dem aus Anlage 9 zu § 14 BewG zu entnehmenden Vielfachen des Jahreswerts (durchschnittliche Jahreskaltmiete des Nießbrauchsobjekts) ermittelt, den Wert der dauernden Last (Vervielfältiger multipliziert mit dem Wert der Jahresleistung) übersteigt. Die Nießbrauchsbelastung kann bei der Ermittlung des Jahreswerts des Nießbrauchsrechts nicht vom Grundbesitzwert abgezogen werden.
2. Vereinnahmt die Schenkerin neben der dauernden Last weiterhin die Mieteinnahmen, ohne dass die Voraussetzungen des § 323 ZPO vorliegen, wird der den Wert der Schenkung mindernde Wert der Gegenleistung nicht erhöht.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Abs. 1; BewG § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 3; ZPO § 323
Nachgehend
Tenor
1. Unter Abänderung des Bescheids vom 15. Juli 2005 wird die Schenkungsteuer auf 30.029 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 92/100, der Beklagte zu 8/100.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob durch die Ablösung eines Nießbrauchsrechts gegen Gewährung einer dauernden Last Schenkungsteuer angefallen ist.
Mit notarieller Urkunde vom 28. Dezember 2002 übergab Frau […] (Schenkerin) ihren drei Kindern (W […], K […] und der Klägerin) das Eigentum am Grundbesitz in […] zu gleichen Teilen. Die Schenkerin behielt sich ein lebenslängliches, unentgeltliches Nießbrauchsrecht vor.
Der Steuerwert des Grundbesitzes i.H.v. 850.000 EUR wurde durch ein Verkehrswertgutachten nachgewiesen, das die Grundstücksbelastung durch das Nießbrauchsrecht bereits i.H.v. 916.000 EUR berücksichtigte.
Mit notarieller Urkunde vom 15. Juli 2004 vereinbarte die Schenkerin mit ihren drei Kindern die Ablösung des o.g. Nießbrauchsrechts gegen Gewährung einer dauernden Last in Höhe von 3.000 EUR monatlich. Die Verpflichteten sind Gesamtschuldner und schulden im Innenverhältnis zu je 1/3.
Gem. Pkt. B VIII 1) der not. Urkunde erfolgte die Ablösung des Nießbrauchsrechts im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Zugrundelegung des Versorgungsbedarfs der Schenkerin.
Gem. Pkt. B VIII 2) kann die Höhe der dauernden Last angepasst werden, wenn durch eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der standesgemäße Unterhalt der Schenkerin nicht mehr gewährleistet ist. Eine Abänderung kann insbesondere erfolgen, wenn sich ein Mehrbedarf infolge Pflegebedürftigkeit der Schenkerin ergibt.
Gem. Pkt. B VIII 3) bewilligten und beantragten die Beteiligten Zug um Zug mit Eintragung der vorstehend bestellten Reallast, die Löschung des Nießbrauchsrechts im Grundbuch.
Die Umwandlung des Nießbrauchsrechts in eine dauernde Last erfolgte, weil die Klägerin und ihre Brüder das Objekt […] in die […] KG, deren Gesellschafter die Klägerin und ihre Brüder sind, einbringen wollten.
Mit Schreiben vom 15. Februar 2005 beantragte die steuerliche Vertreterin der Schenkerin beim Finanzamt […], die nachträglich festgelegten ESt Vz 2004 auf Null herabzusetzen. Zur Begründung wurde angegeben, dass die Schenkerin das Objekt […] unter Gewährung von Austragsleistungen i.H.v. 36.000 EUR jährlich übergeben hat.
Da eine Schenkungsteuererklärung trotz Aufforderung nicht eingereicht wurde, schätzte dasFA mit Bescheid vom 15. Juli 2005 die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Schenkungsteuer unter Berücksichtigung der Vorschenkungen auf 32.619 EUR fest. Den Wert der kapitalisierten dauernden Last für das Gesamtgrundstück setzte es mit 323.640 EUR, den Kapitalwertfür den Nießbrauchsverzicht mit 916.000 EUR an. Den Wert der gemischten Schenkung stelltees mit 592.360 EUR fest, den Anteil der Klägerin daran mit 197.453,33 EUR.
Der Einspruch der Klägerin wurde mit Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2005 alsunbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, Leistung und Gegenleistung seien ausgewogen. Der Wert des Nießbrauchs betrage nur 426.190 EUR. Bei der Berechnung des Nießbrauchswerts sei nicht der Wert des unbelasteten Grundstücks anzusetzen,vielmehr sei der um die Nießbrauchsbelastung geminderte Grundbesitzwert zugrunde zulegen. Auch habe die Schenkerin nicht die Absicht gehabt, die Klägerin zu bereichern. Essollte nur die Bezeichnung geändert werden. Der Versorgungsbedarf sei von den Beteiligtenirrtümlich auf 3.000 EUR pro Monat geschätzt worden. Der tatsächliche Ve...