rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung eines Zollzuschlags im Reiseverkehr
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird auf einem Flughafen für über die Reisefreimenge in einem Aufbewahrungsbeutel eingeführte Textilien nicht unaufgefordert eine summarische Zollanmeldung abgegeben, sondern der grüne Ausgang „anmeldefreie Waren” benutzt, liegt durch die Benutzung dieses Ausgangs eine Ordnungswidrigkeit gem. § 382 Abs. 1 Nr. 1 AO i. V. m. § 30 Abs. 4 Nr. 3 ZollV i. V. m. Art. 43 Abs. 1 ZK vor.
2. Werden die ordnungswidrig eingeführten Kleidungsstücke anschließend auf Nachfrage des Abfertigungsbeamten im Rahmen der Zollkontrolle angegeben, steht dies der Festsetzung eines Zollzuschlags in Höhe der Einfuhrabgaben und damit in maximaler Höhe nicht entgegen.
Normenkette
ZollVG § 32 Abs. 3; AO § 382 Abs. 1 Nr. 1; ZollV § 30 Abs. 4 Nr. 3; ZK Art. 43 Abs. 1; FGO § 102; EWGV 918/83 Art. 47
Tenor
1. Unter Änderung des Einfuhrabgabenbescheides vom 28. Februar 2006 und der Einspruchsentscheidung vom 24. April 2006 wird der Zollzuschlag auf 14,18 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Festsetzung eines Zollzuschlags.
Am 28. Februar 2006 reiste der Kläger in Begleitung seiner Ehefrau aus T kommend über das Hauptzollamt (HZA) – Zollamt Flughafen in die Europäische Gemeinschaft ein. Er benutzte den grünen Ausgang „anmeldefreie Waren”, wobei er Kleidung im Gesamtwert von 480,00 EUR, die er in T hatte anfertigen lassen, in einem Aufbewahrungsbeutel bei sich trug. Erst auf Nachfrage des Abfertigungsbeamten im Rahmen einer Zollkontrolle gab der Kläger die mitgeführten Kleidungsstücke an.
Die Rechnung über die Kleidungsstücke wies für ein Herrensakko, zwei Herrenhosen, ein Herrenhemd und zwei Krawatten einen Gesamtbetrag von 280,00 EUR sowie für eine Damenjacke, eine Damenhose und ein Tuch einen Gesamtbetrag von 200,00 EUR aus.
Mit mündlichem Steuerbescheid vom selben Tag setzte das HZA neben den pauschalen Einfuhrabgaben i.H.v. 64,80 EUR einen Zuschlag in derselben Höhe fest. Beide reduzierte das HZA im Einspruchsverfahren auf jeweils 27,00 EUR. Bei der Berechnung der Einfuhrabgaben schätzte das HZA den Wert der zwei Herrenhosen, des Herrenhemdes und der beiden Krawatten auf insgesamt 175,00 EUR und beließ diese als Freimenge. Bei der Damenbekleidung beließ es eine Jacke mit einem geschätzten Wert von 105,00 EUR und zwei Tücher mit einem geschätzten Wert von 45,00 EUR als Reisefreimenge. Schließlich besteuerte das HZA eine Herrenjacke und eine Damenhose mit einem pauschalen Zollsatz von 13,5 % und ging insgesamt von einem Zollwert i.H.v. 200,00 EUR aus.
Da der Einspruch im Übrigen jedoch erfolglos blieb (vgl. Einspruchsentscheidung vom 24. April 2006), erhob der Kläger (nur) gegen den Zollzuschlag Klage, mit der er im Wesentlichen vorbringt, die Festsetzung des Zuschlages sei ermessensfehlerhaft. Insbesondere habe das HZA den Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitstatbestand nicht vollständig und einwandfrei ermittelt, ein solcher liege auch nicht vor. Er habe sich hinsichtlich der Wareneigenschaft der Kleidungsstücke und der Freigrenzen im Irrtum befunden, weshalb Vorsatz ausgeschlossen sei. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei nicht beachtet worden. Ferner sei eine Wahlfeststellung bei der Festsetzung des Zuschlages im Hinblick auf eine differenzierende Ausschöpfung des Zuschlagsrahmens nicht zulässig. Das HZA habe gegen den Grundsatz „in dubio pro reo” verstoßen. Schließlich habe er im Gepäckausgabebereich noch nie Hinweistafeln gesehen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Einfuhrabgabenbescheid vom 28. Februar 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. April 2006 insoweit aufzuheben, als ein Zuschlag festgesetzt wird.
Das HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Für die über die Reisefreimenge von 175,00 EUR pro Person hinaus eingeführten Kleidungsstücke hätten die Voraussetzungen für die Abgabe einer Zollanmeldung durch Passieren des grünen Ausgangs nicht vorgelegen, weil es sich um abgabenpflichtige Waren gehandelt habe. Daher sei bereits mit Betreten des grünen Ausgangs die Abgabenschuld entstanden. Dass der Kläger die Kleidungsstücke bei der sich anschließenden Kontrolle auf Nachfrage angegeben hat, ändere daran nichts. Der Kläger habe ordnungswidrig gehandelt, da er für die über die Reisefreimenge hinaus eingeführten Textilien nicht unaufgefordert eine summarische Zollanmeldung abgegeben habe. Dass sich der Kläger hinsichtlich der Wareneigenschaft der Textilien in einem Tatbestandsirrtum befunden haben soll, widerspreche jeglicher Lebenserfahrung. Die Auffassung des Klägers zur Reisefreimenge sei abwegig, ein derartiger Irrtum werde ...