Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Ermittlung des Kapitalwerts von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen in § 14 Abs. 1 Satz 3 BewG bestimmter Zinssatz von 5,5 % im Streitjahr 2019 nicht verfassungswidrig

 

Leitsatz (redaktionell)

Der zur Ermittlung des Kapitalwerts von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen in § 14 Abs. 1 Satz 3 BewG bestimmte Zinssatz von 5,5 % ist im Streitjahr 2019 nicht verfassungswidrig; etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus dem zur Vollverzinsung nach § 233a AO ergangenen Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts, BVerfG, Beschlusses v. 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, BvR 2422/17, BGBl 2021 I S. 4303). Der Ansatz eines niedrigeren Zinssatzes als 5,5 % ist gemäß § 14 Abs. 4 Satz 2 BewG gesetzlich ausgeschlossen.

 

Normenkette

BewG § 14 Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 4 S. 2; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1; AO §§ 233a, 240

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit eines Schenkungsteuerbescheids streitig.

Mit notariellem Vertrag vom xx.xx.2019 (UrkNr. xxx/2019 des Notars Y), auf den wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird, übertrug der am xx.xx.1941 geborene Z das Eigentum am Grundvermögen FlNr. XX/XX der Gemarkung B (unbebautes Grundstück mit einer Fläche von 722 qm) an seine Nichte, die Klägerin. Die Klägerin verpflichtete sich in der o.g. notariellen Urkunde zur Zahlung einer lebenslangen monatlichen „Rente” von 1.000 EUR an Z, zu einer Ausgleichszahlung i.H.v. insgesamt 100.000 EUR (an fünf Personen) sowie zur Zahlung/Übernahme der (auf Z entfallenden) Einkommensteuer (aufgrund des steuerpflichtigen Veräußerungserlöses des o.g. Grundvermögens, welches sich im Betriebsvermögen des Z befand). Mit Schreiben vom 11. November 2019 forderte das für die Festsetzung der Schenkungsteuer zuständige beklagte Finanzamt (im Folgenden: FA) die Klägerin zur Abgabe einer Schenkungsteuerklärung auf. Ausgehend von der am 2. Juni 2020 beim FA eingegangenen Schenkungsteuererklärung und der (bestandskräftigen) Grundbesitzbewertung (Bescheid über die gesonderte Feststellung des FA X vom 16. März 2021: festgestellter Grundbesitzwert: 332.120 EUR) setzte das FA mit streitgegenständlichem Bescheid vom 17. März 2021 Schenkungsteuer i.H.v. 4.080 EUR fest; hierbei lies das FA – ausgehend von dem Wert des Grundvermögens i.H.v. 332.120 EUR – diverse Nachlassverbindlichkeiten steuermindernd zum Abzug zu, u.a. die Nutzungs- und Duldungsauflage (Verpflichtung der Klägerin zur lebenslangen Geldzahlung an Z) i.H.v. 86.904 EUR, sowie die Zahlung von 100.000 EUR an fünf (namentlich im Notarvertrag bezeichnete) Personen und schließlich die Übernahme der ESt (aufgrund der Grundstücksentnahme durch Z) i.H.v. 94.000 EUR. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Schenkungsteuerbescheid vom 17. März 2021 verwiesen. Den gegen den Schenkungsteuerbescheid vom 17. März 2021 (mit Schriftsatz vom 22. März 2022) eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 19. August 2021 als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die am 20. September 2021 bei Gericht eingegangene Klage, zu deren Begründung die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vorträgt: Bei der Berechnung des Kapitalwerts der Leibrentenzahlung sei der im Notarvertrag vom xx.xx.2019 vereinbarte Zinssatz von jährlich 0,5 % anzunehmen, da der in § 14 Abs. 1 Satz 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) gesetzlich normierte Zinssatz von 5,5 % verfassungswidrig sei. So liege ein strukturelles Niedrigzinsniveau vor. Auch sei durch die gesetzliche Regelung in § 14 Abs. 4 BewG der Ansatz eines anderen – als des gesetzlichen – Zinssatzes nicht möglich.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Schenkungsteuerbescheids vom 17. März 2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. August 2021 die Schenkungsteuer auf 0 EUR festzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA verweist zur Begründung der Klageerwiderung im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung vom 19. August 2021 und trägt ergänzend Folgendes vor: Eine Übertragung der Unvereinbarkeitserklärung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Verzinsung nach § 233a der Abgabenordnung (AO) sei nicht möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten (u.a. des Vortrags der Beteiligten) wird nach § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Schenkungsteuerakte des FA sowie die Gerichtsakte nebst Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25. Mai 2022 Bezug genommen.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 28. März 2022 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 FGO).

 

Entscheidungsgründe

II.

1.) Die Klage ist zulässig, da fristgerecht erhoben.

2.) Die Klage ist jedoch unbegründet.

a) Der Schenkungsteuerbescheid vom 17. März 2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. August 2021 ist rechtmäßig und die Klägerin wird hierdurch nicht in ihren Rech...

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