Entscheidungsstichwort (Thema)
Keilschrifttafeln als irakisches Kulturgut. Einfuhr in das Gemeinschaftsgebiet möglich, wenn u. a.die Zustimmung des Besitzes vorliegt, nicht gegen irakisches Recht verstoßen wird oder bei fehlendem Nachweis das Ausführungsdatum aus dem Irak vor dem 6.8.1990 liegt
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist verboten, irakische Kulturgüter in das Gebiet der Gemeinschaft einzuführen oder zu verbringen, wenn zumindest der begründete Verdacht besteht, dass diese ohne Zustimmung des rechtmäßigen Besitzers oder unter Verstoß gegen die einschlägigen irakischen Gesetze und Bestimmungen aus dem Irak verbracht wurden. Dieses Verbot gilt nicht, wenn der Einführer nachweist, dass die Kulturgüter vor dem 6.8.1990 aus dem Irak ausgeführt worden sind.
2. Ausführungen zu der Frage, ob es sich bei den streitgegenständlichen drei Keilschrifttafeln um irakische Gegenstände von archäologischem Wert i.S.d. Position 9705 KN und damit um irakisches Kulturgut handelt (hier bejaht).
Normenkette
EGV 1210/2003 Art. 3 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 Buchst. a; EWGV 2913/92 Art. 9 Abs. 1, Art. 73 Abs. 1, Art. 75 Buchst. a; ZK Art. 9 Abs. 1, Art. 73 Abs. 1, Art. 75 Buchst. a; KN Pos. 9705
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob das Hauptzollamt (HZA) zu Recht drei Keilschrifttafeln sichergestellt hat.
Die Klägerin führte am 6. Mai 2005 eine Kiste sog. Sammelstücke von geschichtlichem Wert aus der Schweiz nach Deutschland ein und meldete diese mit vereinfachter Zollanmeldung (Ordnungsnummer …) zum zollrechtlich freien Verkehr an. Nach der Annahme der Zollanmeldung ohne nähere Überprüfung überließ das HZA der Klägerin u. a. auch die drei Keilschrifttafeln, die diese zuvor von Frau A aus der Schweiz, als Vertreterin der Fa. B aus der Schweiz, zur Versteigerung erhalten hatte.
Im Rahmen einer von der Klägerin durchgeführten Auktion wurden die drei Keilschrifttafeln am … versteigert. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Zollfahndungsamt wurden diese nicht an den Ersteigerer ausgehändigt. Im Versteigerungskatalog waren die Keilschrifttafeln u. a. mit dem Zusatz „Mesopotamien, 2./1. Jt.” beschrieben (vgl. Nr. … bis … des Versteigerungskataloges).
In drei schriftlichen Erklärungen vom September 2005, November 2006 und August 2009 gab Frau A an, dass sie die Keilschrifttafeln mit ziemlicher Sicherheit Anfang 1990 von dem jordanischen Händler C in Genf erworben habe, der ihr mitgeteilt habe, die Keilschrifttafeln hätten sich schon mehrere Jahrzehnte in seinem Besitz außerhalb des Irak befunden.
Der vom HZA beauftragte Sachverständige X kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass es sich bei den drei Keilschrifttafeln um Kulturgüter aus dem Irak handelt (vgl. Gutachten vom … und ergänzende Stellungnahmen vom … und vom …).
Aufgrund dessen widerrief das HZA mit Verfügung vom … die zollrechtliche Überlassung der Keilschrifttafeln und ordnete zugleich deren Sicherstellung und Einziehung an.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (vgl. Einspruchsentscheidung vom …) erhob die Klägerin Klage, mit der sie im Wesentlichen vorbringt, das HZA habe bisher nicht bewiesen, dass die Keilschrifttafeln aus dem Irak stammen. Das Gutachten des X sei diesbezüglich fehlerhaft. Weder aufgrund der auf den Tafeln verwendeten Sprache noch aufgrund der Datierung könne ein gesicherter Rückschluss auf eine Herkunft aus dem Irak gezogen werden. Zudem könnten die Keilschrifttafeln nicht als Kulturgut eingeordnet werden, weil derartige Tafeln in allen Ländern des nahen Ostens für einen geringen Preis angeboten würden. Schließlich seien die Tafeln schon vor dem Jahr 1990 aus dem Irak ausgeführt worden.
Die Klägerin beantragt,
die Verfügung des HZA vom … und die Einspruchsentscheidung vom … aufzuheben.
Das HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Aufgrund des über die drei Keilschrifttafeln angefertigten Gutachtens stehe fest, dass es sich um irakisches Kulturgut handele. Es sei nicht nachgewiesen worden, dass die Tontafeln vor dem 6. August 1990 aus dem Irak ausgeführt worden seien. Im Übrigen nimmt es auf seine Einspruchsentscheidung Bezug.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist nicht begründet.
Das HZA hat zu Recht die Überlassung der drei Keilschrifttafeln widerrufen und deren Sicherstellung und Einziehung angeordnet.
1. Die Überlassung der drei Keilschrifttafeln hat das HZA gem. Art. 9 Abs. 1 des Zollkodex (ZK) widerrufen dürfen, weil die Voraussetzungen für eine Überlassung an die Klägerin nicht erfüllt gewesen sind. Insbesondere dürfen Waren gem. Art. 73 Abs. 1 ZK dem Anmelder nur dann überlassen werden, wenn für sie keine Verbote oder Beschränkungen gelten.
Eine Überlassung ist vorliegend jedoch ausgeschloss...