Entscheidungsstichwort (Thema)
§ 160 AO ist nicht europarechtswidrig. Anfechtbarkeit eines Benennungsverlangens des FA
Leitsatz (redaktionell)
1. Das EWR-abkommensrechtlich geschützte Recht auf freie Niederlassung ist durch eine auf § 160 AO gestützte Versagung des Betriebsausgabenabzugs für Zahlungen an eine liechtensteinische Stiftung ohne eigenen Geschäftsbetrieb aufgrund fehlender Offenlegung der rechtlichen und wirtschaftlichen Beteiligungsverhältnisse und der tatsächlichen Zahlungszuflüsse nicht verletzt.
2. Das Benennungsverlangen des FA gem. § 160 AO ist selbst kein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt i.S. des § 118 AO, sondern nur eine Vorbereitungshandlung zum Erlass eines Verwaltungsakts (Anschluss an BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
AO § 160; EWR-Abk Art. 31; EWR-Abkommen Art. 34, 40; EG Art. 43, 48; AStG § 16; AO §§ 42, 118
Nachgehend
Tenor
1.) Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2002 vom 31. März 2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30. Dezember 2005 und des nach Rechtshängigkeit der Klage ergangenen Änderungsbescheids vom 31. März 2006 wird dahingehend geändert, dass der festgestellte Gewinn aus Gewerbebetrieb auf 1.075.132 EUR herabgesetzt wird, wobei hiervon 767 EUR der H GmbH und 1.074.365 EUR der U zuzurechnen sind.
2.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.) Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 98% und der Beklagte zu 2%.
4.) Die Revision zum Bundesfinanzhof wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt) für sämtliche Streitjahre den Abzug von Betriebsausgaben der Klägerin nach Maßgabe des § 160 Abgabenordnung (AO) verweigern durfte. Ursprünglich war in Bezug auf das Streitjahr 2002 auch die Höhe einer Reinvestitionsrücklage streitig.
Die Klägerin vermietet als gewerblich geprägte Kommanditgesellschaft eigene Liegenschaften. Beteiligt an der Klägerin waren bis zum 31.12.1993 einerseits sowohl die Geschwister P.H., G.H. und B.L. sowie deren Mutter L.H. als auch die U (eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Luxemburg) als jeweils beschränkt haftende Gesellschafter (Kommanditisten) und andererseits die H GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) mit einem Anteil von 0 %, vertreten durch ihren Geschäftsführer, den o.g. P.H. Ab dem 1.01.1994 änderten sich die Beteiligungsverhältnisse an der Klägerin insoweit, als sämtliche natürliche Personen als Gesellschafter ausschieden und nunmehr nur noch die U als Kommanditistin verblieb, als deren Geschäftsführer der o.g. G.H. fungierte. Anteilseigner der U war nach Angabe der Klägerin zu 99,9% die A (eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Luxemburg). Letztere gehörte nach Angabe der Klägerin zu 99,9% der S-Stiftung (einer Stiftung nach liechtensteinischem Recht, mit Sitz in Vaduz bzw. seit 1.07.2002 in Schaan/Fürstentum Liechtenstein). Die Stiftungsräte der S-Stiftung waren ein Herr E (Fürstentum Liechtenstein), sowie P.H. und G.H. Stifterin und Begünstigte am Ertrag und am Vermögen der Stiftung war die I, FL-Vaduz (einer Anstalt nach liechtensteinischem Recht). Bei letzterer handelt es sich laut deren Internetauftritt um ein allgemein am Markt tätiges Finanzdienstleistungsunternehmen, dessen Leistungsangebot u.a. die Errichtung und Verwaltung von Stiftungen, Treuunternehmen und Gesellschaften, einschließlich Holdingdienstleistungen für Unternehmensstrukturen umfasst. Ausweislich der Webseite der liechtensteinischen Anstalt zählt zu deren Verwaltungspersonal auch der o.g. E. Bis zum 30.06.2002 waren die Geschäftsadressen der S Stiftung und der I identisch.
Im Rahmen zweier Außenprüfungen bei der Klägerin wegen u.a. deren gesondert und einheitlich festgestellten gewerblichen Einkünfte für die Streitjahre 1995 und 1996 sowie für die Streitjahre 1999 bis 2002, bei denen jeweils die Fachprüfungsstelle für Auslandsbeziehungen des Bayerischen Landesamts für Steuern, vormals Oberfinanzdirektion München mitwirkte, stellte das Finanzamt erhebliche Betriebsausgaben der Klägerin für Schuldzinsen fest. Diesen lagen schriftliche Darlehensverträge mit G.H. zugrunde. Im Einzelnen handelte es sich um ungesicherte Darlehensausreichungen von zunächst 4.130.000 DM (1994) und zusätzlich 1.205.000 DM (1995) sowie 1.130.000 DM (1996). G.H.
hatte die verzinslichen Kredite zwar im eigenen Namen, aber unstreitig treuhänderisch für Rechnung der S-Stiftung vergeben. In den Streitjahren hatte die Klägerin folgenden Zinsaufwand bei ihren im Weg des Betriebsvermögensvergleichs erstellten Gewinnermittlungen berücksichtigt:
Streitjahr |
1995 (in DM) |
1996 (in DM) |
1998 (in DM) |
1999 (in DM) |
2000 (in DM) |
2001 (in DM) |
2002 (in EUR) |
Zinsen |
411.216 |
527.561 |
987.136 |
846.325 |
773.610 |
1.050.654 |
626.901 |
Das Finanzamt sah in der S-Stiftung eine Domizilgesellschaft ohne eigenständige geschäftliche und wirtschaftliche Funktion, vermutete tatsächlich anderw...