Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuerbefreiung für den Übergang eines Grundstücks zwischen Körperschaften des öffentlichen rechts anlässlich des "Übergangs von Aufgaben" nach § 4 Nr.1 GrEStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Übergang eines Grundstücks zwischen zwei Körperschaften des öffentlichen Rechts anlässlich "des Übergangs von Aufgaben" zwischen den beiden Körperschaften ist nur dann nach § 4 Nr.1 GrEStG steuerfrei, wenn es sich um öffentlich-rechtliche Aufgaben handelt, die einer Körperschaft eigen oder ihr zugewiesen sind und nunmehr in Folge organisatorischer Änderungen auf die erwerbende Körperschaft übergehen (im Streitfall: Steuerpflicht der Grundstücksübertragung, weil der übertragenden Körperschaft -einem Landkreis-- auch nach der Übertragung der Aufgabenbereich -Altenpflege- weiter oblag und es sich bei dem Betrieb eines Altenheims durch die übernehmende Körperschaft um eine nicht begünstigte freiwillige Erfüllung der weiterhin dem Landkreis obliegenden Aufgabe "Altenpflege" anlässlich einer privaten Grundstücksübertragung handelte).

2. Ein derartiger Übergang von Aufgaben liegt nur vor, wenn die übernehmende Körperschaft genau die Funktionen wahrnimmt, welche bisher die übergebende Körperschaft wahrgenommen hat.

 

Normenkette

GrEStG 1983 § 4 Nr. 1

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt = FA) zu Recht keine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) gewährt hat.

Mit notariell beurkundetem Erbbaurechtsvertrag vom 21. Dezember 1992 bestellte der Landkreis X der Klägerin (Klin), eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in, auf die Dauer von 30 Jahren ein Erbbaurecht an einer Teilfläche des Grundstücks Y

In dem Erbbaurechtsvertrag heißt es auszugsweise wie folgt:

„B

I. Für dieses Erbbaurecht gelten die Bestimmungen der Erbbaurechtsverordnung. Hiernach wird das auf dem Grundstück bereits stehende Altenheim Bestandteil dieses Erbbaurechts.

IV. Erbbauzins

Der Erbbauzins wird auf jährlich 75.000 DM festgesetzt und zwar ohne Rücksicht auf das genaue Messungsergebnis. Er erhöht sich jeweils nach 10 Jahren um jeweils 10.000 DM, somit zum 1. Januar 2003 auf 85.000 DM und zum 1. Januar 2013 auf 95.000 DM. Er ist jeweils zum 1.7. eines Jahres, erstmals zum 1.7.1993, zur Zahlung fällig.

V. Der Erbbauberechtigte ist verpflichtet das bestehende Alten- und Pflegeheim in eigener Verantwortung als Grundversorgungseinrichtung nach dem Selbstkostenprinzip weiterzuführen. Die vorhandenen Heimbewohner sind unter Übernahme der gekündigten Heimverträge zu übernehmen und zu betreuen ... Der Erbbauberechtigte darf die vorhandenen Gebäude nur als Alten- und Altenpflegeheim weiterbetreiben; eine andere Nutzung ist nicht gestattet.

VII. Sonstige Vereinbarungen

Der Grundstückseigentümer ist verpflichtet, dem Erbbauberechtigten für die Jahre 1993, 1994 und 1995 jeweils zum 1.1. im voraus einen Zuschuß in Höhe von jeweils 350.000 DM zu den Betriebskostendefiziten zu gewähren.

C. Kosten

Der Erbbauberechtigte erklärt, daß er das Erbbaugrundstück ausschließlich zum Betrieb eines Alten- und Altenpflegeheimes verwendet. Er beantragt daher Befreiung von der Grunderwerbsteuer.”

Das FA sah die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 GrEStG nicht als gegeben an und setzte demgemäß mit Grunderwerbsteuerbescheid vom 20. September 1994 gegen die Klin Grunderwerbsteuer in Höhe von 24.367 DM fest. Als Bemessungsgrundlage ermittelte es dabei den kapitalisierten Erbbauzins in Höhe von 1.218.395 DM.

Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch begehrte die Klin, hinsichtlich der Bestellung des Erbbaurechts Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 GrEStG zu gewähren. Zur Begründung bezieht sich die Klin u. a. auf ein Schreiben des Landratsamtes X vom 19. Dezember 1994. Darin wird u. a. ausgeführt, daß sich der Landkreis X entschlossen habe, den Aufgabenbereich Altenpflege, der als „Soll”-Aufgabe im eigenen Wirkungskreis nach Art. 51 Abs. 1 Landkreisordnung anzusehen sei, aufzugeben und dafür das Altenpflegeheim Y vollständig an eine andere Körperschaft, die Klin, zu übertragen. Der mit der Überlassung verfolgte Zweck sei im Erbbaurechtsvertrag genau bestimmt und eine Benutzung nur im Rahmen des Betriebs eines Alten- und Pflegeheimes zugelassen.

Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 7. April 1995 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 GrEStG seien nicht erfüllt, weil die Aufgabe der Altenpflege nicht vom Landkreis auf die Klin übergegangen sei. Der Landkreis nehme in Erfüllung seiner Aufgaben lediglich die Dienste der Klin in Anspruch. Mit dieser Begründung habe auch der Bundesfinanzhof in einem vergleichbaren Fall entschieden, daß eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 GrEStG nicht in Betracht kommen könne, wenn verschiedene Körperschaften des öffentlichen Rechts ihre Tätigkeiten aufeinander abstimmen und aus diesem Grunde eine Übertragung des Grundbesitzes erfolge (BFH-Urteil vom 17. Mai 1989 II R 98/86 in BFH/NV 1...

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