Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer
Nachgehend
Tenor
1. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid vom 11.12.1990 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.4.1992 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt = FA) aufgrund einer verbindlichen Zusage gehindert war, Grunderwerbsteuer für Grundstückserwerb gem. Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 GrESWG nachzuerheben.
Der Kläger mit seiner Ehefrau sowie seine Schwiegereltern (A. und M. Z.) erwarben mit notariell beurkundetem Vertrag vom 25.7.1980 das Grundstück FlSt.Nr. … der Gemarkung O. zum Miteigentum zu je 1/3 und zu je 1/6 (Schwiegereltern). Der Kaufpreis betrug 1.200.000 DM.
Antragsgemäß stellte das FA den Erwerbsvorgang aufgrund der gemäß Art. 3 Abs. 2 GrESWG abgegebenen Verpflichtungserklärungen vom 15.3.1981 mit vorläufigen Freistellungsbescheiden vom 28.3.1981 gem. Art. 1 Nr. 1 a GrESWG vorläufig von der Grunderwerbsteuer frei. Die Erwerber wurden auf die noch zu erfüllenden Voraussetzungen für eine endgültige Steuerbefreiung sowie auf ihre Anzeigepflicht für den Fall, daß sie den begünstigten Zweck nicht erfüllen oder wieder aufgeben, hingewiesen.
Mit Schreiben vom 6.9.1981 teilten die Erwerber mit, daß der miterworbene Altbau abgebrochen worden war (Rechnung der Abbruchfirma vom 3.8.1981).
Mit Schreiben vom 7.6.1986 teilte der Kläger für die Erwerber mit, daß es ihnen aus familiären und finanziellen Gründen nicht möglich sei, ein größeres Haus zu errichten und bat um Auskunft, welche Mindestgrößen bzw. Flächen dieses Haus haben müsse und ob es Vorschriften über die sanitäre und sonstige Ausstattung des Hauses gebe. Entsprechend dem vorläufigen Freistellungsbescheid seien sie verpflichtet, bis zum 25.7.1990 ein Gebäude bezugsfertig zu errichten, dessen Wohnung nach dem II. WoBauG grundsteuerbegünstigt ist (vgl. Bl. 52 FA-Akte und Bl. 9 FG-Akte).
Der zuständige Sachbearbeiter der Grunderwerbsteuerstelle des FA richtete daraufhin am 5.8.1986 folgendes Schreiben an den Kläger und seine Ehefrau:
„Ihr o.g. Schreiben zielt im wesentlichen auf die Frage ab, unter welchen Voraussetzungen ein Anerkennungsbescheid (AkB) erteilt wird, der u. a. zur endgültigen Steuerbefreiung führt. Für die Erteilung des AkB ist ausschließlich die Landeshauptstadt München =
Referat für Stadtplanung und
Bauordnung
Hauptabteilung III
Stadt Sanierung u. Wohnungsbau
Blumenstr. 31
8000 München 2
Tel. 233/8236/8081/5386
zuständig.
An die Feststellungen der Landeshauptstadt ist das Finanzamt in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht gebunden. Ich erlaube mir daher, Sie dorthin zu verweisen.”
Nachdem das FA nach Ablauf der Überwachungsfrist festgestellt hatte, daß auf dem Grundstück lt. Anerkennungsbescheide ein grundsteuerbegünstigtes Familienheim mit 44,71 qm Wohnfläche und 58 qm überbauter Fläche errichtet worden war, setzte es für den Erwerb der Überfläche gem. Art. 2 Abs. 1 GrESWG mit Grunderwerbsteuerbescheiden vom 11.12.1990 gegen den Kläger und seine Ehefrau Grunderwerbsteuer von je 18.357,20 DM zuzüglich eines Nacherhebungszuschlages von je 1.835,70 DM fest (Grunderwerbsteuerfestsetzungen vom gleichen Tag gegen die Schwiegereltern in Höhe von je 9.178,60 DM zuzüglich Nacherhebungszuschlag von je 917,80 DM).
Mit dem Einspruch machte der Kläger ebenso wie die anderen Erwerber geltend, daß rechtzeitig vor Beginn der Baumaßnahmen sowohl in Telefongesprächen als auch schriftlich die steuerliche Wertung behandelt worden sei. Die Grunderwerb Steuerbefreiung sei ausschließlich von der Erteilung des Anerkennungsbescheides durch die Stadt M. abhängig gemacht worden.
Nachdem dieser Bescheid vorliege, könne Steuer nicht erhoben werden.
Mit Schreiben vom 7.5.1991 wurde weiter vorgetragen, daß nach Art. 2 Abs. 1 GrESWG insgesamt das 13-fache der überbauten Fläche von der Grunderwerbsteuer befreit sei und somit lediglich 752.280 DM der Grunderwerbsteuer unterliegen würden.
In der gesamten Korrespondenz und in mehreren Telefongesprächen mit Sachbearbeitern des FA sei immer nur davon die Rede gewesen, daß das zu erbauende Haus eine Wohnfläche von nicht mehr als 156 qm umfassen dürfe. Bei keinem der Gespräche und in keinem der Schreiben sei trotz ausdrücklicher Anfrage nach der Mindestgröße zum Ausdruck gekommen, daß durch das Haus eine Fläche von mindestens 1/13 des Grundstücks überbaut werden müsse. Von Art. 2 GrESWG, auf den sich das FA erst seit Ablauf der Bebauungsfrist berufe, sei in der gesamten Vorkorrespondenz, den wiederholten Telefongesprächen und auch in der Verpflichtungserklärung vom 9.3.1981 und den vorläufigen Freistellungsbescheiden vom 26.3.1981 niemals die Rede gewesen. Vi...